Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
hattet, würdest du nie jemanden den Schergen dieser Mörder ausliefern.«
Ganz sanft nahm er Mora in die Arme, wiegte sie weinend wie eine zerbrochene Puppe – und erstarrte.
Ihr Herz schlug noch. Oder wünschte er sich das nur? Wünschte er es sich so sehr, dass er glaubte, es zu fühlen? Nival wusste, wie es war, wenn man jemanden verlor. Wie man versuchte, den Unglauben, die Fassungslosigkeit mit Beweisen zu füttern, dass es nicht sein konnte, dass es nichts als ein Traum war oder irgendein furchtbarer Irrtum.
Aber wenn er sich das nun nicht eingebildet hatte?
Er legte Mora vorsichtig wieder auf die mit Stroh gefüllte Matratze. Die Eindringlinge hatten darauf eingestochen, sich aber nicht die Mühe gemacht, die Füllung herauszuzerren und im Raum zu verteilen, so wie sie es in Moras Kammer getan hatten.
Atmete sie? Er horchte. Da war nichts. Falls doch, dann so leise, dass es kaum wahrnehmbar war. Die Gewissheit wuchs, ebenso wie die Hoffnung: Sie war nicht tot, jedoch so schwach, so schwer verletzt, dass nur wenig fehlte.
Die Salbe! Nival sprang auf. Er brauchte jetzt unbedingt die magische Medizin! Hektisch sah er sich um, bis ihm einfiel, dass sich das letzte Töpfchen oben im Schloss befand, in seiner Schreibstube, und dass er Linn erlaubt hatte, damit ihren Nacken zu behandeln. Er hatte ihr eingeschärft, sparsam damit umzugehen. Der Tiegel musste noch fast voll sein.
Das Stadttor war um diese Zeit längst geschlossen, er musste auf das Morgengrauen warten. Die Stunden dehnten sich endlos, während er an Moras Seite wachte.
11
Nival schloss seine Kammer auf, wie jeden Morgen, wenn er die Nacht unten in der Stadt verbracht hatte. Doch heute zog er sich nicht sofort um, denn an diesem Schicksalstag hatte er nicht die Absicht, sich in einen Narren zu verwandeln. Er nahm nur den Salbentopf vom Bord, sah flüchtig hinein – noch genug drin, den Göttern sei Dank! – und machte sich rasch wieder auf den Heimweg.
Erst als er Moras Kopf zur Seite drehte, das Haar von der großen Wunde zurückstrich und die Fingerspitzen in die Salbe tauchte, merkte er, dass etwas nicht stimmte.
Nival wusste, wie sich das Heilmittel anfühlen sollte, wie es roch, wie es zwischen den Fingerkuppen leicht krümelig zerfiel. Die Farbe war wie immer, aber alles andere passte einfach nicht. Er schnupperte an der Paste und leckte sich über die Finger.
Das war definitiv nicht die Salbe, die er ins Schloss gebracht hatte. Die Paste war nicht essbar, sondern verströmte einen Duft nach Ton oder Erde …
Nival ließ sich zurücksinken.
Konnte sie das getan haben – Linnia? Hatte sie sich etwas von der Töpferin mischen lassen, zu der sie so oft ging? Ton in der von ihr gewünschten Farbe für einen Krug oder einen kleinen Teller – oder für eine heimtückische Täuschung? Damit er dachte, der Tiegel sei noch voll …
Wozu hatte Linnia die Zaubersalbe benutzt? Hatte sie sich alles in den Nacken geschmiert, um nur ja keine Narbe davonzutragen? So viel?
Der Prinz.
Bei Barradas, er war so dumm! Er hatte ihr vertraut, er hatte das bisschen Salbe, das übrig war, mit ihr geteilt …
» Tut mir leid, Tante Mora«, flüsterte Nival. » Ich … komme gleich wieder.«
Seine Wut auf Linnia musste warten, jetzt hatte Dringlicheres Vorrang. Selbst wenn er ganz Lanhannat absuchen musste und was es auch kostete, er musste einen neuen Salbentopf auftreiben. Sofort – oder Mora würde nie mehr erwachen.
Die einzige Möglichkeit, die ihm blieb, wenn er nichts fand, war Chamija. Nein. Daran wollte er nicht einmal denken.
» Ihr habt einen eigenwilligen Kampfstil«, befand Ichokar. Als ehemaliger Soldat, der als Söldner in zahlreichen Schlachten gekämpft hatte, gab er seine Meinung stets mit Selbstbewusstsein und, wie Linn fand, einer gewissen Arroganz zum Besten. Beinahe jedes Mal, wenn er den Mund öffnete, betonte er, dass er ganz genau wisse, wie man überlebte und gleichzeitig dafür sorgte, dass dem Feind nicht dasselbe Glück beschieden war.
» Nun ja …«, begann Linn. Sie hatte die Übungskämpfe im Hof noch nie gemocht, aber mittlerweile hasste sie diese Art des Trainings. Von allen Seiten beobachtete man sie, und immer war jemand zur Stelle, der etwas Abfälliges zu sagen hatte. Wenn sie unterlag, hagelte es dumme Bemerkungen, und wenn sie siegte, spielte mehr oder weniger unterschwellig der Vorwurf mit, sie halte sich an keinerlei Kampfregeln.
» Wirkt nicht gerade … elegant«, frotzelte Ritter Dorwit, der ihr
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