Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
Schönheit noch betonte. Das lockige blonde Haar floss ihr über den Rücken und kringelte sich anmutig an den Schläfen.
» Was tut Ihr hier, Fräulein?«, fragte er scharf. » Auf diesem Platz wird gekämpft.«
Chamija ließ sich nicht beirren. Sie lehnte sich gegen den Sockel einer der steinernen Götterstatuen, von wo aus sie die Übungskämpfe gut beobachten konnte und auch selbst gesehen wurde. Ihre Anwesenheit lenkte die Ritter merklich ab, sodass Gunya, neben Linn die zweite Frau in der Garde, beinahe jeden Kampf gewann – sogar gegen den Prinzen, dem sonst beim Fechten niemand etwas vormachte – und schließlich wütend ihren Schild in den nassen Sand schleuderte.
» Schickt sie weg!«, forderte sie Arian auf. » Zuschauer haben hier nichts verloren!«
» Mich stört sie kein bisschen«, verkündete Hekam, einer der neuen Drachenjäger. » Eine schöne Frau beflügelt jeden Krieger.«
» Das haben wir ja eben gesehen, wie Ihr beflügelt werdet«, höhnte Gunya, die ihn nahezu ohne Gegenwehr entwaffnet hatte.
Der Prinz seufzte. » Bitte«, wandte er sich an Chamija, » könnt Ihr Euch nicht mit etwas anderem beschäftigen?«
» Womit?«, gab diese zurück. » Wenn ich allein durchs Schloss spaziere, wirft mir doch bloß der Nächstbeste Spionage vor.«
» Dann zieht Euch in Eure Kammer zurück!«, rief er ungeduldig.
Das Mädchen seufzte, warf ihm einen tadelnden Blick zu – Linn kannte diese stummen Vorwürfe von ihrer Mutter – und verschwand.
Sobald Chamija fort war, atmeten alle auf, und die Kämpfe gingen in gewohnter Härte weiter. Nachdem Linn zweimal verloren hatte – einmal gegen den Prinzen und einmal gegen Dorwit, einen Ritter, der seine schmächtige Statur mit einer unglaublich ausgefeilten Fechttechnik mehr als wettmachte –, ließ sie sich aufseufzend gegen eine Säule fallen und schloss die Augen. Es nieselte seit dem frühen Morgen, und sie konnte jetzt schon kaum mehr einen einzigen Muskel bewegen. Der Ritt steckte ihr noch in den Knochen. Dieser Tag würde lang werden; anscheinend war sie heute dazu ausersehen, ihr Unvermögen sämtlichen Rittern vorzuführen.
Linnia, die Aufmüpfige, die Ungehorsame – die außerdem nichts kann. Soll man wirklich glauben, Arians Ruhm sei nur gestohlen?
» Linnia.« Ein Flüstern dicht an ihrem Ohr.
» Geh weg«, zischte sie, zu müde, um ein paar lästige Fliegen wegzuscheuchen – oder den buntgewandeten Narren, der sich neben ihr in den Schlamm hockte.
» Wir müssen reden, Drachenmaid.«
» Müssen wir nicht«, gab sie zurück. Nein, sie würde die Augen nicht öffnen. Sie wollte ihn nicht ansehen – sein weiß geschminktes Gesicht mit den schwarz umrandeten Augen, den aufgemalten Brauen und den schwarzen Lippen. Das feine Läuten der Glöckchen an seiner Narrenmütze fand sie schon lange nicht mehr lustig. Dabei war es noch nicht lange her, dass der Narr des Königs ihr bester Freund gewesen war, mit dem sie Freud und Leid und fast alle ihre Geheimnisse geteilt hatte. » Verschwinde.«
» Warum hast du sie zurückgebracht? Die Tijoanerin?«
» Ich dachte, du magst Tijoa«, sagte sie. » Schließlich hast du den König dazu gebracht, einen Bund mit unseren Erzfeinden zu schließen, weißt du noch?«
Er sog scharf die Luft ein.
» Ach, stimmt. Da wusstest du ja noch nicht, dass sie einen Krieg gegen unseren alten Verbündeten Yan planten und wir nun nach dieser unseligen Entscheidung zwischen allen Stühlen sitzen.«
» Nein«, sagte er leise. » Linnia, tu das nicht. Bitte.«
» Keine Scherze? Kein Lachen? Du enttäuschst mich. Du klingst ja beinahe traurig. Wo ist der Triumph des königlichen Ratgebers, der du doch so gerne sein willst? Nun, das nächste Mal solltest du dich vielleicht vorher etwas besser informieren, bevor du Pivellius in eine Richtung drängst, die sich im Nachhinein als verhängnisvoll erweist.«
Jikesch schluckte alle ihre Grausamkeiten, als hätte er sie verdient. Als wenn einer wie er zur Einsicht fähig gewesen wäre.
» Warum ist sie wieder hier?«, fragte er ein zweites Mal. » Das kann doch kein Zufall sein! Was immer sie hier wollte, sie hat es noch nicht erreicht.«
» Beruhige dich. Sie ist nur die Schreiberin des Botschafters.« Linn hatte nicht vor, ihm zu erzählen, was zwischen ihr und Chamija vorgefallen war. Sie und der Narr waren keine Freunde mehr, und sie würde nie wieder den Fehler begehen, ihm zu vertrauen.
» Ich werde wachsam sein«, kündigte er an. » Das solltest du
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