Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
Beruhigend redete sie auf das Pferd ein, zupfte ihm ein paar Kletten und Dornen aus der Mähne und legte ihm schließlich den Sattel auf.
» Komm«, sagte sie sanft, » holen wir uns den nächsten Drachen.«
13
Nival schrak hoch und lauschte mit hämmerndem Herzen in die Nacht. Alles war dunkel, die Lampe längst erloschen. Er brauchte einen Moment, um sich darauf zu besinnen, wo und wer er war.
Nein, nicht Jikesch. Nicht im Schloss. Er war hiergeblieben, bei Mora. Mora!
Hastig beugte er sich nach vorn, tastete nach ihr, doch die Kranke schlief fest, ihr Atem ging ruhig und gleichmäßig. Er hatte befürchtet, sie werde in dieser Nacht sterben, doch Linnias Heilzauber wirkte offenbar.
Nival stand auf, reckte sich und schüttelte die Schultern aus. Er war auf dem Stuhl sitzend eingeschlafen, und alle Knochen taten ihm weh. Wie ein alter Mann tappte er zur Tür, öffnete sie … und prallte mit einem Aufschrei zurück. Das Treppenhaus stand in Flammen, Hitze schlug ihm wie mit der Faust ins Gesicht.
» Mora! Tante Mora, es brennt!«
Die alte Frau ächzte leise, als er sie in ihre Decke einwickelte und hochhob. Einen Moment stand er mit ihr mitten in der Stube, ratlos, wohin er sich wenden sollte, dann öffnete er das Fenster.
Um nach unten zu springen war es zu hoch. Nach oben aufs Dach würde er niemals kommen, nicht mit Mora zusammen. Blieb nur der halbe Torbogen, der aus dem Haus herausragte und über der Straße im Nichts endete, die kleine Brücke, die einmal die beiden Häuser verbunden hatte. Nival kletterte auf das Fenstersims und schob den Fuß auf die brüchigen Steine des Bogens. Aus den unteren Fenstern drang Licht, das flackernde Feuer beleuchtete die Straße und spiegelte sich in den Pfützen; es hatte den ganzen Tag geregnet. Mit der linken Hand tastete er sich vor, griff in einen Spalt. Während er mit der Rechten seine Tante an sich gepresst hielt, krallte er sich fest. Er sammelte seine Kraft und sprang. Sie kamen auf der Brüstung auf und fielen zusammen auf die Steinplatten, die er seit dem Drachenangriff nicht mehr betreten hatte. Der Grund dafür wurde ihm gerade eben wieder klar: der Bogen war mitten über der Straße abgebrochen, und er spürte die Kante schmerzhaft im Rücken.
Mit äußerster Vorsicht rollte er sich ab, zog Mora behutsam nach vorne, von der Stelle weg, wo der Torbogen aufhörte zu existieren. Die Steine stöhnten unter der Belastung; als er sich aufrichten wollte, knirschte es unheilvoll, und dass es sich dabei nicht um seine eigenen Knochen handelte, war nur ein schwacher Trost.
Sie lagen auf einer morschen halbierten Brücke, die mindestens zwei Gildreks über der Straße endete, und hinter ihnen im Haus schlugen die Flammen mittlerweile mannshoch aus den geborstenen Fenstern. Niemand eilte herbei, um das Feuer zu löschen. In der Tat, wurde Nival bewusst, hatten sie keine Nachbarn mehr. Keiner war hier, um ihnen zu helfen.
Was hätte er für eine kundige Zauberin gegeben, doch von Mora war in diesem Zustand nichts zu erwarten, die Anstrengung eines Zaubers hätte sie mit Sicherheit umgebracht. Nival forschte in seinen Taschen nach irgendetwas Hilfreichem, schließlich löste er seinen Gürtel und zog ihn aus dem Hosenbund. Er arbeitete schnell und geschickt, während das Gemäuer immer lauter und bedrohlicher seufzte und die Hitze aus dem Haus ihn anwehte. Rasch knotete er die Decke um Mora, band den Gürtel darum und benutzte auch seine Tunika, um seine Tante an dem behelfsmäßigen Seil auf die Straße hinunterzulassen. Als sie fast unten angekommen war, sah er die beiden Gestalten.
» Wusste ich’s doch«, sagte der eine. » Die zwei sind schwer umzubringen. Gut, dass wir dageblieben sind.«
Nival wartete nicht darauf, was sie unternahmen. Er ließ Mora los und sprang. Weich landete er auf einem der Kerle, der mit einem Aufschrei zusammensackte. Bevor der Mann sich wehren konnte, rollte Nival sich ab und trat ihn mit aller Kraft in den Rücken. Der zweite, kleinere griff an, in jeder Hand ein Messer. Nival sprang um ihn herum, löste seine Tunika aus dem Kleiderhaufen, in dem Mora stöhnte, und drehte sie zu einer behelfsmäßigen Waffe zusammen.
» Was wird das?«, höhnte der Mörder.
» Das frage ich mich auch«, sagte Nival. » Es war tatsächlich eine gute Idee von euch, auf mich zu warten.« Er schwang die Tunika über den Kopf. Die Schnelligkeit und überraschenden Drehungen verwirrten den anderen. Der Mann warf eins der Messer, da schlang sich
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