Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
der sich in seinen Augen spiegelte: Verdammt, der Spion des Königs! » Das ist ein Gewürz«, erklärte Nezky hastig. » Ein äußerst schmackhaftes Gewürz.«
» Gewürze versalzen die Leber«, verkündete der Narr wichtigtuerisch. » Honig verklebt die Zähne. Pfeffer – Geld zum Niesen. Und eine Prise Caness – der Kuss der Götter auf unserem Teller. Guten Appetit, Ihre Seine Eure Fürstliche Durchlaucht.«
» Ach ja«, murmelte Nezky und blinzelte misstrauisch. Vermutlich fragte er sich, ob der kleine violette Kerl nicht schon viel zu viel gehört und gesehen hatte.
Jikesch seufzte innerlich. Ein solcher Mann auf dem Thron!
Doch es hatte keinen Zweck, an diesem Traum festzuhalten. Arian erfreute sich bester Gesundheit, von Tag zu Tag ging es seinem Feind besser. Während der Sommer seine Glut über der Stadt entfachte, blühte der Königssohn mehr und mehr auf.
Bald wird er auf den nächsten Drachen losstürmen, dachte der Narr, dann werden wir ja sehen. Das nächste Mal hat unser lästiges Prinzlein vielleicht nicht so viel Glück.
Er erhob sich und trottete aus dem Speisesaal des Fürsten hinüber in den königlichen Flügel. Um Arians Gemächer machte er einen weiten Bogen, doch in den Gängen herrschte eine seltsame Unruhe. Neugierig geworden beschloss Jikesch, nach dem Rechten zu sehen. Auch wenn er dann Gefahr lief, von einem wütenden Prinzen verprügelt zu werden. In letzter Zeit hatten sich die Fußtritte und Schläge vervielfacht; die Wachen machten sich einen Spaß daraus, ihn zu treten oder zum Stolpern zu bringen, seit er Arian gehörte, der aus seiner Abneigung gegen ihn keinen Hehl machte.
Die Tür zum prinzlichen Schlafgemach stand offen, sodass die laute Stimme des Verletzten bis in den Gang hallte.
» Wenn er nicht reden will, dann bringt ihn zum Reden!«
» Ich fürchte …«, begann eine weinerliche Stimme, die einem der Ärzte gehörte.
» Was fürchtet Ihr? Warum solltet Ihr überhaupt etwas fürchten? Wenn jemand Angst haben sollte, dann doch wohl dieser verfluchte Zauberer!«
Jikesch stockte der Atem.
» Wir sind uns nicht einmal sicher, ob wir den richtigen Mann haben.«
» Dann sucht so lange, bis Ihr ihn habt! Meine Güte, begreift Ihr nicht, worum es hier geht? In dieser Stadt wird Magie gewirkt. Heimlich. Gegen das Gebot des Königs! Ihr steht doch nicht etwa auf der Seite dieser Verbrecher?«
» Keineswegs«, beteuerte der Mann. » Ich meine nur, was nützt es, den Gefangenen zu foltern, wenn er möglicherweise gar nichts weiß?«
» Oh, er weiß etwas. Jeder weiß irgendetwas. Und, verdammt noch mal, jeder tut so, als wüsste er überhaupt nichts!«
Jikesch zuckte zusammen, als er einen Schlag und einen kurzen Aufschrei hörte. Aus der Tür kam einer der Ärzte herausgeschossen, ein kleiner, schon etwas älterer Mann, der ihn mit seiner Glatze und den scharfen blassblauen Augen an Bher erinnerte. Arian tobte noch eine Weile, dann kam er ebenfalls aus dem Zimmer und marschierte mit finsterem Blick den Gang hinunter. Jikesch folgte ihm wie ein lautloser Schatten. Er konnte kaum atmen, so sehr hatte ihn das Entsetzen gepackt. Der Prinz hatte einen Zauberer gefangen? Wer konnte das sein? Ging es denn schon wieder los? Das konnte, nein, das durfte nicht sein! Wieso ausgerechnet jetzt?
Der Narr stöhnte innerlich, während er Arian nachhuschte, eine Treppe hinab und eine weitere. Er ging zu den Verliesen, kein Zweifel.
Auf Zehenspitzen, mit wild klopfendem Herzen, schlich Jikesch die Stufen hinunter in die Eingeweide des Schlosses. Der ganze Hügel war ausgehöhlt; hier unten befand sich nicht nur ein Keller wie unter einem gewöhnlichen Stadthaus, sondern ein zweites Schloss, das man nicht nach oben, sondern quasi mit der Spitze und den Türmen nach unten ins Gestein gebaut hatte, ein Schloss ohne Gold aus Drachenschätzen, Marmor aus Lonar oder edlen Hölzern aus den Riesenwäldern von Bet-Jar. Ein Schloss für die Gefangenen, für die Verbrecher, in dem sie leben konnten, Jahr für Jahr, in Finsternis und Einsamkeit und absoluter Stille, nur unterbrochen vom leisen Wispern der Mäuse und dem Ächzen, das der Berg hin und wieder von sich gab.
Ein Schloss für die Toten – auch die Gruft der Könige lag hier unten.
Jikesch schauderte. Hierhin hatte er sich nie wieder gewagt. Die Erinnerungen quollen ihm entgegen wie dunkler Rauch, der aus einem Schlot stieg und ihm in den Augen brannte. Er blieb stehen, rang nach Luft und starrte die Stufen hinunter, während er
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