Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
Schwingen brachte. Ein Licht wie eine mächtige Woge, die alles überschwemmte, wie ein Sturm, der über das Land fegte, ein Ruf, der in seinen Ohren gellte. Er ritt den Hang hinunter und zwischen die Hügel, und mit jeder Stunde wurden das Licht und das Lied und der Sturm stärker. Er fürchtete, die Hitze, die der Stein ausstrahlte, würde den Stoff verbrennen und seine Haut zum Glühen bringen, doch als er die Hand darauflegte, war der Stein glatt und kühl. Seine Zauberersinne narrten ihn; was er fühlte, war reine Magie, stärker als alles, was ihm je begegnet war.
Der Drache wartete in einem verborgenen Tal auf ihn. Selbst seine Macht, die eines ausgewachsenen, lebendigen Drachen, kam nicht gegen das an, was Harlon bei sich trug, obwohl es nur ein winziges Stück von einem Toten war.
» Du hast es!«, rief Gah Ran ihm entgegen, außer sich vor Freude. » Endlich. Hebe den Fluch auf! Tu es. Worauf wartest du noch? Befreie mich!«
» Wie?«, fragte Harlon. » Was muss ich dafür tun?«
» Weiß ich es?«, fragte der Drache. » Du bist der Zauberer, nicht ich.«
Der Ritter legte die Hände um den Stein. Den Zauber jeder anderen Schuppe konnte er mit Worten der alten Drachensprache bändigen, ihm seine Bestimmung auferlegen, seinen eigenen Zauber, doch wie sollte er die Macht, die in seiner hohlen Hand pulsierte, in ein einziges Wort bannen?
» Ich weiß nicht, wie«, musste er zugeben. » Es ist, als hätte ich ein lebendiges Tier in der Hand, das zappelt und beißt und sich wehrt. Ich hatte keine Ahnung, dass irgendein Zauber so stark sein könnte.«
Der riesige rote Drache starrte auf die leuchtende grüne Schuppe. » Du musst nach Steinhag gehen«, sagte er schließlich. » Dort wirst du die Antwort hoffentlich finden. Aber bis du ankommst, musst du es verbergen. Lege einen Schutzzauber darüber, irgendetwas, oder sie werden sich bald alle auf dich stürzen, um dir dieses Kleinod abzunehmen!«
» Wie?«, rief Harlon. Er hob die Stimme, um gegen den Sturm anzukommen, den nur er hörte. » Wie soll ich das verzaubern? Es verbrennt mich!«
Am Himmel über ihnen erschien bereits ein dunkler Punkt. Rasch wurden Flügel sichtbar. Ein weiterer tauchte auf.
» Schnell«, rief Gah Ran. Er wandte den Kopf und riss sich eine seiner eigenen blutroten Schuppen aus dem Panzer. » Zaubere!«
» Was soll ich tun?«, schrie Harlon.
1
Der Sarg war bemerkenswert schlicht. Nur eine grob gezimmerte Kiste aus Holz, darüber ein weißes Tuch mit dem königlichen Wappen: Schwert und Flamme. Prunkvoll glänzten dagegen die Soldaten, in voller Rüstung, mit blitzenden Helmen, Schilden und Schwertern. Die geschmückten Pferde schritten würdevoll im Takt der Trommeln, an jeder Straßenecke bliesen die Herolde in die Hörner, Handglocken läuteten Sturm, Schlagstöcke und Tamburine erfüllten die Herzen mit Lärm; beinahe gelang es ihnen, die Trauer zu vertreiben. Bis in die Mitte der Stadt vor den großen Brunnen marschierte der Zug mit Spektakel, dann wurde es mit einem Schlag still.
Die Ritter stiegen von den Pferden, lösten die Schleifen aus den Mähnen, die Schmucksteine vom Zaumzeug, nahmen ihre Helme ab und neigten die Köpfe. Die Instrumente verstummten. Der Prinz, der als Einziger vor dem Karren geritten war, wandte sich um und kniete nieder.
» Nicht Rüstung und nicht Schild, kein Gold und kein Schwert bahnt dir den Weg«, sagte er. Obwohl Arian nicht laut sprach, waren seine Worte in der Stille weit zu hören. » Wen die Götter lieben, den führen sie durch Dunkelheit und Feuer bis ans Tor in ihr Reich. Wir blicken deiner Seele nach, Vater, auf ihrer Reise ohne Wiederkehr.« Er lehnte die Stirn gegen den Sarg und verhielt so, dann kämpfte er die Tränen nieder und führte den Zug weiter, diesmal zu Fuß. Sechs Soldaten hoben den Sarg vom Karren und trugen ihn dem Königssohn nach, die übrigen folgten schweigend, demütig die Köpfe gesenkt.
Agga, bestimmt das hübscheste, blondeste und unverschämteste Dienstmädchen der Stadt Lanhannat und möglicherweise sogar des Königsreichs Schenn, hielt sich die Hand vor den Mund und unterdrückte ein Schluchzen. Yaro stieß sie vorsichtig an und reichte ihr zuvorkommend ein Taschentuch. Dankbar nickte sie ihm zu und tupfte sich über die Augen.
» Weinen können wir später immer noch«, knurrte der alte Kasidov ein wenig zu laut. Einige der Umstehenden drehten sich um und bedeuteten ihm zu schweigen.
» Kommt«, flüsterte Mora. » Wir haben genug
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