Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
gesagt, ich komme nach Hause, wenn ich Drachen töten kann. Wenn ich meinen Vater gerächt habe …
Das stand noch aus. Der rote Drache.
Ein Drache fehlte ihr zu ihrem Ziel.
Ein Drache für Arian.
Ein Drache für Brina.
Als der Morgen heraufdämmerte und die Wächter gähnend aus ihrer Stube schlurften, hatte Linn einen Entschluss gefasst.
Ein Drache.
Ihr war, als würde sich dann endlich alles klären. Wenn sie ihren Vater gerächt hatte, konnte sie heimkehren. Oder vielleicht brachte sie, wenn sie ihre Vergangenheit geordnet hatte, endlich den Mut auf, die Zukunft in die Hände der Götter zu geben und stark zu sein.
Sie sattelte ihr Pferd. Lange hatte Linn darüber nachgedacht, was sie mit ihrem Schwert anfangen sollte. Um Schuppen zu durchdringen, brauchte sie die Schuppe eines lebendigen Drachen, doch noch einmal nach Yan zu reisen und zu versuchen, eine zu erlangen, kam für sie nicht in Frage. Sie wollte sich nicht nach Norden wenden, denn sie war sich nicht sicher, ob sie noch einmal umkehren konnte.
Tijoa! Er wartet. Er wartet auf dich.
Nein, widersprach sie. Ich gehe nicht nach Tijoa. Da kannst du lange warten.
Sie musste es jetzt wissen. Ob es reichte, alles, was sie gelernt hatte. Ob sie schnell und geschickt genug war, ohne Zauberei zu kämpfen. Das Schwert. Die Dornlanze. Sie legte die grüne Maske um. Strich den Umhang glatt.
Chamija trat hinter sie. » Was hast du vor? Gehst du … nach Tijoa?«
Im Spiegel waren zwei Mädchen zu sehen. Das eine dunkelhaarig, einen trotzigen Zug um den Mund, das andere hell und lieblich.
» Nein«, erwiderte Linn.
» Dann ist es – der Zehnte?«
» Ich werde ihm allein entgegentreten«, sagte Linn. » Ohne Magie. Nur ich und meine Waffen. Eine ganz gewöhnliche Drachenjägerin.«
» Du bist schon lange keine gewöhnliche Drachenjägerin mehr«, sagte die Prinzessin. » Also gilt es? Für die Hand des Prinzen? Der König hat sich auf ein Geschäft eingelassen, dessen Ausgang er nicht erahnen konnte.«
» Niemand kann je erahnen, wie es ausgeht. Das hier ist mein Kampf. Dafür habe ich all diese Jahre gekämpft und trainiert. Dein Hinweis mit der magischen Schuppe war wertvoll, und ich weiß nun, wie es einfach geht. Doch diesmal soll es nicht einfach werden; ich würde mich betrogen fühlen, wenn es zu schnell vorbei wäre.«
» Brauchst du nicht einen Zeugen, wenn dies dein zehnter Drache sein soll?«
Das Angebot war verlockend. Nie zuvor hatte ihr Chamijas Freundschaft so viel bedeutet. Nival war nicht mitgekommen, damals, als sie ihn gebraucht hatte. Arian redete zwar viel davon, dass er ihr alles geben würde, was sie verlangte, aber wollte sie ihn überhaupt dabei haben, wenn sie gegen Gah Ran kämpfte? Nein.
» Gut«, sagte sie. » Komm mit. Aber halte dich im Hintergrund.«
» Nichts lieber als das«, meinte Chamija mit einem Lächeln.
Die beiden Frauen ritten den Hang hinunter und nahmen den Weg, der an den Hügeln entlangführte. Nicht nach Yan, sondern in östlicher Richtung am Gerin-Yan-Gebirge vorbei. Chamija stellte keine Fragen. Schweigend ritten sie nebeneinander her, und Linn atmete den Tag ein. Dort unten lag die Stadt unter einer dunstigen Haube. Es hatte geregnet, und die Sonne beleuchtete die Wolken, die über die Gipfel krochen, von unten.
Traurigkeit überkam sie. Wie auch immer dieser Tag enden würde, ihr Leben würde nie wieder so sein wie vorher. Dann fiel ihr Blick auf Chamija, und sie schämte sich, dass sie ständig nur über ihr eigenes Schicksal grübelte.
» Scharech-Par hat dich immer noch nicht abholen lassen«, sagte sie. » Ärgert dich das nicht mittlerweile?«
Scharech-Par. Der Name ließ sie erschauern.
Er wartet. Tijoa. Das Herz der Welt. Dort, im Auge des Sturms, dort.
Nein. Was kümmert mich das Herz der Welt? Hier ist mein Herz.
Das Mädchen drehte sich Linn zu. Ihr Gesicht hatte sich nicht verändert in diesem Jahr, immer noch schien sie keinen Tag älter als sechzehn.
» Er wird ganz sicher kommen, um mich zu holen«, sagte sie. » Die Frage ist, was wir bis dahin tun, um ihm entgegenzutreten. Es ist nicht alles, wie es scheint, Linnia. Er vertraut mir nicht mehr so wie früher. In der Tat fürchtet er mittlerweile, ich könnte seinen Plänen in die Quere kommen … deshalb hat er dich nach Tijoa eingeladen. Er braucht mächtige Zauberer an seiner Seite.«
» Ich bin nicht mächtig«, wehrte Linn lachend ab. Komm. Nach. Tijoa. » Und du? Bist du es?«
» Ja«, sagte Chamija, » das bin
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