Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
Schulter – und dort, eingehüllt in die Flammen, stand Chamija. Sie streckte die Hände nach der Silberkette aus, ihr helles Haar wehte in den züngelnden Flammen. Linn schrie auf. » Chamija! Nein!«, und stürzte auf sie zu, doch als sie ihre Freundin erreichte, fiel diese nicht in einem Häufchen Asche zu Boden, sondern stand nach wie vor aufrecht.
» Du … lebst?«
» Ich habe dir gesagt, ich bin eine Zauberin«, sagte Chamija. Ein sanftes Glühen überzog ihr lächelndes Gesicht. » Lass dich von mir nicht ablenken, ich bin nur hier, um einzugreifen, wenn du in Schwierigkeiten gerätst. Glaubst du, ich überlasse dich dieser Bestie? Kämpf, meine Liebe. Ich bin bei dir.«
Fass die Kette nicht an, sie ist verflucht, wollte Linn rufen, aber das Feuer hatte ihrer Freundin nichts anhaben können. Chamija war gegen den Fluch gefeit.
Plötzliches Misstrauen durchzuckte sie. » Warum wolltest du die Kette überhaupt nehmen?«
» Damit er sie nicht bekommt!«, schrie Chamija. » Der Drache ist hinter der Kette her, merkst du das denn nicht? Er fliegt zu dir, sobald du sie nicht mehr beschützen kannst, um ihrer habhaft zu werden. Jetzt ist nicht die Zeit für Erklärungen. Dreh dich um, Linnia, hinter dir! Oh, pass doch auf!«
Linn fuhr herum. Gah Ran war gelandet. Sie hatte ihn noch nie so nah vor sich gehabt, und gegen ihren Willen war sie beeindruckt. » Es gibt keinen wie ihn.« Hatte ihr Vater das gesagt, vor vielen Jahren, zu ihrer Mutter? Ihr war, als würde sie ihre Eltern sehen, wie sie in der kleinen Küche stritten. » Es gibt keinen wie Gah Ran, niemand ist wie er, glaub mir doch.«
» Er ist ein Ungeheuer!«, kreischte Merina. » Wann wirst du das endlich einsehen. Ein Ungeheuer, das dir den Tod bringen wird!«
Die Stimmen stritten in Linns Kopf. Nur Gah Ran hielt still, während sie ihn betrachtete. Seine Hörner waren heller als seine Schuppen, von einem noch intensiveren Glühen. Sein Blick machte sie schwindlig. Jetzt, ohne die Kette, musste sie darum ringen, nicht ohnmächtig zu werden vor dieser geballten Ansammlung von magischer Kraft. Und seine Stimme … so warm und vertraut, so zauberhaft. Ohne den Spott, der in Nat Kyahs Kehle gebrannt hatte. Ohne die Wut, die ihr von so vielen anderen Drachen entgegengeschlagen war. Eine Stimme wie aus geschmolzenen Rubinen, aus flüssiger Kraft, donnernd wie ein Sommergewitter und zugleich mild wie goldenes Herbstlaub, betörend wie Wein.
» Ich bin nicht hier, um mit dir zu kämpfen, Linn«, sagte er. » Nimm die Kette.« Er sprach betont ruhig, aber in seinen Augen pochte die Dunkelheit. » Nimm die Kette wieder an dich, bevor es zu spät ist.«
» Kämpf!«, rief Chamija. » Töte ihn, töte ihn endlich!«
Warum hat sie solche Angst?, dachte Linn. Sie fühlte sich wie betäubt. Wovor? Seine Flammen konnten ihr nichts anhaben. Wie seltsam, dass Chamija unverwundbar ist, als hätte auch sie in Drachenblut gebadet.
» Du musst seiner Stimme widerstehen!«, schrie die Zauberin. » Bitte. Erinnere dich an alles, was du bist! Das ist der Mörder deines Vaters!«
Linn griff nach dem letzten Rest eines klaren Gefühls, den sie festhalten konnte: ihrem Hass. Sie erhob die Dornlanze und taumelte auf den Drachen zu. Oh verdammt, sie brauchte die Kette, um seine Macht nicht so deutlich zu spüren … um nicht überwältigt zu werden von diesem Meer von Magie.
» Du hast meinen Vater umgebracht!«, schrie sie dem Drachen entgegen. Und dafür töte ich dich, hämmerte es in ihrem Kopf. Dafür töte ich dich.
» Er war mein Freund«, sagte Gah Ran. » Ich könnte es dir erklären, wenn du mir zuhören würdest, Linn.«
» Halt dir die Ohren zu«, heulte Chamija. » Töte ihn. Du kannst es! Ich weiß, dass du es kannst! Du vermagst sogar Scharech-Pars Ruf zu widerstehen, also sollte das eine Kleinigkeit für dich sein!«
In wilder Entschlossenheit erhob Linn die Lanze gegen den Drachen und hakte sie zwischen seinen Schuppen fest. Wenn sie jetzt daran zog, würde sie eine der Schuppen herausreißen, dann konnte sie diese mit einem Zauber belegen und ihn töten. Zu ihrem Erstaunen wehrte er sich nicht. Er stand da wie ein Fels.
» Warum hast du das getan?«, rief sie. Die Trauer verdrängte den Hass. Als wäre Harlon erst gestern im Feuer des Drachen gestorben, krampfte sich ihr Herz zusammen. » Habt ihr das Hohe Spiel gespielt? War Harlon dir untertan? Hat er sich schließlich gegen dich gewandt und musste deswegen sterben?«
» Harlon ist dafür
Weitere Kostenlose Bücher