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Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2

Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2

Titel: Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Winter
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die Haustür auf, dann wurde ihm bewusst, dass sie offen gestanden hatte, obwohl Mora immer abschloss.
    Ein ungutes Gefühl überkam ihn. Im Flur war es dunkel.
    » Tante Mora?«, fragte er halblaut. » Bist du da? Bist du noch wach?«
    Die Tür zur guten Stube stand sperrangelweit offen. Er brauchte kein Licht, um zu merken, dass die Schatten anders waren als sonst, dass die Möbel nicht an ihrem gewohnten Platz standen.
    Nival horchte in die Stille, eine ganze Weile, bevor er nach der Lampe tastete. Auch sie befand sich nicht wie sonst neben der Tür, ebenso wenig das Tischchen mit den gedrechselten Beinen.
    Er zwang sich dazu, ruhig zu atmen und zu horchen. Auf fremde Atemzüge, einen Mörder im Dunkeln, irgendein verräterisches Scharren.
    Nichts.
    Schließlich bückte er sich, suchte nach der Lampe und fand sie auf dem Boden, an die Wand gerollt. Seine Finger wurden seine Späher, tasteten über den Boden, über die Trümmer, über Scherben, bis er die Zündhölzchen fand.
    Licht flammte auf, und Nival fürchtete sich vor dem, was er sehen würde. Es war sogar noch schlimmer: Sie hatten nichts heil gelassen, nichts verschont.
    » Mora?«, fragte er leise und fürchtete sich noch mehr, vor ihrem Nicht-Antworten, vor dieser Stille, die nur durch seine Schritte gestört wurde.
    Die Treppe hinauf. Da war sein Zimmer – durchwühlt und geplündert, und hier, Moras kleine Schlafkammer.
    Leer.
    Er ging wieder hinunter. Wo sollte er noch suchen?
    Draußen? War sie vielleicht geflohen? Aber wohin sollte sie fliehen – und warum? Eine so mächtige Zauberin wie sie würde sich doch zu verteidigen wissen? So eindrucksvoll, wie sie sich gegen die Angreifer vom letzten Überfall in Szene gesetzt hatte …
    Nival trat hinaus in den Regen. Gegenüber lagen die Ruinen des zerstörten Hauses, das so viele Jahre ihr Heim gewesen war.
    Vorsichtig, die Lampe immer noch in der Hand, stieg er über die Steine und Balken. Und da war sie. Eine kleine, reglose Gestalt, durchnässt vom Regen. Ihre Wangen waren kalt.
    » Mora?«, fragte er bang.
    Sie rührte sich nicht. Schlug nicht die Augen auf und rief: Habe ich dich erschreckt? Sie lag da wie tot, und er dachte: Hier liegt sie wie tot, aber es kann nicht sein.
    Er erlaubte ihr nicht, tot zu sein.
    » Verlass mich bitte nicht«, flüsterte er. » Nicht du auch noch. Oh Barradas, bin ich nicht heimatlos genug?«
    Nival hielt ihre Hand, blieb bei ihr sitzen, im Regen, und grübelte darüber nach, dass ihm seine Angreifer leidgetan hatten. Dabei hatte er doch gemerkt, dass sie darauf aus gewesen waren, ihn umzubringen, nicht bloß Diebe, sondern Mörder. Dass sie jedoch bereits hier im Haus gewesen sein könnten, hatte er nicht bedacht.
    Eine Weile saß Nival da, nur ein paar Augenblicke, die ihm wie eine Ewigkeit vorkamen. Mühsam raffte er sich auf; er wollte Mora wenigstens ins Trockene bringen. So leicht war sie, als er sie hochhob, als hätte sie überhaupt kein Gewicht. Viel leichter als Linnia, die so zierlich wirkte und doch jede Menge Muskeln unter der zarten Haut beherbergte. Mora war schon immer klein gewesen, aber nach Bhers Tod war sie mehr und mehr geschwunden, hatte keinen Appetit gehabt, keine Kraft mehr, kein Interesse an irgendetwas. Allein die Zauberei war ihr wichtig gewesen, was sie noch mehr ausgezehrt hatte. Es war immer ein Fehler, den Hunger der Macht zu unterschätzen.
    Nival trug seine Tante über die dunkle Gasse in sein Haus. Oben in seinem Zimmer legte er sie auf die Matratze, stellte die Lampe daneben und wünschte sich, das, was an diesem Abend passiert war, hätte im Dunkeln bleiben können. Was hatten sie ihr angetan? Ihr Gesicht war grün und blau verfärbt. Die Mörder hatten sie wahrscheinlich mit Knüppeln aus dem Haus getrieben, er dachte an die bärenstarken Kerle, die ihn überfallen hatten, und ein solcher Hass stieg in ihm auf, dass er am liebsten aufgesprungen wäre, um sie noch einmal zu töten. Nur dieses Mal viel langsamer.
    Blut färbte ihr dunkelblondes, von grauen Strähnen durchzogenes Haar. Der Schlag auf den Kopf hatte sie stürzen lassen … Ihre Hände waren mehrfach gebrochen, die mageren Arme mit dunklen Flecken übersät. Sie hatte sich also gewehrt, bevor sie geflohen war. Ob der Angriff wohl wegen Schirdan erfolgt war, der jetzt keinen Nachschub an Nachtglanz mehr liefern konnte?
    » Haben sie dir nicht geglaubt?«, flüsterte er. » Du hättest niemanden verraten. Auch wenn ihr wegen des Nachtglanzes eine Auseinandersetzung

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