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Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2

Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2

Titel: Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Winter
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mich«, flüsterte er.
    Jikesch fuhr zurück und schnappte nach Luft. » Nein!«
    Er konnte niemanden töten. Wenn er es vermocht hätte, warum hatte ihn dann die Vorstellung, die drei Männer umzubringen, so entsetzt? Dabei hatten sie es verdient – und sie hätten sich gewehrt. Schirdan dagegen, so viel Übles er auch getan hatte, lag hier völlig hilflos. Wie konnte er einen Wehrlosen, einen Verletzten, jemanden, den er am liebsten losbinden und durch die Gänge tragen wollte, ans Tageslicht, und dort freilassen mit dem Segen aller Götter – wie konnte er so jemanden töten?
    » Sie tun es sowieso«, sagte Schirdan. Er hatte keine Stimme mehr, jedenfalls keine, die menschlich klang; sein Mund bewegte sich, und Jikesch musste halb erraten, was er ihm mitteilen wollte. » Ich weiß nicht, ob ich die Kraft habe zu schweigen. Töte mich.«
    Im Gang marschierte der Soldat auf und ab. Von ferne näherten sich die eiligen Schritte des Foltermeisters, hallten vor ihm her wie eine Drohung.
    » Nicht noch mehr Schmerz. Bitte«, wisperte der Zauberer.
    Jikesch blieben nur wenige Augenblicke, um sich zu entscheiden. Gleich würde der Henker zur Tür hereinkommen, dann war es zu spät. Der Prinz würde Moras Namen erfahren und seine Soldaten aussenden, um sie zu holen. Kaum vorstellbar, dass sie bald hier liegen könnte, ihre kleine, ausgemergelte Gestalt. Wie lange würde der Folterer brauchen, um ihren Widerstand zu brechen? Die Zauberin war zäh und halsstarrig; Stunden und Tage würde sie ihren Peiniger hinhalten und alles erdulden, was es an Grausamkeiten zu erleiden gab.
    Jikesch hielt die Drachenschuppe in der Hand, bevor er wusste, was er tat. Die glänzende Scheibe trug keinen Zauber in sich; vor wenigen Stunden erst hatte er sie heimlich von der Schlosswand abgelöst. Bis jetzt hatte sich keine Gelegenheit ergeben, sie in die Schreibkammer zu schmuggeln.
    Eine tödliche Waffe? Nein, nichts als eine abgerundete Scheibe, wie ein seltener Edelstein, ein Stein aus einem Mosaik, Schlossschmuck.
    Er hielt sie über das Herz des Mannes.
    » Sag es«, flüsterte er. » Gib ihr die Bestimmung. Ich bin kein Zauberer; du musst es selbst tun.«
    Schirdans Augen weiteten sich, dann murmelte er mit blutigen Lippen ein einziges Wort.
    Der Tod kam sofort, ein Diener, der gerne und schnell gehorchte. Der Schmerz in den Augen des Gefolterten verschwand in demselben Moment, als sein Blick brach, vielleicht einen Hauch früher. Schirdan gab sich dem Drachenfeuer hin, das kurz in seinen Augen aufleuchtete – oder hatte Jikesch sich getäuscht? Er dachte nicht darüber nach. Sein Verstand weigerte sich aufzunehmen, was eben geschehen war. Ohne eine bewusste Entscheidung zu treffen, steckte er die Drachenschuppe in den Schuh zurück, und als der Henker hereinkam, gelang es Jikesch – ebenfalls ohne dass er etwas dafür konnte –, wie ein Irrer zu kichern.
    » Einen feinen Toten habt ihr da«, grinste er. » Einen wunderbaren Toten, garniert mit Blut und Knochensplittern, gespickt mit ausgeschlagenen Zähnen, gebunden mit Sehnen und gesalbt mit seiner eigenen Pisse.«
    Während der Henker rasch den Wasserkrug abstellte und an die Seite des Toten eilte, huschte Jikesch aus der Kammer. Er rannte die Treppen hoch, dem Prinzen nach, der noch nicht weit sein konnte. Nur ein paar gemurmelte und erratene Worte lagen zwischen Arians Aufbruch und seinem eigenen, nur ein kleiner Mord, nur ein stiller, heimlicher Zauber. Nur ein Blick, in dem Qual sich in Ergebenheit verwandelte.
    » Er hat sich dem Drachen ergeben«, flüsterte Jikesch, » er kapitulierte, warf sich ihm zu Füßen, empfing den Kuss. Er flog auf den Flügeln des Drachen davon, entging euch, schlug euch ein Schnippchen. Ich war nur dabei. Meine Hände sind ohne Blut und meine Augen ohne Tränen.«
    Er murmelte vor sich hin, während er die Stufen hochjagte, durch die Halle rannte und den Prinzen einholte, bevor er den großen Saal betrat, in dem der König auf seinem Thron saß wie ein Vogel in einem Baum, eine Eule, die auf Weisheit hoffte. Jikesch wollte die Hoffnung nicht aufgeben, dass diese Weisheit irgendwann eintreffen könnte, wie ein Blitz, der in den Baum fuhr und dabei die Eule mit Licht erfüllte.
    » Was kommt mir da zu Ohren?«, fragte Pivellius. Er klang munter und energisch. » Du hast ein Geschenk für mich, mein Sohn?«
    » Du hast ganz recht gehört, Vater«, sagte der Prinz. » Meine Spitzel hatten endlich Erfolg. Ich habe dir doch gesagt, in der Stadt

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