Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
bekommt.«
Agga drehte sich abrupt um, ehe Rinek sie erreichen konnte, und stapfte davon.
» Agga!«
Er rannte ihr nach. Sein Wurzelfuß verkrampfte sich und verfing sich in den Fransen des Läufers. Der Länge nach schlug er zu Boden.
Sofort kamen ein paar Wächter um die Ecke gerannt, erblickten ihn und den bewusstlosen Posten vor der offenen Tür zum Schlafgemach und zogen ihre Waffen.
Blöde lag er da; ihm fiel nicht einmal ein passender Zauberspruch ein. Er sah nur Agga, die kopfschüttelnd zurücksah und dann ungerührt weiterging, während er plötzlich vier Gegner vor sich hatte.
» Eindringling!«, riefen sie. » Was tust du hier?«
» Ähm«, sagte er, während er sich aufrappelte, » ich, äh …«
Er hätte sich keine Sorgen zu machen brauchen. Sion war sofort zur Stelle, und jemand, dessen Hüfte er vorhin erst geheilt hatte, verteilte eine Menge unsichtbarer Schläge.
Das unterirdische Quartier der Rebellen war nicht mehr wiederzuerkennen. Es hatte sich in ein Schloss verwandelt, das dem überirdischen in nichts nachstand. Die Gemälde lehnten an den Wänden, statt daran zu hängen, und in Ermangelung von Fenstern dienten die seidenen Vorhänge nur dazu, Nischen zu verbergen. Im See spielgelten sich die silbernen und goldenen Leuchter, die ein paar Frauen rings um das Ufer aufgestellt hatten. Die Gänge und Räume waren mit edlen Teppichen ausgelegt, und sie aßen nun alle von goldenen Tellern. In einer Höhle, in die man die kostbarsten Schätze geschleppt hatte, hatte der König sein Lager aufgebaut und trat jedem, der die Nase dort hineinsteckte, gegen das Schienbein.
» Das ist ja Scharech-Par«, sagte Agga. Sie stand vor einem sehr großen, golden eingerahmten Gemälde, die Hände in die Seiten gestützt, und betrachtete die Szene, die, nach den prächtigen Gewändern zu urteilen, anscheinend zwei Könige darstellte. Der eine trug die Krone, die Rinek kürzlich erst im Wäschekorb einer verkleideten Diebin gesehen hatte, der andere hatte eine Samtmütze auf dem braunen Haar.
» Auf dem Bild? Bist du sicher?« Rinek, der sich bis jetzt vorsichtshalber von ihr ferngehalten hatte, wagte sich näher.
» Mit Euch spreche ich nicht«, erklärte sie schnippisch. » Ich bin nur eine Magd und tue, wofür ich bezahlt werde. Gespräche fallen nicht darunter.«
» Du wirst überhaupt nicht bezahlt, jedenfalls nicht von uns, sondern von denen da oben im Schloss«, versetzte Rinek. Er tat, als würde er das Bild eingehend betrachten, dabei fiel ihm auf, dass sie recht hatte. Das Gesicht eines der Männer wies eine frappierende Ähnlichkeit mit dem Mann auf, der ihn im Hof hatte töten wollen. » Das ist er ja wirklich«, rief er überrascht. » Was hat er auf diesem Bild zu suchen? Wo ist Sion? Sie könnte …«
» Hat sie es gemalt?«, unterbrach Agga schroff. » War sie dabei, als es gemalt wurde? Was hat sie damit zu tun?«
Vielleicht weiß sie, was er die letzten achthundert Jahre getrieben hat, wollte er antworten, verkniff es sich aber.
Inzwischen hatten sich noch einige andere Neugierige eingefunden.
» Das ist nie und nimmer Scharech-Par«, sagte einer der Soldaten. » Seht ihr nicht, wie der Mann angezogen ist? Das ist ein König aus Wellrah, zusammen mit König … ähm?« Er forschte in seinem Gedächtnis. » König Anguan?«
» Pivellius der Zweite.« Die Stimme des Königs erklang zwischen ihnen. » Dieses Bild dokumentiert den Friedensvertrag mit Wellrah im Jahr siebenhundertundzwei. Rechts im Bild ist mein Vorfahr, links König Tarian von Wellrah. Damals beschlossen sie die Ächtung der Zauberei, mit der das Ende der Zaubererkriege eingeleitet wurde und das neue Zeitalter des Friedens.«
» Der Kerl sieht aber nach Scharech-Par aus«, beharrte Agga.
Ihr eindringlicher Blick gemahnte Rinek, sich auf ihre Seite zu stellen.
» Das finde ich auch«, sagte er. » Sollte das ein Zufall sein? Ich glaube nicht, dass er mit dem Königshaus von Wellrah verwandt ist.«
» Es ist ein Zufall«, knurrte der König. » Was soll es sonst sein?«
Sion trat zwischen die Menschen, von denen einige sich bereits abwandten; die Ähnlichkeit ihres Feindes mit einem uralten, längst verstorbenen Verbündeten interessierte die wenigsten.
» Das wusste ich nicht«, murmelte sie. » Ich habe keine Ahnung, was er in den vergangenen Jahren getan hat.« Sie fuhr mit dem Zeigefinger über die angestaubte Oberfläche der Leinwand. » Kein Zweifel. Diese Augen, dieses Kinn … der Maler hat ihn gut
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