Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2

Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2

Titel: Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Winter
Vom Netzwerk:
am ganzen Leib zitterte.
    » Na, Kleiner? Kommst du nicht hinterher?«, fragte der Wächter, ein freundlicher Mann, der hier das Grauen bewachte, als könnte es von selbst wieder ans Tageslicht klettern. Die Schreie der Gefolterten. Das Stöhnen der halb Verhungerten, die immer nur so viel bekamen, dass sie leben mussten, dass ihre Körper, die nach Luft und Nahrung und Sonne schrien, sich weigerten zu sterben, sich jeden Atemzug, jeden Herzschlag weiterkämpften.
    Dieser Wächter gehörte nicht zu Prinz Arians Gefolge und hatte sich nicht an seiner Niedertracht angesteckt. Er nickte dem Narren freundlich zu. » Wenn du bei deinem Herrn sein willst«, sagte er, » geh zwei Stockwerke tiefer. Du solltest es hören, dann findest du die richtige Kammer.«
    » Was werde ich hören?«, wisperte Jikesch bang, doch er wollte die Antwort gar nicht erfahren. Er wusste, was dort unten war, außer der Stille. Außer dem Nagen der Ratten, dem Klirren von Ketten. Dem Schaben von winzigen Krallen auf dem kahlen Stein. Dem Flüstern und Singen des Windes, der durch Luftschächte eindrang und in den Ecken heulte. Nichts konnte diese Erinnerungen jemals auslöschen.
    Er wollte nicht weitergehen, keinen einzigen Schritt, wieder hinein in jenen Schrecken, den er Tag für Tag von sich fernhielt. Nur lautes Lachen konnte das Wispern übertönen, laut und noch lauter.
    Aber er musste es herausfinden. Ob der Prinz vielleicht Chamija festgenommen hatte? Nein, sie hatten über einen Mann gesprochen. War Mora in Gefahr? Das allein zählte.
    » Sei kein Feigling, kleiner Narr«, flüsterte er. » Geh schon. Geh schon.«
    » Sie haben ihn lange beobachtet«, erzählte der Wächter. » Die Spitzel des Königs hegten einen Verdacht, aber sie brauchten etwas mehr. Doch jetzt haben sie sofort zugeschlagen.«
    Wie viele Zauberer wohnten wohl noch in Lanhannat? Bestimmt gab es mehr von ihnen, als Nival wusste, vielleicht eine Handvoll … Es durfte nicht Schirdan sein. Auf keinen Fall Schirdan, der Mora kannte.
    » Jetzt?«, murmelte Jikesch und starrte immer noch die Treppe hinunter. » Warum jetzt?«
    Dort unten brannten Fackeln. Es würde nicht dunkel sein. Ganz gewiss nicht. Arian hasste die Dunkelheit. Jeder hasste sie. Ganz besonders Kinder.
    Er schluckte. Ich bin kein Kind mehr. Es geht um Mora. Jetzt beweg dich endlich, na los!
    Seine Beine zitterten, als er das Knie beugte und den Fuß auf die nächste Stufe setzte. Die ersten Schritte waren so anstrengend, dass ihm der Schweiß ausbrach. Er wankte voran, fiel fast von der Treppe und stolperte, bevor er merkte, dass er auf dem unteren Absatz angekommen war.
    Die Luft war hier bereits merklich kühler. Er tastete sich an der Wand entlang bis zur nächsten Treppe, die noch tiefer hinunterführte.
    Nein, die Kammer war nicht zu verfehlen. Es war nicht das Licht, das durch die halb offene Tür nach draußen fiel. Auch nicht die laute Stimme des Prinzen, der seine Anklagen herausschrie. Ebenso wenig die heisere Stimme des Foltermeisters, der die Fragen stellte, wenngleich in einem anderen Tonfall, nicht drohend, sondern so überaus liebenswürdig und freundlich, dass man ihm alles gestehen und Trost in seiner Umarmung suchen wollte.
    Es war dieses Wimmern, die Schreie eines Menschen, der nicht mehr schreien konnte. Sein Flehen, von Schluchzern unterbrochen.
    Natürlich war es keine der Stimmen, die Jikesch all die Jahre begleitet hatten. Jeder starb anders, seinen eigenen Tod, und fand seine eigenen Worte. Jeder brachte einen anderen Laut hervor, aus seiner Brust, seiner Kehle, wie die Blüte des Astajin-Baumes, der seine ganze Kraft in dieses letzte, verschwenderische Blühen legte und dann verwelkte, weshalb die Frucht nachher auf einem stinkenden, verfaulten Haufen heranwuchs. Sie zu ernten bedurfte einer unfassbaren Willensanstrengung, und doch war sie das Köstlichste, was die Sümpfe von Jagor zu bieten hatten und wurde selbst auf den Tafeln der verwöhntesten Könige nicht verschmäht.
    Jikesch wankte, als er sich an den Türrahmen lehnte.
    » Ich bin kein Zauberer«, beharrte der Gefangene. Der Narr schloss die Augen, denn er wusste, dass er diese Bilder mitnehmen und viele Nächte keinen Schlaf finden würde. » Glaubt mir doch! Ich bin nur ein Kaufmann. Nichts als ein Kaufmann!«
    » Natürlich bist du ein Zauberer. Du willst uns doch nicht etwa erzählen, dass du nicht wusstest, was du da verkaufst?«
    » Nein!« Das Jammern endete in einem lauten Schrei.
    » Nun, nehmen wir mal an, es

Weitere Kostenlose Bücher