Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
verraten, um wen es geht?«
Der junge Briner schüttelte den Kopf, seine Augen wanderten zu den Schuhen. » Sie wirken tödlich? Dann habe ich die beiden unsichtbaren Kerle umgebracht!« Er stöhnte auf. » Du hast mich zum Mörder gemacht!«
» Wäre es dir lieber, tot zu sein? Oder so zerfetzt, dass nur ein Zauberer dich wieder zusammenflicken kann? Du hast bewiesen, dass du damit umgehen kannst, also nimm sie und halte dir damit die Bestien von Lanhannat vom Leib.«
Yaro nickte nachdenklich. » Du willst also den bevorstehenden Mord vermeiden, indem du mir diese Dinger überlässt? Ich hatte vorhin, als du gekämpft hast, nicht den Eindruck, dass du so etwas brauchst, wenn du auf jemanden wütend bist.«
Nival drehte seinen Becher zwischen den Fingern und schwieg.
» Wäre es nicht klüger, das Opfer wegzuschicken, um nicht in Versuchung zu geraten?«
» Diesen Mann kann ich nicht wegschicken«, sagte Nival. » Er ist verloren, so wie ich es bin.«
» Tja«, meinte Yaro traurig, » immerhin konntest du meine Verlobte vertreiben.«
» Das tut mir leid. Alle, die bleiben sollen, laufen vor mir davon, und jene, die vor mir fliehen müssten, werde ich nicht los.«
» Was soll ich denn erst sagen? Ich habe ein Haus für Linn gebaut, und sie lässt mich einfach hier sitzen! Tut man so etwas? Nach all den Jahren? Kein Kuss, keine Umarmung, rein gar nichts! Ich könnte fast glauben, sie hat inzwischen einen anderen.«
Er musterte Nival misstrauisch.
» Mich jedenfalls hasst sie.«
» Hass ist wenigstens ein Gefühl. – He, Wirt, noch einen Becher!«, bestellte der Briner. » Etwas Stärkeres! Den lasst uns gemeinsam leeren.«
» Nicht bloß Linnia, alle hassen mich«, jammerte Nival.
» Ich nicht. Ich bin bei dir. Auf unsere Freundschaft!«
Sie prosteten einander zu.
Erst als Nival in seinem Versteck in dem leer stehenden Haus wieder in das bunte Kostüm des Narren schlüpfte, wurde ihm bewusst, dass er gar nicht barfuß war. Er hatte sich die Schuhe wieder genommen und angezogen, ohne es zu merken. Warum hatte Yaro nichts gesagt? War er zu betrunken gewesen, oder hatte er es gesehen und gefürchtet, Nivals Zorn zu erregen?
Die Drachenschuppe lag in der Sohle, klein und glatt. Er wog sie in der Hand und dachte darüber nach, sie einfach hierzulassen. Sie in irgendeiner Ritze zwischen den brüchigen Steinen zu verstecken. Alles war besser, als damit jeden zu töten, der ihn reizte. Bis irgendwann nichts und niemand mehr zwischen ihm und dem König stand.
Eine Weile zögerte Jikesch, während er Nivals schlichte braune Treter gegen die gelben gebogenen Schuhe des Narren tauschte. Dann steckte er den Drachenstein mit einem Seufzer wieder unter seine Fußsohle.
Linn eilte durch die Straßen. Sie konnte Yaros blutendes Gesicht nicht vergessen. Oh Arajas, wie sollte sie es ihm nur sagen? Alle Worte, alle Entscheidungen zerfielen, lösten sich auf wie ein Webmuster, aus dem jemand die Fäden zog.
Das Tor war längst geschlossen. Sie lehnte sich dagegen, umschlang ihren Leib mit beiden Armen, fröstelnd.
Ich muss mich entscheiden …
Arian oder Yaro.
Hierbleiben oder nach Hause.
Was fehlt mir noch? Ein Drache. Ein Drache, und ich habe die Bedingung des Königs erfüllt. Ein einziger Drache, und ich kann den Krieg beenden. Der Preis dafür ist bloß mein Glück, und was zählt schon das Glück eines einzigen Herzens? Was kümmert es die Soldaten, die in ihre Dörfer zurückkehren, ob ich dafür in den Armen eines Mannes liege, der mich nicht wirklich liebt, für den ich nur eine Laune bin? Wer außer mir wäre damit unzufrieden? Alle wären glücklich. Auch Yaro kann dann nach Nelcken zurück, und er wird dort sicher eine andere Frau finden. An Bewerberinnen herrscht bestimmt kein Mangel …
Sie rieb sich die Oberarme und ging auf und ab … Licht im Wächterhäuschen. Sie spähte durchs Fenster. Dort saßen vier Männer und spielten Karten.
Plötzlich erfasste das Heimweh sie mit aller Macht. Ich kann nicht!, schrie es in ihr. Ich will nach Brina!
Yaro zu sehen war wie ein Schock gewesen. Wie eine Flut kam nun alles zurück. Ihre Eltern. Wie sie Merina vermisste und ihr Schelten! Lester und sein sanftes Lächeln. Sie war hierhergekommen, um Erinnerungen an ihren echten Vater zu finden, um Menschen zu treffen, die ihn gekannt hatten, und hatte dabei den Vater verloren, der sie großgezogen hatte. Die Wettspiele im Dorf … Nein, es war nicht Yaro, nach dem sie sich sehnte, sondern Brina.
Ich habe
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