Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
in den Staub. Er tupfte sich die Tränen aus den Augenwinkeln, als er zu Rinek zurückkehrte, der an der Haustür lehnte. Keiner von ihnen sprach. Gemeinsam sahen sie zu, wie Gah Ran auf die Straße hinausging, eine schmale Gestalt, ein Mann wie jeder andere. Dann erhob sich der riesige rote Drache in die Luft.
Arian fiel fast vom Pferd. Er war verdreckt und blutverschmiert; nur mit Mühe stieg er ab und torkelte auf das Portal zu.
Die Wachen öffneten ihm. Der König saß auf dem Thron und erhob sich, als der Prinz hereinstolperte.
» Du hast dich heute tapfer geschlagen, mein Sohn«, sagte er. » Es ist Zeit, dass dieser Thron dir gehört. Der ganze Thron und die Krone und das Zepter.«
Ein müdes Lächeln erschien auf den Lippen des siegreichen Heimkehrers. » Danke, Vater«, sagte er.
» Einen Moment. Zwei Bedingungen stelle ich noch. Du wirst die Prinzessin von Wellrah heiraten.«
Arian nickte ergeben. » Was sonst?«
» Außerdem brauchst du einen Ratgeber.« Er wandte sich Linn und Nival zu, die im Schatten einer Säule standen. Sie hatten beide nicht gewusst, warum sie hergerufen worden waren. » Er ist der Richtige dafür.«
Arian nickte, besonders überrascht schien er nicht zu sein. » Ah, der Sammler von Weisheiten. Nun ja, warum nicht. Dann komm, guter Mann.«
» Aber …« Linn war so erschrocken, dass sie unaufgefordert mit ihrer Meinung herausplatzte. » Aber er kann nicht sprechen!«
» Das macht nichts«, sagte der König ungerührt. » Schreiben kann er doch wohl, oder?«
Linn hielt entsetzt die Luft an. Sie griff nach Nivals Arm, aber das Lächeln auf seinem Gesicht war selbstbewusst; es verlieh ihm etwas Starkes. Er nickte ihr zu, küsste sie auf die Stirn und folgte dem Prinzen durch den Saal.
» Jetzt bist du an der Reihe«, sagte der König. » Komm her.«
Sie trat vor den Thron und kniete nieder.
» Gut gemacht, Ritterin Linnia«, sagte Pivellius. » Ich bin stolz auf dich und froh. Wo ist die goldene Maske? Mir ist aufgefallen, dass du sie nicht mehr trägst.«
» Ich habe sie immer bei mir.« Ihre Hand fuhr in ihre Tasche und berührte das Gold.
Er winkte sie näher, bis er ihr ins Ohr flüstern konnte. » Sie war es, nicht wahr? Die Maske. Mit ihr haben wir den Drachen besiegt. Sie ist stärker, sie kann alles möglich machen. Ist es nicht so?«
» Ja und nein«, begann Linn. Sie wusste nicht, wie sie ihm das Unerklärliche nahebringen sollte. » Solange ich sie getragen habe, war ich so etwas Ähnliches wie Hay Ran Birayiks Priesterin, und …«
» Kann sie den Zauber wieder aufheben?«
» Was? Verzeiht, Majestät, wie meint Ihr das?«
» Du weißt schon. Ich bin ein Zauberer. Viele von uns sind Zauberer! Wir können stärker sein als alle unsere Feinde! Man braucht die Schuppen eines Drachen? Am besten eines ValaNaik? Nun, wir haben einen. Wir müssen bloß einen Suchtrupp losschicken, um seinen Leichnam zu finden, und dann ist die ganze Macht unser.«
» Aber Majestät«, wandte Linn ein, » wir können diese Macht nicht nutzen. Sie gehört jetzt den Drachen. Ihren wahren Eigentümern.«
» Genau da kommst du ins Spiel. Du und deine Maske. Ich habe genau zugehört. Ich war bei vielen Gesprächen dabei, unten im Labyrinth und oben im Schloss. Der ValaNaik und die Priesterin. Macht. Verantwortung. Ein Gegengewicht. Ein ValaNaik konnte diesen Bann verhängen, der den Drachen ihre Macht nahm. Eine Priesterin könnte es auch. Du bist dazu in der Lage, Linnia Harlon. Setz sie auf. Sei die Priesterin. Mach es rückgängig. Scharech-Par ist tot, er wird uns nicht länger schaden. Nein, er wird uns nützen! Die ganze Welt ist voller Macht und Zauber!«
Er redete immer lauter. Linn duckte sich unwillkürlich. Sie verstand die Veränderung, die mit ihm vorgegangen war, nicht recht. War er nicht immer gegen Zauberei gewesen? Hatte er nicht sein Leben lang erbittert dagegen gekämpft? Hatte er nicht Nivals Mutter auf dem Gewissen?
Vielleicht hatten Agga und Rinek ihm etwas zu oft auf den Kopf geschlagen. Der König war völlig verrückt. Doch gleichzeitig war das, was er da vorschlug, geradezu genial. Schenn konnte das mächtigste Reich aller Zeiten werden, und Pivellius hatte erkannt, wie das möglich war. Er hatte alle Vorbehalte, alle Vorurteile aufgegeben. Mit den Schuppen des toten Scharech-Par konnten sie die ganze Welt verändern.
» Majestät«, sagte sie vorsichtig, » lasst es, wie es ist. Die Magie der Drachen gehört ihnen. Niemand sollte damit spielen. Es ist
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