Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
Ran blieb rot und feurig, und wenn er bei ihnen landete, setzte Linns Herz jedes Mal kurz aus. Es war unmöglich, sich an ihn zu gewöhnen, an seine Größe, seine Schönheit, die geballte Magie, die er nicht nur mit sich trug, sondern die er war.
Trotzdem war Linn von Ehrfurcht weit entfernt.
» Kannst du uns nicht mal was anderes mitbringen als Kaninchen?«, beschwerte sie sich, während sie die Beute bratfertig machte. Nival hatte Feuerholz gesammelt und aufgeschichtet. Der Drache setzte es in Brand, wandte sich demonstrativ ab und rollte sich gemütlich zusammen.
» Kaninchen«, wiederholte Linn. » Das hängt mir schon zum Halse heraus. Trotz Caness.«
Durch die Gegenwart des Drachen mangelte es nie an Zauberstaub. Die ganze Luft war von feinsten Teilchen Magie erfüllt, die Linn nutzte, ohne darüber nachzudenken. Trotzdem verbesserte es nicht ihren Appetit.
Gah Ran hob den Kopf. » Wenn es dir nicht schmeckt, ist deine Mühe umsonst«, bemerkte er. » Du weißt, was das heißt.«
» Dass du mal etwas anderes mitbringen solltest?«
» Wenn der Caness -Zauber nicht wirkt, hast du keinen einzigen Funken Magie mehr im Leib.« Der Drache musterte sie, als könnte er bis auf den Grund ihrer Seele blicken. » Also kannst du es gleich lassen.«
» Es wirkt!«, protestierte Linn. » Was du gleich wieder denkst. Ich wünsche mir nur etwas anderes als Fleisch. Brot. Moras Pasteten. Früchte. Eine Schale Milch. Oder Käse. Für ein Stückchen Käse würde ich mich prügeln.«
Linn wollte nicht glauben, dass ihre gesamte Zauberkraft aufgebraucht war. Seit sie die Grenze zu Gerin überquert hatten, hatte sie Nival nicht mehr behandelt. Er war gesund, das hatte sie daran gemerkt, dass er schneller klettern konnte als sie. Es tat fast weh, dass er sie nicht mehr brauchte, dass sie keine Rechtfertigung mehr hatte, ihn anzufassen. Manchmal mochte sie kaum glauben, dass er derselbe Mann war wie der Nival, mit dem sie durch die verschneiten Straßen Lanhannats gewandert war. Er glich ihrem Freund – aber irgendwie auch nicht. Etwas war anders an ihm, das sie nicht in Worte fassen konnte. Ein Fremder – zu dem sie etwas zu oft hinsah, immer wenn sie glaubte, er würde es nicht bemerken. Seine blonden Haare waren gewachsen, ebenso sein Bart, der jedoch so hell war, dass er nicht wirklich störte. Nival sah jetzt männlicher aus, vielleicht war das der Unterschied. Kein Junge mehr, sondern ein Mann von Mitte zwanzig. Allerdings hätte ihm wärmere Kleidung gutgetan, und auch Linn merkte, dass sie für den Winter nicht passend ausgestattet war.
» Wir brauchen Menschen«, sagte sie. » Einen Markt. Oder wenigstens ein Dorf.«
» Ohne Geld?«, fragte Gah Ran. » Willst du dich tatsächlich um die Sachen prügeln, die du brauchst?«
» Besitzt du keinen Schatz?«
Der Drache stieß eine Rauchwolke aus und lachte. » Ein Schatz. Sie fragt mich nach meinem Schatz! Wie dreist bist du, Linnia Harlon, dass du es wagst, einen Drachen nach seinen Besitztümern auszuhorchen?«
» Ein paar Goldmünzen wirst du sicher übrig haben«, meinte Linn ungerührt.
Weder Ärger noch Zorn des Roten konnte sie mittlerweile schrecken. Er brauchte sie viel mehr, als sie ihn brauchte. Nur weil sie es ihm versprochen hatte, war sie auf dieser Wanderung, als Dank dafür, dass er sich an Nivals Heilung beteiligt hatte. Ansonsten hätte sie nach ihrem Scheitern am Königshof genauso gut auch nach Hause gehen können, zurück in ihr Dorf Brina. Wo Yaro auf mich wartet. Dieser Gedanke begleitete sie nun schon seit Jahren, wie eine unumstößliche Wahrheit, einer uralten Legende gleich, die man für wahr hielt, ohne sie überprüfen zu können. Dass ihr Verlobter in Brina noch auf sie wartete, konnte sie eigentlich schon lange nicht mehr voraussetzen. Er hatte versprochen, ein Haus für sie beide zu bauen, als sie das Dorf nach dem Drachenüberfall verlassen hatte, um zu lernen, wie man gegen die Ungeheuer kämpfte. Doch nachdem sie es tatsächlich geschafft hatte, zur besten Drachenjägerin der königlichen Garde aufzusteigen, war sie nicht nach Hause zurückgekehrt. Schließlich war Yaro selbst in die Stadt gekommen. Sie hatte nur ganz kurz mit ihm an einem Tisch gesessen und war dann geflohen.
Nein, er würde nicht länger warten. Auch für ihn war es an der Zeit, eine Familie zu gründen und Kinder in seinem Haus aufwachsen zu sehen.
Selten war Linn so deutlich gewesen, dass sie mit leeren Händen dastand. Was hatte sie erreicht? Der Prinz
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