Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
wir.«
» Es wird Zeit, dass wir die Ebene zurück zu den Göttern bringen«, sagte Arian. » Ich will mir einen Platz in den Chroniken verdienen, Vater, und das geht nur mit Mut und Tatkraft, nicht, wenn man immer nur zögert und abwägt. Tijoa wird an unserer Seite sein, die alte Feindschaft begraben. Wir beenden die gottlosen Zustände in der Ebene. Der Weg ans Meer wird frei sein, das bedeutet Handel an der Stillen Küste bis hoch nach Hak und Jagor, sogar bis jenseits des Meeres. Die Insel Ghenai und das geheimnisvolle Bet-Jar! Ich könnte endlos davon schwärmen, was es im Norden alles zu entdecken gibt, wenn Tijoa die Grenzen für uns öffnet.«
» Vielleicht solltest du lieber versuchen, Tijoa zu erobern, statt den Süden«, murmelte der König nachdenklich. » Wir hätten uns mit Wellrah, Yan und Samaja zusammentun und gen Norden ziehen können.«
» Diese drei sind bereits unsere Verbündeten, seit so vielen Jahren, und was hat es uns genützt? Sie waren nie bereit dazu, einen Feldzug von diesen Dimensionen zu wagen. Das Kriegführen liegt ihnen nicht im Blut, so wie uns. Es ist lange genug ruhig gewesen, Vater, nun ist die Zeit für uns gekommen. Wir werden wieder jemand sein in dieser Welt, Belim mit uns.«
Pivellius zögerte. » Vielleicht war es zu früh, dir das halbe Königreich zu überlassen«, sagte er nachdenklich. » Für diesen Krieg bräuchtest du das ganze.«
» Dann gib es mir, Vater, und ich werde dich stolz machen.«
» Noch bin ich nicht tot«, gab der König zurück und reckte das Kinn grimmig vor. » Solange ich lebe, mein Sohn, werde ich tun und lassen, was mir beliebt.«
Unbeachtet saß Jikesch auf dem kalten Marmorboden, die Arme um die Knie geschlungen, und spürte die harte, glatte Drachenschuppe unter seiner Fußsohle, wie einen Nagel, der sich ihm ins Fleisch bohrte.
10
Die Sonne brannte heiß auf den staubigen Platz zwischen den Marmorgöttern und verführte dazu, sich zu ergeben, bevor man überhaupt angefangen hatte. Es wäre eine Wohltat gewesen, sich wenigstens die Haare zusammenzubinden, aber das kam nicht in Frage.
» Ihr seid wieder da, Ritterin Linnia?«, meinte Okanion. » Das ist gut, Ihr könnt gleich an der nächsten Runde teilnehmen.«
Die anderen Ritter sahen nicht aus, als hätten sie Linn schmerzlich vermisst. Manchmal war es aber auch gut, ignoriert zu werden; so fragte sie wenigstens niemand aus, wo sie die Zeit bis zu ihrer Genesung verbracht hatte. Die beiden Kämpfenden in der Mitte machten einfach weiter, die Zuschauer ließen sich nicht ablenken. Nur ein paar Augenpaare blieben überrascht an ihrem kurzen Haarschopf hängen.
» Wie schön, willkommen zu sein«, murmelte Linn bitter.
Sie packte ihr Schwert, umklammerte es, als könnte es sich wieder gegen sie wenden und sie verletzen, wenn sie nicht aufpasste. Ein verräterisches Schwert, so wie Nat Kyah ein Verräter gewesen war. Die Bernsteinschuppe ließ es wie ein hübsches Schmuckstück aussehen, das sich gut an der Wand eines Schlosses gemacht hätte, dabei war es nichts wert. Eine Waffe, die sie im Stich gelassen hatte.
Umso entschlossener wollte sie gegen jeden Gegner kämpfen, den Okanion ihr zuwies.
» Ritterin Gunya«, sagte er. » Ihr seid an der Reihe.«
Die andere Frau warf Linn einen finsteren Blick zu. In den Blicken der übrigen Drachenjäger glomm erstmals Interesse auf. Anscheinend behagte es ihnen mehr, wenn Frau gegen Frau kämpfte, als wenn ein Mann sich dazu herablassen musste. Die Drachenjäger beugten sich gespannt vor und – nein, das hatte ihr noch gefehlt – machten eine Wette daraus. Wobei die meisten ihr Geld auf Gunya setzten.
Die Ritterin lächelte spöttisch. » Hoffen wir, dass Ihr die ganze Zeit nicht nur auf der faulen Haut gelegen habt. Seid Ihr bereit?«
» Natürlich«, gab Linn zurück. » Jederzeit.«
Das verhasste goldene Schwert lag gut in der Hand, fügsam, verheißungsvoll. Ihr Arm schnellte hoch, wehrte Gunyas ersten Schlag ab, dann sprang sie zur Seite und griff ihrerseits an, doch die Ritterin parierte mit aufreizender Lässigkeit.
Sie fochten eine Weile, ohne dass eine von ihnen einen nennenswerten Vorteil erzielte.
» Hübsche Frisur«, meinte Gunya gehässig. » Drachen sind erstaunlich gute Barbiere.«
Linn schlug fester zu, und genau damit hatte ihre Gegnerin wohl gerechnet. Sie ließ die goldene Klinge an ihrer eigenen Waffe abrutschen und wandte die Kraft, die Linn eingesetzt hatte, gegen sie. Ein Ruck, eine schnelle Drehung, und
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