Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
stimmt. Du würdest uns doch keine Lügen erzählen?«
» Nein! Nein, das würde ich nicht!«
» Wer hat dir die Ware geliefert? An wen hast du sie weiterverkauft?«
Jikesch zwang sich dazu, die Augen zu öffnen, obwohl er die Stimme längst erkannt hatte. Ein Mann, so lang, dass er kaum auf die Bank passte, an die sie ihn gefesselt hatten. Außer ihm waren nur drei Personen anwesend. Der Prinz. Der Foltermeister. Und ein Soldat.
Drei. War er imstande, drei Männer zu töten, von denen zwei zum Kampf ausgebildet waren? Der Prinz konnte den einen Arm nicht benutzen, doch er gehörte nicht zu den Männern, die sich ergaben. Zuerst musste der Narr also den Soldaten ausschalten, dann Arian, als Letztes den Henker. In dieser Reihenfolge. Und verhindern, dass irgendjemand von ihnen floh.
Jikesch spürte, wie er am ganzen Leib zu zittern begann. Er würde sich wie ein echter Krieger verhalten müssen. Konnte er das? Würde er es über sich bringen, drei Menschen zu töten, um Mora zu retten? Sobald der Gefangene ihren Namen nannte, musste er es tun. Nein, vorher, bevor es zu spät war …
Der Narr biss sich auf die Lippen. Er hatte keine Waffe. Wenn er wenigstens eine Drachenschuppe besessen hätte, die Mora mit einem Kampfzauber versehen hatte! Doch die silberblaue, die er ihr heute mitbringen wollte, die er im Schuh unter seinem Fuß spürte, war ganz und gar unverzaubert.
Er würde sich das Schwert des Soldaten schnappen müssen.
Ach, Unsinn! Unselige Träume! Er hatte keine Chance – und musste es dennoch versuchen. Vielleicht, wenn Barradas auf seiner Seite war, gelang es ihm, den Soldaten zu überrumpeln und danach die beiden anderen. Er war schneller als sie. Viel schneller.
Er durfte nur nicht zögern. Nicht denken. Nicht fühlen. Nur handeln. Töten, ohne Zauberwaffe, ohne eigene Absicherung, in einem ehrlichen Kampf, der ihn das Leben kosten konnte.
Danach würde er fliehen müssen. Man würde ihn jagen, in der ganzen Stadt, im gesamten Königreich, und der König würde Lanhannat auf den Kopf stellen und alle Zauberer herausschütteln … und Mora finden.
Nein, den Prinzen umzubringen war keine Lösung. Es würde alles nur noch schlimmer machen.
Der Gefolterte stöhnte und murmelte etwas Unverständliches. Mora? Hatte er gerade » Mora« gesagt?
» Diebesgesindel«, schrie der Gefangene. » Ich habe die geheimen Worte für Nachtglanz verkauft – an die Diebe!«
» Nachtglanz?«, fragte der Prinz. » Was ist das?«
Jikeschs Mitleid mit dem Gepeinigten verflüchtigte sich. Wie konnte Schirdan es wagen, mit den Dieben zu paktieren? Das Überleben der letzten Magier in Lanhannat hing davon ab, kein Aufsehen zu erregen, das wusste Schirdan ganz genau! Man musste im Verborgenen arbeiten und durfte nicht die Aufmerksamkeit der Wache auf sich ziehen. Oh, bei Barradas! Schirdan kannte Mora so gut, dass er sie mühelos beschreiben konnte.
Hinter Jikesch erklangen Schritte – ein halbwüchsiger Diener trabte den Gang herunter. Er beachtete den Narren nicht einmal, als er sich an ihm vorbeidrängte, und auch die Szene in der Folterkammer schien der Junge gar nicht wahrzunehmen.
» Prinz Arian, Hoheit, Euer Vater verlangt nach Euch.«
Der Angesprochene nickte, er wirkte erfreut. » Gut, darauf habe ich gewartet. Ihr unternehmt nichts, während ich fort bin!«, wies er den Henker an.
Jikesch drückte sich an die Wand, als Arian an ihm vorbeieilte.
Der Foltermeister nutzte die Pause, um vor den Augen des Gefesselten zu trinken. » Willst du auch etwas? Ja? Nun, ich will mal nicht so sein, ich hole dir ein Glas Wasser.«
Was wie Barmherzigkeit klang, würde in eine neue Art von Folter münden, das wusste Jikesch. Er starrte auf die Bank, an der Schirdan hing und leise ächzte. Der Soldat, jetzt der einzige Wächter in der Kammer, reckte sich und trat hinaus auf den Gang.
Sofort huschte Jikesch hinein. » Schirdan!«, flüsterte er.
Der Angesprochene öffnete die Augen und musterte ihn. In seinem Blick wohnte der Schmerz, tief und glühend, als wälzte sich dort ein Drache.
» Der Narr des Königs?«, wisperte er und versuchte zu lachen. Ihm fehlten ein paar Zähne, Blut färbte Lippen und Zahnfleisch.
» Hör mir zu«, sagte Jikesch hastig. » Sag ihnen nichts. Keine Namen. Sie werden alle Magier töten, egal, was sie dir versprechen. Verrate niemanden, bitte!«
Schirdan starrte ihn an, als versuchte er, durch die dicke Farbschicht hindurch das Gesicht zu erkennen, das dahintersteckte.
» Töte
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