Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
niedergeschlagen. Was stimmt denn nicht damit? Ist es vergiftet? Wenn ich es anfasse, ist damit gar nichts, es ist die schönste, die vollkommenste Seide, die es gibt.«
» Die Raupen müssen Blätter fressen, von Bäumen, die mit Drachenblut gedüngt wurden«, sagte Rinek. » Dann ist es Drachenseide. Wie konnte Drachenbann daraus werden?«
Gah Ran hob den Kopf. Ein bedrohliches Funkeln lag in seinen Augen, und einen Moment fürchtete der Briner, es könnte heute noch einen Mord geben. Doch dann wandte sich der Drachenmann wieder dem Mädchen zu.
» Sie haben Blut getrunken, diese Ferrans«, sagte er rau. » Drachenblut. Ich habe es gesehen, als Linn noch die Kette trug. Ich wusste es, und trotzdem habe ich Sion den Hinweis gegeben, dass ein Gewand für sie bereitliegt. Drachenbann. Das, was wir am meisten fürchten, das, was uns unweigerlich vernichtet. Und ausgerechnet dieses Kleid hast du bekommen, meine Liebe. Auch Chamija ist durch Drachenbann gestorben. Nur für dich ist es viel schlimmer, Sion. Für unsereins ist es tausendmal schlimmer.« Er strich ihr das Haar aus der verschwitzten Stirn. » Ich wünschte, ich könnte dir helfen. Ich wünschte, ich könnte irgendetwas tun.«
Er setzte sich neben sie an die Wand, ohne sie zu berühren, aber Rinek merkte, wie auch auf seiner Haut feine Schweißperlen entstanden. Die Nähe zu der tödlichen Seide musste ihm unvorstellbare Schmerzen bereiten.
Rinek konnte es nicht länger mit ansehen. Er winkte Kesim und ging hinauf in die Kräuterkammer. Jede Stufe war eine Qual. Er hatte schon beinahe vergessen, wie schlimm es war, ein Holzbein zu haben, doch der Gedanke an Sions Schmerzen verbot ihm jedes Mitleid mit sich selbst.
» O ihr gnädigen Götter«, murmelte der Yaner. » Sie wird sterben, oder?«
» Das wird sie.« Rinek sah sich unter Chamijas Hinterlassenschaften um. » Vielleicht finde ich etwas, um es ihr leichter zu machen.« Er seufzte und ließ sich auf einen Stuhl sinken.
» Sind die Tijoaner schon da?«, fragte Kesim vorsichtig.
» Ach, die gibt es ja auch noch.« Rinek stöhnte. » Ich fürchte, damit muss der König selbst fertigwerden. Immerhin ist er wieder sichtbar.«
» Aber er hat keine Soldaten.«
» Nein. Möglicherweise helfen uns ein paar Drachen, die ihm dankbar sind für die Erlösung. Nur wer wird sie anführen? Ich habe keine Ahnung. Sie haben keinen König, also wird es wohl so sein wie früher – jeder Drache für sich.«
» Nival?«
Linn hatte es den anderen überlassen, sich um die Verwundeten zu kümmern. Sie hatte sich nur davon überzeugt, dass Nival nicht darunter war. Wo konnte er sein? War er in die Stadt hinuntergegangen? Ins Schloss? Oder war er noch irgendwo hier?
Sie rief in der Thronhalle nach ihm, sie hämmerte gegen die Tür seiner Schreibstube. Ohne es zu merken rannte sie fast den König um, während sie wieder nach draußen eilte.
» Nival!«
Ojia Ban winkte sie zu sich. » Falls du deinen komischen Freund suchst, er ist bei den Statuen.« Er zwinkerte ihr zu.
Linns Mut sank, als sie sich den zerbrochenen Göttern näherte. Warum hatte er sich zurückgezogen?
Die Magie gehörte wieder den Drachen. Doch eine Heilung, die seinem Körper geschehen war, musste bestehen bleiben, wenn der Zauber abgeschlossen war. Sonst wäre auch Arian sofort tot umgefallen, und sie selbst ebenso. Seine Stimme hatte er ebenfalls behalten, sie hatte ihn schließlich selbst gehört. Was also war es?
Er saß im Schoß der Marmorgöttin, an den kühlen Stein gelehnt. Über ihm breitete sich die Morgendämmerung aus.
» Nival?«, fragte sie zaghaft.
Er setzte sich auf und schaute auf sie hinunter. Selten war er ihr so fern vorgekommen, so zerbrechlich. Wie sollte sie ihn herunterlocken? Ihn rufen wie eine scheue Affendrossel? Noch während sie überlegte, sprang er mit einem Salto von der Statue und landete vor ihr. Da schlang sie die Arme um ihn und lehnte den Kopf an seine Brust.
Sie wusste es, aber sie wollte es nicht wahrhaben.
» Der Zauber muss dir bleiben«, sagte sie leise. » Ich kann es nicht ertragen, wenn es nicht so ist. Er ist noch da, oder? Ich habe dich gehört. ›Drachenmaid‹, hast du zu mir gesagt. Dass ich mich daran erinnern soll, wer ich bin und wer meine Feinde sind. Weißt du nicht mehr? Da war Scharech-Par schon verwandelt. Du konntest immer noch sprechen!«
Er schaute sie verwundert an und schüttelte den Kopf.
» Nein!«, rief sie. » Das kann nicht sein! Hay Ran Birayik muss dir deine Stimme
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