Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
fühlte sich wie eine Gefangene.
Wer ist denn dein Gott?
Er hatte ihr nicht geantwortet, aber sie wusste es. Nival hatte ihn angerufen; schon damals hätte sie erkennen können, dass er nicht der war, der er zu sein vorgab. Kein einziges Mal hatte sie Belims Namen aus seinem Mund gehört. Belim, den alle in Schenn anbeteten. Oder Bellius, seinen kaum weniger beliebten Bruder. Auch Treas und Trineas, das andere göttliche Bruderpaar, wurden oft angefleht, doch niemals von Nival. Er hatte nur Barradas angerufen, immer nur Barradas, den Gott der ungehorsamen Kinder, der Verlorenen, der Verbannten, der Gaukler und Landstreicher.
Jikesch reichte Arian den Krug. Obwohl er eben noch lautstark nach etwas zu trinken verlangt hatte, ließ der Prinz angewidert das Gefäß fallen, das auf dem harten Marmorboden zersprang.
» Ich will nichts anfassen, was von dir kommt, du Missgeburt. Diener!«
Er klingelte, und sofort erschien ein Mädchen, um die Bescherung zu beseitigen, und ein zweites, um ihm den gewünschten Wein zu bringen. Die Ärzte hatten davon abgeraten, dass der Kranke Alkohol trank, aber Arian ließ sich davon nicht beirren. Vermutlich wollte er damit hauptsächlich die besorgten Heilkundigen ärgern.
Jikesch war das nur recht. Er zog sich in den hintersten Winkel des Gemachs zurück und wartete darauf, dass der Prinz müde wurde und einschlief. Nur dann konnte der Narr sich erlauben, den Raum zu verlassen und bei Linnia nach dem Rechten zu sehen. Innerlich ballte er die Fäuste, wenn er bloß an sie dachte.
» Komm her«, befahl Arian. » Schau dir das an.«
Jikesch war es leid, verhöhnt und mit Geschirr beworfen zu werden, trotzdem näherte er sich gehorsam dem Himmelbett. Der junge Prinz hatte sich aufgesetzt, die dicken Kissen in den Rücken geschoben und betrachtete seine Wunde. Der Arm sah immer noch fürchterlich aus, wie von einem betrunkenen Metzger mit verbundenen Augen der Länge nach halbiert, aber entzündet wirkte er nicht mehr.
» Was sagst du dazu? Wie hast du das gemacht?«
» Ich habe gebetet«, erklärte Jikesch missmutig.
» Aha. Zu wem? Zu Siaweh, wie ich hörte? Wer bitte schön soll das sein? Von diesem Gott habe ich ja noch nie gehört.«
» Siaweh ist … ein Deckname.« Es war nicht auszuschließen, dass Arian ein paar Brocken Lonarisch beherrschte. » Der Name meines Gottes ist geheim. Ich darf ihn Unbefugten gegenüber nicht aussprechen.«
Oh Barradas, verzeih mir.
» Sprichst du etwa mit den dunklen Göttern? Erkläre dich!«
» Die dunklen Götter würden sich nicht damit abgeben, einen so hochwohlgeborenen, tapferen und edlen Mann wie Euch zu heilen.«
» Ha!«, schnaubte Arian. » Dann sag mir seinen Namen, damit ich ihn ehren kann. Ich bin der Prinz, ich befehle es dir!«
Jikesch warf sich mit einem Überschlag nach hinten, wobei er an einen Sessel und eine hohe Vase stieß. Er umklammerte die Vase, die umzukippen drohte, und rief: » Oh göttliches Missgeschick! Königliches Wort gegen göttliches Gebot, oh weh, welch Durcheinander in meinem armen Kopf!«
» Lass das Herumgehampele«, meinte Arian gereizt. » Mein Vater mag Gefallen daran finden, ich aber nicht. Also, du möchtest es nicht sagen? Wie kommst du auf die Idee, dass es mich kümmert, was du willst?«
» Hat der Prinz nicht genug von göttlichen Flüchen?«
Das gab Arian dann doch zu denken. Er zog die Stirn kraus und betrachtete seinen Arm. » Werde ich wieder kämpfen können?«, fragte er.
» Ihr lebt«, sagte der Narr und trat vorsichtig näher. » Reicht Euch das nicht?«
» Du klingst darüber nicht begeistert.« Der Prinz musterte ihn misstrauisch. » Warum hast du mich gerettet, obwohl du mich nicht ausstehen kannst? Das frage ich mich. Oh ja, das ist doch sicher eine Frage, die du beantworten kannst, ohne in Konflikt mit deinem geheimnisvollen Narrengott zu kommen?«
Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätten sie dieses Gespräch niemals geführt. Arian auch nur anzusehen bereitete Jikesch nahezu körperliches Unbehagen.
» Ihr seid der Sohn meines Herrn«, antwortete er schließlich, als die Stille zwischen ihnen immer unangenehmer wurde. » Mich nennt er sein Glück, aber Ihr seid es.«
Der Prinz nickte langsam. Einen Augenblick lang dachte Jikesch, er wollte sich bedanken.
» Was für ein grausamer Scherz«, murmelte Arian. » Mich zum Leben zu zwingen, mit … dem da. Ein Arm ohne Muskeln. Ich bin ein Drachenjäger! Ich bin Brahans Erbe, ich bin nicht zum Krüppel geboren – und
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