Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
träumte, dann von der Heilsalbe, die Nival ihr auf die Schulter gestrichen hatte, als sie verletzt gewesen war. Sie sehnte sich nach seinen kühlen Händen, und nur mit Mühe vertrieb sie ihn aus ihren Gedanken.
Der Prinz hielt sich den Arm. Der Verband war durchweicht und musste dringend gewechselt werden, aber sie hatten noch zwei Tage vor sich. » Drachen«, knurrte er hasserfüllt. » Hätten die Götter sich nicht etwas anderes einfallen lassen können, um uns heimzusuchen?«
» Hay Ran Birayik«, murmelte Linn. » Vermutlich werden wir nie verstehen, was er sich dabei gedacht hat.«
Arian blinzelte überrascht. » Der Gott der Zauberer. Ein finsterer Gott«, sagte er leise. » Der in der Nacht haust. Feuer entströmt seinen Händen, und seine Zunge ist ein vergiftetes Messer.« Misstrauisch starrte er sie an. » Hörner wachsen ihm auf dem Kopf, Blitze dienen ihm als Gewand. Woher kennt Ihr diesen Namen? Wie könnt Ihr es wagen, ihn auszusprechen?«
Linn erschrak. Sie hatte gewusst, dass Hay Ran Birayek der Gott der Drachen war und der Gott der Spieler. Aber dass ihn auch die Zauberer verehrten, war ihr neu.
» Ich bin keine Zauberin«, beteuerte sie.
Mit gerunzelter Stirn musterte er sie.
Es sah übel für sie aus, das wusste sie. Als Einzige von allen Drachenjägern war sie an Gesicht und Händen unversehrt. Die Blicke der anderen waren ihr nicht entgangen; es war, als suchten sie bloß noch nach einer Bestätigung für ihren Verdacht.
» Dieser Gott – ich habe nur von ihm gehört. Und da wir davon sprachen, warum die Drachen erschaffen wurden …«
» Von wem?«, wollte der Prinz wissen.
» Wie, von wem? Ihr meint, wer mir diesen Namen gesagt hat?« Mora. Die liebe kleine Mora, ihres Zeichens Pastetenbäckerin des Königs. » Ich weiß nicht mehr. Auf meiner Reise nach Lanhannat sind wir durch so viele Dörfer gekommen und haben unzählige Leute getroffen. Seltsame Menschen. Verrückte Alte, Bettler, die uns nachgerannt sind …« Sie legte die Stirn in Falten, als dächte sie nach.
Arian seufzte. » Verzeiht«, sagte er müde. » Wie kann ich annehmen, dass Ihr auf der Seite der Drachen seid, nach allem, was wir erlebt haben? Wenn Ihr ihn nicht abgelenkt hättet, wäre ich nie an sein Herz herangekommen. Der Schmerz benebelt meinen Verstand.« Er wandte sich zu den anderen um. » Wir machen Rast. Ich brauche …«
Kopfüber stürzte er aus dem Sattel und blieb mit dem Fuß im Steigbügel hängen. Linn und Dorwit sprangen rasch von ihren Pferden, um den jungen Mann behutsam auf die Erde zu legen.
Linn löste die Tücher um Arians Arm und fuhr zurück. Das Fleisch darunter sah fürchterlich aus: Durch die aufgerissenen Muskeln schimmerte der zersplitterte Knochen. Sie musste sich abwenden und tief durchatmen, um ihren Mageninhalt bei sich zu behalten.
» Und er wollte, dass ich in Quintan bleibe«, murmelte sie kopfschüttelnd. » Wie kommen wir denn jetzt nach Lanhannat? Einen Heiler von dort zu holen, würde mindestens sechs Tage dauern, wenn man sehr schnell reitet. Das ist zu lange.«
In Gunyas Gesicht regte sich nichts. » Jemand muss ihn zu sich aufs Pferd nehmen und festhalten. Was sonst?«
» Aber …«
» Er wird den Arm verlieren«, sagte die Ritterin. » Und möglicherweise auch sein Leben. Das ist der Fluch, der einen jeden Drachentöter trifft. Es ist bedauerlich, aber nicht zu ändern. Lasst uns lieber keine Zeit verlieren, wir müssen weiter.«
Linn säbelte ein Stück ihrer Tunika ab, um Arians verletzten Arm wenigstens notdürftig zu verbinden. » Wir müssen ihm die Rüstung ausziehen«, bestimmte sie. » Die ist viel zu schwer, und hier braucht er sie ja wohl nicht.«
Gunya schüttelte den Kopf. » Ein siegreicher Held kommt in seiner Rüstung nach Hause. Das dürft Ihr Brahans Erben nicht nehmen. Wollt Ihr etwa schon wieder den ganzen Ruhm für Euch?«
Linn hielt es nicht für nötig, darauf zu antworten. Mit Dorwits Hilfe nahm sie Arian den Brustpanzer und den Helm ab, obwohl Gunya nach wie vor der Meinung war, dass der Verletzte sowieso sterben würde und wenigstens ehrenvoll in Lanhannat einziehen sollte.
» Ihr könnt nicht einfach den Prinzen berauben!«, wetterte die Ritterin.
» Wir verstecken alles hier im Gebüsch. Man kann die Sachen später holen. Nennt mich nicht Diebin! Soll ich Euch Prinzenmörderin schimpfen?«
Das war ein Fehler. Wütend funkelte Gunya sie an. Aber dass sie damit die Aussicht auf ein gutes Auskommen mit ihrer Kameradin endgültig
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