Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
anderen, behutsam und dennoch nicht behutsam genug. » Ich habe Chamija die Kette gegeben.«
» Was?«, brüllte er. » Wieso hast du das gemacht? Warum habe ich es nicht gesehen?«
» Ich habe die Schuppe, mit der du mich beobachtest, außer Kraft gesetzt«, sagte sie, ohne aufzublicken.
» Wie?«, schrie er. » Du bist überhaupt nicht ausgebildet!«
» Caness«, sagte sie. » Damit kann man jeden Zauber aufheben. Wusstest du das nicht? Es ist ganz leicht. Komm her, du musst mir helfen. Ich kann ihn nicht heilen ohne dich.«
» Ich soll dir helfen? Verflucht seist du!« Der Drache schrie seine Wut hinaus, Flammen stoben aus seinen Nüstern in die Höhe, sie sah die Magie in seinem gewaltigen Leib toben. » Du hast den Stein des ValaNaik weggegeben, für ein Stück rohes Fleisch? Dein Vater ist dafür gestorben! Für diese Schuppe hat die Königin ihr Leben gelassen. Dafür wurde deine Familie verbannt. Fast zwanzig Jahre lang habe ich auf dich aufgepasst und über dich gewacht, und wir waren endlich fast am Ziel! Aber du«, seine Stimme überschlug sich, » du gibst ihn einfach weg!«
» Man darf nicht immer nur zurückblicken. Hast du das nicht selbst gesagt? Ich habe dafür gelebt, mich zu rächen. Mein Dorf, meinen Vater, meinen Lehrer … Ich habe dafür gelebt, Drachen zu töten, die andere Menschen bedroht haben. Aber es ist genug, verstehst du? Das Einzige, was ich selbst wollte, habe ich auf dem Weg verloren, das Einzige, was mir je etwas bedeutet hat, den Einzigen, den ich jemals wirklich geliebt habe …«
Mit wild rollenden Augen beäugte der Drache das, was Linn gegen den grünen Stein eingetauscht hatte. » Wer ist das überhaupt?«, fragte er.
» Weißt du das denn nicht?«, fragte sie zurück. » Warst du nicht dabei, bei allem, was ich gesagt und getan habe?«
» Was erwartest du von mir? Ich kann nicht deine Gedanken hören!«, schnaubte er, außer sich vor Wut. » Ich kann nicht in dein Herz sehen!«
» Jikesch«, flüsterte sie. » Das ist die Strafe dafür, dass er den König getötet hat. Er stirbt, wenn du mir nicht hilfst.«
» Jikesch«, wiederholte der Drache. » Bei SaiHara, der die Welt schuf! Auch das noch!«
Sie schwiegen beide.
» Er stirbt tatsächlich«, sagte Gah Ran schließlich. » Begreifst du das nicht? Seine Seele hat sich versteckt, als der Schmerz zu groß wurde. Das hier ist nichts als eine leere Hülle. Dafür hast du die Macht der Drachen verschleudert, damit dein kleiner Narr in deinen Armen sterben kann? Dafür? Oh, ich hasse dich! Dich und ihn! Dafür habe ich all die Jahre gewacht und gekämpft – damit du einen Mörder aus dem Gefängnis holst?«
Gah Ran brüllte so laut, dass der Boden erzitterte.
Linn blickte auf. » Ich brauche dich, um ihn zu heilen.«
» Nein! Du kannst ihn nicht heilen!«
» Vielleicht nicht. Trotzdem werde ich es versuchen. Hilf mir.«
» Das tue ich nicht!«, schrie er. » Lieber bringe ich es selbst zu Ende, damit hier endlich Schluss ist!«
Nie zuvor hatte sie einen dermaßen wütenden Drachen erlebt. Dagegen war Nat Kyah gar nichts gewesen. Gah Ran war wie ein tobender Sturm, und sie zweifelte nicht daran, dass er sie auf der Stelle töten konnte. Vor seinem Feuer war sie zwar geschützt, doch was, wenn es ihm einfiel, sie hochzureißen und zu zerschmettern? Um Jikesch umzubringen, dessen Leben nur noch an einem seidenen Faden hing, reichte vielleicht ein einziger weiterer Drachenschrei.
» Sprich leiser«, befahl sie. » Wenn du dich endlich beruhigt hast, hör mir zu. Du warst dabei, bei allem, was in Lanhannat geschehen ist. Deshalb solltest du wissen, was dieser Mann mir bedeutet. Du weißt auch, dass es meine eigene Schuld war, dass ich ihn verloren habe. Ich war so zornig auf ihn … ich habe mir darin gefallen, hart und trotzig zu sein … und dabei wäre es so leicht gewesen, ihm zu verzeihen. Er war bereit, die ganze Welt aufs Spiel zu setzen, für mich. Erinnerst du dich daran? Wie Jikesch Nat Kyah die Kette der Königin brachte, um ihn zu besänftigen? Es war die falsche, aber schon damals hätte ich erkennen müssen, was er für mich empfand. Muss ich nicht dasselbe für ihn tun, auch wenn er mich nicht mehr liebt?«
» Nein, das musst du nicht«, grollte der Drache. Immer noch wirkte er wie ein Vulkan kurz vor dem Ausbruch, aber wenigstens hörte er ihr zu. » Denn diesmal ging es um die echte Kette, und die gehörte dir nicht! Du warst nur ihre Hüterin!«
» Wenn du mir jetzt hilfst«, sagte Linn, »
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