Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
Jetzt, dachte ich, kommt sie sicher bald zurück. Diesen Frühling oder diesen Sommer oder im nächsten Herbst. Die Leute mussten mir meine Wette auszahlen …« Er grinste, aber da lag so viel in seinen Worten, von dem sie nichts wusste. Jahre, die ohne sie vergangen waren.
Sie musste die Verlobung lösen und es ihm jetzt sagen. Dass sie den Prinzen heiraten und den Krieg beenden würde, dass sie dieses Opfer bringen musste – auch für ihn, damit er nach Nelcken zurückkehren konnte.
Doch Linn brachte kein einziges Wort heraus. Da war das Band um sein Handgelenk, immer noch. Fleckig und ausgeblichen, aber unzweifelhaft ihr blaues Haarband … und sie fürchtete sich vor dem Moment, wenn er sie fragen würde, was aus ihrem Ring geworden war.
In diesem Moment liebte sie ihn fast unerträglich – so, wie sie Brina liebte und die Mühle und ihren Wald, den Platz am Bach, wo sie immer die Füße ins kalte Wasser gehalten hatte … die Katzen auf dem Dachboden … Merinas Eintopf … Lester mit seiner kleinen Geldkiste …
Linn sprang so hastig auf, dass ihr Hocker umfiel, und stürzte aus der Gaststube, ohne sich umzudrehen, während heiße Tränen ihre Wange hinabrannen.
Nival presste die Fingerknöchel gegen die Lider. » Oh Barradas, sei mir gnädig. Sie ist so stur wie Jikeschs Esel.«
Yaro nippte nachdenklich an seinem Glas. » Heilen schwächt also?«
» Linnia darf dich nicht heilen. Sie darf … oh Barradas, es wäre besser, wenn sie Rinek und sein Bein gar nicht zu Gesicht bekäme! Sie würde es versuchen, wetten?«
» Deshalb sollten wir Binia mitbringen?«, fragte Yaro fassungslos. » In dem Brief stand ausdrücklich, wir sollten unsere kleine Schwester herbringen, Linn hätte ein Geschenk für sie. Aber wenn sie den Brief gar nicht geschrieben hat …«
» War es Chamija«, ergänzte Nival. » Sie weiß genau, welche Menschen Linnia etwas bedeuten.« Vielleicht, dachte er auf einmal, sollten die Männer, die mich und Mora überfallen haben, uns gar nicht umbringen, sondern nur an den Rand des Todes bringen, so wie es ihnen bei meiner Tante gelungen ist? Das würde heißen, dass Chamija geglaubt hat, Linnia würde sich um uns sorgen … aber das hat nicht geklappt, und deshalb brauchte sie die Verwandten aus Brina.
Er versuchte, den bitteren Schmerz in seiner Brust zu ignorieren und weiterzudenken.
Müsste Chamija dann nicht auch dafür sorgen, dass der Prinz verletzt wurde?
In der Tat – Arian war der erste Kranke gewesen, um den Linnia sich gekümmert hatte. Wenn nun gar nicht der Drache, sondern die Zauberin dafür verantwortlich war, dass der Arm sich entzündet hatte? Konnte das sein? Immerhin hatte die Tijoanerin Jikesch dazu gebracht, Linnia zu früh auf die Jagd zu schicken. War das der Grund – dass die Drachenjägerin den Königssohn heilen sollte und ihre Kraft dabei verlor?
» Wenn Linn die Fähigkeit zum Heilen entdeckt hat«, meinte Yaro leise, » dann wird sie es tun. Bei uns allen. Binia zuerst, sie ist so stark gezeichnet, immer noch hat sie Schmerzen. Ihr Leben lang wird sie darunter leiden. Dabei ist sie so hübsch, auch wenn sie nicht daran glaubt. Das Feuer hat ihr den Hinterkopf verbrannt und den ganzen Rücken. Sie trägt ein Kopftuch, das sie nie abnimmt. Manchmal ist ihr Leiden unerträglich, auch wenn sie versucht, es sich nicht anmerken zu lassen.« Er blickte hoch, in Nivals Gesicht. » Wenn Linnia das könnte, für ihre Schwester – sollte sie es dann nicht auch tun, sogar so schnell wie möglich? Zählt nicht jeder Tag voller Schmerzen, den sie Binia ersparen könnte?«
» Nein«, widersprach Nival mit belegter Stimme. » Denn wenn Chamija ihr Ziel erreicht – was wird dann geschehen? Wir dürfen ihr nicht in die Hände spielen.«
» Auch nicht für ein Mädchen, das nicht weiß, was Glück ist? Sollte das nicht Linnias Entscheidung sein? Wenn wir ihr erklären, wer Chamija ist … und sie dann selbst entscheiden lassen, wie sie ihre Kraft einsetzt, ob zum Heilen oder zum Kampf?«
» Das Problem ist, dass sie mir nicht glaubt«, seufzte Nival. » Ich kann sie nicht dazu bringen, mir zuzuhören. Sie wird nicht einmal dir glauben, weil sie weiß, dass wir miteinander gesprochen haben. Wenn ich sie um etwas bäte, würde sie genau das Gegenteil davon tun.«
» Selbst Mora warnt uns davor, dir zu trauen«, sagte Yaro. » Sie hat uns erzählt, dass du demnächst einen Mord begehen wirst.«
Nival seufzte schwer. » Vielen Dank, Tante Mora! Hat sie dir auch
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