Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
einem Rezept aus meiner Heimat gekocht. Freundschaft und Verständigung gingen seit je durch den Magen, wenn Ihr mir diese Bemerkung gestattet. Vielleicht möchtet Ihr vorkosten lassen, um sicherzugehen?«
Jikesch hörte, wie sie den Becher direkt über ihm auf die Tischplatte aufsetzte. Darauf folgte das Plätschern, als sie den Tee eingoss. Der Duft erreichte ihn mit einiger Verzögerung, schwer und einlullend.
» Mein Prinz«, japste er. » Trinkt nicht!« Er wunderte sich darüber, dass sie ihm erlaubte, das zu sagen, aber Arians Reaktion machte ihm klar, warum.
» Dann werde ich erst recht trinken«, sagte der Prinz. » Wenn dieses kleine Scheusal sich darüber beschwert, muss es gut sein.«
» Ihr habt so viel Geduld mit ihm«, meinte Chamija. » Ich bewundere Euch dafür. Bei uns in Quint wäre er längst ausgepeitscht und auf die Straße geworfen worden.«
» Allerdings dachte ich schon darüber nach, ihn einfach wegzuschicken. Dann bin ich ihn los und muss mich nicht jeden Tag über ihn ärgern. Aber mein Vater hängt an ihm, er glaubt, der Narr bringe mir Glück.«
» Könige irren sich selten«, sagte Chamija.
» Aber hin und wieder kommt es doch vor.«
Sie lachte kokett. » Im Moment würde es vielleicht genügen, ihn aus dem Zimmer zu schicken.«
» Das dachte ich auch gerade. Los, Narr, verschwinde.«
Jikesch kroch zwischen den Stuhlbeinen hindurch und unter dem Tisch hervor.
» Man könnte ihm ein paar Manieren beibringen«, schlug Chamija vor.
Er sah jetzt, dass sie sich auf den Tisch gesetzt hatte, so als wollte sie gleich auf den Teller des Prinzen klettern. Ihre Hand ruhte auf dem Griff der Kanne, klein und fest, und Jikesch dachte darüber nach, wie seltsam es war, dass diese zarte Mädchenhand dabei war, sich über ein ganzes Königreich zu legen, und dass niemand es bemerkte, obwohl es vor aller Augen geschah. Sie hätte ihm nicht einmal verbieten müssen zu reden – wer glaubte schon einem verrückten Narren?
» Darf ich in die Stadt hinuntergehen?«, fragte er.
Arian setzte den Becher ab und schloss genießerisch die Augen.
» Darf ich?«
» Geh endlich!«, fuhr ihn der Prinz an. » Kann ich nicht einmal in Ruhe diese Mahlzeit hier genießen? Dieses fortwährende Geplapper macht mich wahnsinnig!«
Jikesch schlüpfte durch die Tür.
Er vermied es, Chamija anzuschauen, aber er fühlte ihren Blick auf sich, dunkel und kalt.
Seit er seine zweite Identität als Nival aufgegeben hatte, kam Jikesch nur noch selten aus dem Schloss heraus. Seine Schreibkammer stand leer, doch er wagte nicht, sie zu benutzen, und noch hatte er sich keine andere Verkleidung überlegt, um wie früher ein und aus zu gehen. Die Wächter am Tor staunten nicht schlecht, als er auf sie zustolzierte, wichtig wie ein aufgeplusterter Hahn.
» Darf raus«, krähte er. » Narr nach Narrhannat, mit prinzlichem Segen auf närrischen Wegen!«
Die Posten sahen sich zweifelnd an. » Du durftest noch nie hier raus«, sagte einer. » Warum sollte das auf einmal anders sein? Hast wohl von den Spielleuten da unten gehört, wie, und nun willst du zuschauen, wie andere es noch bunter treiben als du?«
Sein Herz machte einen Sprung. » Spielleute in der Stadt?«, fragte er entzückt. Sein Grinsen wurde breit, bis ihm bewusst wurde, dass jeder in Chamijas Nähe in Gefahr war, sich selbst zu verlieren. Wie viele Flüche würde sie noch aussprechen, wie viele Banne weben, wie viele Tees in Drachenhornbechern kredenzen wie kostbaren Wein, und niemand wusste, was sie enthielten?
» Oh, lasst mich gehen! Lasst mich springen!«
» Jetzt gehört er Prinz Arian«, erinnerte der Zweite. » Der mag es halten, wie er will.«
Jikesch verschränkte die Arme vor der Brust. » Prinzlicher Glücksbote«, erklärte er. » Ich trage sein Glück hinunter in die Stadt und versenke es in einem Brunnen. Oder in einer Kiste unter dem Türsturz. Wenn die Tijoaner kommen, ist es in Sicherheit.«
» Wenn die Tijoaner kommen? Ach, Narr, das sind jetzt unsere besten Freunde.« Der Tonfall des Mannes ließ keinen Zweifel daran, was er von dieser neuen Freundschaft hielt. » Nun lauf schon. Misch dich unter die Spielleute. Aber sei heute Abend zurück, bevor das Tor geschlossen wird, hörst du?«
» Hörst du«, sang der Narr, während er den Hügel hinabtollte, » hörst du zu? Hörst du alles?« Sobald die Wächter außer Hörweite waren, sank er in sich zusammen. » Hörst du mich, Chamija?«, flüsterte er. » Auch hier? Wie weit reicht deine
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