Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
habe. Mora soll mir das Zaubermittel während des Festumzugs geben, richte ihr das aus. Versprich mir eines. Wenn das hier vorbei ist – geht nach Hause, du und Rinek. Linnia ist schon unterwegs nach Brina, das hoffe ich jedenfalls. Versprich mir, dass ihr glücklich sein werdet, bis ans Ende eurer Tage.«
Yaro grinste schief. » Wenn’s weiter nichts ist.«
» Hier«, sagte Nival. » Behalte sie.« Er überreichte dem Briner zum zweiten Mal seine Schuhe. » Halte sie fest.« Er wartete darauf, dass seine Hand sich bewegte, dass er die tödliche Schuppe wieder an sich nahm, aber er war Herr seiner Muskeln und seiner Gedanken; diesmal würde er sie wirklich loswerden.
» Gut«, meinte er erleichtert. » Dann kann ich ins Schloss zurück, ohne dass etwas Schreckliches passiert. Geh jetzt zu Mora. Bitte pass gut darauf auf – auf die Schuhe, meine ich. Um Mora ist mir nicht bange.«
Nival wartete, bis Yaro hinter der nächsten Wegbiegung verschwunden war, dann erst betrat er das leere Haus und zog das Kostüm aus dem Versteck. Er erreichte das Tor, als die Wächter es gerade öffneten, schlüpfte hinaus und hielt es so wie alle Tensi: Er blickte nicht zurück.
27
» Gah Ran! Ich bin hier! Gah Ran!«
Was tat sie eigentlich hier? Selbst für Drachenjäger war es nicht üblich, einen Drachen zu rufen.
Apfelblüte zitterte am ganzen Körper, als der Drache aus den Wolken schwebte. Die Stute riss an ihrem Strick, aber der Knoten hielt. Linn hatte kurz Mitleid mit dem Pferd, doch dann verdrängte die Ankunft des Roten alles andere.
» Du brauchst nicht so zu schreien.« In seiner Stimme schwang ein Lächeln mit und zugleich ein Knurren. Linn hatte die Kette auf einen Stein gelegt und sich ein paar Schritte zurückgezogen, und wieder hatte sich die ganze Welt verändert, sobald der Drache erschien. Sie konnte seine Gegenwart auf eine ungewohnte Weise wahrnehmen. Neu … und anders und beileibe nicht angenehm. Gah Rans Präsenz weckte Vorsicht in ihr, so wie man sich unter einem überhängenden Felshang unwillkürlich duckt … Steinschlaggefahr.
Keinen Augenblick vergaß sie, dass der Drache sie, wenn sie ohne Waffen vor ihn trat, mühelos töten konnte.
» Ich bin sehr hart bestraft worden«, begann sie, » für die wenigen Worte, die ich mit dir gewechselt habe. Lohnt es sich? Um das zu erfahren, bin ich hier. Für eine vage Hoffnung habe ich meine Zukunft fortgeworfen und den Namen meines Vaters geopfert. Alle meine Bemühungen, ihm zu neuem Ansehen zu verhelfen, sind damit gescheitert.«
Vermochte er zu begreifen, was das für sie bedeutete?
Der Drache richtete seinen dunklen Blick auf sie, und seine Augen waren wie Brunnen. Dann begann er zu lachen.
Ich bin verloren, dachte sie. Sie fragte sich, ob sie sich fürchtete, und wusste keine Antwort darauf. Wie hatte sich alles, woran sie je geglaubt hatte, so gründlich umkehren können?
» Linn.« Er hatte aufgehört zu lachen, aber das Gelächter schwang immer noch in seiner Stimme mit, tief und voll und ohne jede Häme. » Hier bist du also. Ich habe mich gefragt, ob du jemals so weit sein würdest. Mit Hass im Herzen lässt es sich schlecht denken. Hast du denn nicht gemerkt, dass ich dich stets beschützt habe? Ich war da, in Brina. Der Zauber, der dich schützen soll, wirkt nicht immer unfehlbar.«
» Du warst es!«, rief sie. » Ich erkenne deine Stimme. Jemand hat mich gewarnt, hat mir befohlen, aus dem Weg zu gehen. Es war nicht Yaro, sondern du!«
» Ich habe mich auf den Drachen gestürzt, der dich angreifen wollte, und ihn in eins der Häuser gestoßen. Damit habe ich dich gerettet und neues Leid verursacht … so ist es, wenn man eingreift. Ich habe über dir gewacht, als du auf Burg Ruath warst. Nat Kyah hätte es nicht wagen dürfen, dir etwas anzutun. Er war vorsichtig, er wusste, dass er sich nicht mit mir anlegen darf. Ebenso war ich da, als die Drachen über die Stadt herfielen. Wenn ich sie nicht in einen Kampf verwickelt hätte, wäre die Sache noch viel schlimmer ausgegangen. Ich bin gekommen, als die Dörfler dich des Goldes wegen angegriffen haben, fast zu spät, aber immerhin. Ich kann nicht zaubern, Linn – wenn es mir möglich gewesen wäre, dich vor all dem Leid zu beschützen, ich hätte es getan. Aber ich konnte nur aus der Ferne über dich wachen und musste dich deinen eigenen Weg gehen lassen.«
Sie hörte ihm zu und versuchte, ihre Erinnerungen neu zu ordnen. » Du warst da«, gab sie zu, » und ich kann nicht beurteilen,
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