Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
durch die Nüstern.
Erschrocken heulte er auf. Bevor er begriffen hatte, dass sie imstande war, ihn zu verletzen, führte sie schon den nächsten Schlag aus, diesmal gegen sein Vorderbein. Blut quoll aus der Wunde. Sein Geschrei gellte ihr in den Ohren, als sie unter seinem Feuer hindurchtauchte und ihm das Schwert zwischen den Pranken in die Brust stieß.
Sie hatte zwar nicht das Herz getroffen, aber er blutete heftig, ganze Sturzbäche strömten aus seinen Wunden. Rasend vor Schmerz und Wut drehte der Drache sich im Kreis, um seine Peinigerin zu erwischen. Knisternde Funken tanzten durch die Luft. Ein Baum ächzte, als das Untier ihn mit voller Wucht traf, Linn war jedoch längst hinter den nächsten Baumstamm gesprungen. Sie wartete auf die Gelegenheit, das empfindliche Herz zu treffen. Ihr eigenes schlug schnell, doch nicht mehr vor Angst. In Momenten wie diesem war sie wach und konzentriert, und ihre Hand zitterte kein einziges Mal. Jede Bewegung war selbstverständlich, als hätte Linn sie tausendmal geübt, als hätte alles, was sie je getan hatte, auf diesen Augenblick hingeführt. Dafür war sie geboren. Sie huschte zwischen Bäumen und Sträuchern hindurch. Wenn der Drache innegehalten hätte, hätte er sie gehört, doch halb wahnsinnig vor Schmerz tobte er und machte einen Lärm wie ein Sommergewitter.
» Wo bist du?«, schrie er.
In seiner Stimme lag kein Zauber, sie war wie ein Brand, wie berstendes Holz und Hammerschläge, laut und vernichtend, da war keine sanfte Verführung.
Dies war nicht Nat Kyah, dies war keiner ihrer Feinde. Für einen Moment war Linns Herz völlig frei von Hass oder Zorn. Er war nichts als Wild, das es zu erlegen galt. Kein Feind. Nur Beute. Mit einem Aufschrei sprang sie nach vorn und versenkte die tödliche Klinge in der pulsierenden Stelle über seinem Herzen.
Danach erst fiel die Anspannung von ihr ab. Ihre Beine zitterten, sie schaffte es kaum, sich hinzusetzen und den Kopf gegen den Baumstamm zu lehnen.
Linn konnte es kaum fassen, so unwirklich kam ihr das Ganze vor, als würde sie das alles hier nur träumen: den Wald, die schluchzenden Vögel irgendwo im Dickicht, das flirrende Licht, den toten Drachen, der so schnell gestorben war. Überrascht.
» Oh ja«, flüsterte sie grimmig, » ich werde für weitere Überraschungen sorgen, versprochen.«
Sie brauchte eine Weile, um wieder zu sich zu kommen, doch schließlich stolperte sie zurück an den Bach, wo sie sich sorgfältig Gesicht und Hände wusch. Tani begrüßte sie erleichtert.
» Das wäre geschafft«, sagte sie zu dem Pferd, das sich die weichen Nüstern streicheln ließ – das beste Zeichen dafür, dass kein Drachenblut mehr an ihren Händen klebte.
Sie hatte gar nicht gemerkt, wie lang die Jagd gedauert hatte. Es war bereits später Nachmittag, ein warmer, träger Tag im goldenen Drachenmond, der als dünne Sichel über den Wipfeln hing. Linn tauchte die müden Füße ins Wasser, gähnte, und legte sich irgendwann ganz hin, mitten hinein ins trockene Ufergras.
Bald schlief sie, eingehüllt in Wärme, Sonnenlicht und das beruhigende Plätschern des Baches.
Ein Ruck. Ein Schmerz. Linn war sofort hellwach, fuhr hoch, sah den Mann durchs Flussbett rennen, Wasser spritzte bei jedem Schritt auf. In der Hand hielt er ihre Silberkette.
» Nein!«, schrie sie auf. Da erst bemerkte sie die anderen beiden. Der eine hatte sich das Schwert gegriffen, der andere die Dornlanze. Männer aus dem Dorf. Sie mussten ihr gefolgt sein, des Goldes wegen – dabei lag der größte Schatz dort hinten im Wald, frei verfügbar für jeden, der sich ins Dickicht traute.
» Vorsicht«, warnte der jüngere der beiden Männer. » Keinen Schritt weiter.« Er umfasste den Schwertgriff mit beiden Händen.
» Wir hätten sie töten sollen, als sie noch schlief«, sagte der andere, in dem sie den Holzfäller erkannte. Mit dem Daumennagel kratzte er an den goldenen Haken der Dornlanze. Durch den Kampf mit dem Drachen war der wertvolle Überzug bereits beschädigt. Enttäuschung machte sich in seinem Gesicht breit, als er feststellte, wie hauchdünn die Beschichtung tatsächlich war.
» Gebt mir meine Waffen zurück«, sagte Linn.
Der dritte Dieb hatte das jenseitige Ufer fast erreicht. Oh Arajas! Auf keinen Fall durfte er mit ihrer Kette verschwinden!
Sie sprang vor, wich dem Mann aus, der ungeschickt das Schwert schwang, und trat dem Holzfäller mit voller Wucht gegen das Knie. Während er zurücktaumelte, griff sie mit beiden
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