Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
gehörte dem König.
Rinek schalt sich dafür, dass er daran nicht gedacht hatte. Natürlich ließ Pivellius seine wichtigsten Besitztümer keinen Moment aus den Augen. Schließlich hätten die zweifelhaften Gestalten, die sie aus den Verliesen befreit hatten, sich damit aus dem Staub machen können.
Aber ihm konnte das nur recht sein. Sollte der König ruhig den Wächter für seine Schätze spielen, Rinek hatte noch etwas anderes vor.
Er huschte weiter den Gang entlang. Die Schatzkammer zu finden wäre heute nicht schwer gewesen, denn von da aus strömten die reich bepackten Dienstmädchen die Treppe hinunter und auch wieder hinauf – eine Art Ameisenstraße, untermalt vom Kichern der jungen Frauen. Aber Rinek hatte ein anderes Ziel. Da er sich im Schloss nicht auskannte, hatte er sich die Freiheit genommen, den kleinen praktischen Zauber anzuwenden, den Sion ihm beigebracht hatte. Hara – ein unübertrefflicher Zauber, um ans Ziel zu gelangen. Die Drachenschuppe, die er verborgen in der Hand hielt, zog ihn bei jeder Abzweigung in die richtige Richtung. So fand er den Weg in die königlichen Gemächer und schließlich auch in Scharech-Pars Schlafzimmer.
Der Wächter vor der Tür hielt ihn auf. » Was wollt Ihr hier?«, fragte er schroff.
Rinek musterte ihn von oben bis unten. Ein Tijoaner, natürlich. Der neue Herrscher hätte keinem Schenner seinen Schlaf anvertraut.
» Äh … das da.« Die Drachenschuppe in seiner Hand verstärkte den Schlag noch – ungünstig für den Wächter, der mit dem Kopf hart gegen die Tür prallte. Dass er seinen Angreifer später würde beschreiben können, störte Rinek nicht. Scharech-Par kannte seinen Feind und sollte ruhig wissen, dass er noch in der Nähe war.
Das Gemach war prunkvoll ausgestattet – ein üppiges Himmelbett, der Boden mit glänzendem Holz ausgelegt, seidene Vorhänge.
» Hübsch hier.«
Er drehte sich um. Sion stieg über den ohnmächtigen Wächter und betrachtete bewundernd die Deckenmalerei.
» Wie schade, dass es keine Königin gibt.« Sie setzte sich auf die Bettkante und klopfte auf die dicke Matratze. » Ob Scharech-Par seine Zauberin wohl mit ins Bett nimmt? Wundern würde es mich nicht, sie ist attraktiv genug. Sicherer ist es allemal, eine Zauberin an seiner Seite zu haben.«
Rinek schaute aus dem Fenster in den Hof hinaus. Von hier aus hatte man einen grandiosen Blick auf die Stadt, über der ein paar Drachen kreisten.
» Ich dachte, ich überlasse ihn dem unguten Gefühl, hier könnte irgendein Zauber gegen ihn gewirkt worden sein.«
» Wie nett. Was hast du vor? Soll er es nur befürchten, oder heckst du etwas aus?«
» Was hältst du von Flüsterwespen?«
Sion zog die Brauen hoch. » Es ist nicht die richtige Jahreszeit für Wespen.«
» Macht das etwas aus? Ich könnte das Bett so verzaubern, dass es sich anfühlt, als würden Wespen darin herumkrabbeln. Ist das möglich?«
» Du kannst keine Schuppen in Lebewesen verwandeln. Das geht nicht.«
» Aber kann ich nicht Lebewesen in andere verwandeln? Kann ich eine Schabe glauben lassen, sie sei eine Wespe? Oder den Betrachter das zumindest denken lassen? Oder, noch besser, es ihn fühlen lassen?«
» Du bist so gemein«, sagte Sion bewundernd, als Rinek aus seiner Tasche einen kleinen Krug hervorholte, der randvoll mit Schaben gefüllt war. » Wo hast du die denn her?«
» Aus der Küche. Mit einem kleinen Lockzauber sind sie alle freiwillig in den Topf gekrochen.«
» Du lernst schnell. Aber vergiss nicht: ein Zauberspruch, und sie sind alle wieder weg«, erinnerte ihn Sion.
» Ich weiß«, sagte Rinek. » Es ist nichts weiter als eine Warnung. Ein Scherz, wenn du so willst. Sag mir bitte nicht, dass mit ihm nicht zu spaßen ist – wenn er sich überhaupt nicht ärgert, wäre es schade um die gute Idee.«
Er streute geriebenes Drachenhorn in den Krug und murmelte etwas, bevor er ihn unter der Decke ausschüttete.
» Kindskopf«, rügte sie ihn. » Allerdings …« Ihre Augen leuchteten auf. » Falls die Zauberin doch nicht hier schläft, ist er den Viechern erst mal ausgeliefert. Es wird peinlich sein, mitten in der Nacht zu ihr zu rennen und um Hilfe zu bitten, besonders für einen so stolzen Mann wie Scharech-Par. Und erst die Beulen …«
Sion bekam einen Lachanfall.
» Warum sollte er Chamija rufen? Er kann doch selbst zaubern.«
Sion sah ihn nachdenklich an. » Nein, Rinek, das kann er nicht. Ich habe es dir immer noch nicht erklärt. Ich zögere, denn die
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