Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
widerrufen und seine eigenen Befehle zu erteilen. Die Männer beeilten sich, ihm zu gehorchen; der eine oder andere warf der Zauberin hämische Blicke zu.
Mit einem unguten Gefühl beobachtete Rinek, wie der Prinz das Kommando übernahm und die Tijoanerin wegschickte. Die Verzauberung, die den Königssohn dazu brachte, ihr zu gehorchen, wirkte offenbar nicht unfehlbar; wenn es um seine Macht ging, war Arian durchaus fähig, sich ihr zu widersetzen. Aber war es sinnvoll? Rinek hatte den Eindruck, dass Chamija durchaus wusste, was sie tat. Mit Drachen kannte sie sich jedenfalls aus.
Finster starrte sie dem Prinzen nach und stieß einen wüsten Fluch aus.
Rinek folgte ihr, als sie wutschnaubend davonmarschierte.
Er hatte kaum zu hoffen gewagt, dass sie sich auf den Weg in die Hügel machte. Schon einige Male war der Briner dort gewesen und hatte nach dem Eingang gesucht. Nun erfasste ihn eine prickelnde Aufregung, als er erkannte, dass die Zauberin ihn geradewegs in ihr geheimes Versteck führen würde. Sie war allein, aber den Fehler, sie unvorbereitet anzugreifen, würde er nicht machen. Mittlerweile wusste er nicht einmal, ob es wirklich sinnvoll war, Chamija zu beseitigen. Sie hatte Nival etwas Schreckliches angetan, und ihr Bestreben, über Lanhannat zu herrschen, war offensichtlich, doch ihre Pläne schienen weitaus durchdachter und erfolgversprechender als Arians hilflose Versuche, gegen die Übermacht der Drachen anzukommen. Auf leisen Sohlen folgte Rinek der Zauberin, als sich das Gras auflöste – offenbar war es nur eine Illusion – und das Tor dahinter mit einem leisen Knarren aufschwang.
Er huschte kurz nach ihr durch den Eingang.
Einen Moment lang war es stockfinster. Dann flüsterte Chamija zwei Worte, und Licht strahlte auf.
Sie befanden sich in einer geräumigen Höhle, deren Ausmaße im Zwielicht nicht zu erkennen waren. Vor ihnen lag, immer noch mit den bunten Stricken gebunden, der silbergrüne Drache. Nur an seinen rollenden Augen war zu erkennen, dass er bei Bewusstsein war. Hasserfüllt starrte er Chamija an. Sie trat auf das Ungeheuer zu und berührte seine Schnauze, von der, wie Rinek erschrocken bemerkte, Blut tropfte.
» Wie geht es dir heute, Sion Rah?«, säuselte sie, als würde sie einen bettlägerigen Verwandten besuchen.
» Verdammt sollst du sein«, keuchte der Drache.
Chamija ging um den gewaltigen Leib herum, begutachtete ihn hier, streichelte dort eine Tatze, tätschelte da ein Bein. Der Gefangene kochte vor Wut, doch er rührte sich nicht von der Stelle und versuchte nicht einmal, Feuer zu speien.
» Deine Hände sind kalt«, sagte die Bestie leise. » Was willst du mir beweisen? Dass du länger widerstehen kannst als ich?«
» Wann werden die Drachen wieder fliegen?«, fragte sie. » Will Scharech-Par uns so lange zermürben, bis wir aufgeben?«
» Meine Schuppen werden dir nichts nützen«, zischte der Drache.
Rinek sah beim Näherschleichen, dass das, was er für dunkle Flecken auf dem Panzer gehalten hatte, in Wirklichkeit fehlende Schuppen waren.
» Oh, da täuschst du dich. Die Magie fragt nicht nach Wollen oder Nichtwollen. Was bist du in seinem Heer – ein Fürst, ein wichtiger Mann? Freu dich, in meiner Armee stehst du an der Spitze. Du bist der Tod in jedem Pfeil, der sich von der Bogensehne löst. Du bist die Vernichtung in jeder Lanze und jeder Klinge. Du bist mein Sieg, Sion Rah.« Sie lachte leise. » Wenn das überhaupt dein richtiger Name ist. Hast du versucht, deine edle Herkunft zu vertuschen – Sion Ran?«
Der Drache schwieg.
» Glaubst du, ich hätte mich mit jemandem zufriedengegeben, der nicht wenigstens ein paar Tropfen Ran-Blut in seinen Adern hat? Ich hätte auch Ojia Ban haben können, den besten Freund des Königs, aber ich wollte dich. Deinen Familiennamen finde ich auch noch heraus.«
» Du hast keine Macht über mich«, grollte der Drache. » Mein Name nützt dir gar nichts.«
» Ich weiß, aber es tut dir weh, wenn ich ihn in den Mund nehme, nicht wahr? So wie es dir wehtut, wenn ich dir Schuppen entferne. Doch das bringt dich nicht so schnell um, wie du vielleicht hoffst. Glaub nicht, ich ließe dich hier sterben, Sion Ran.«
Sie hielt ein funkelndes Messer in der Hand und bohrte es tief zwischen die Schuppen. Der Drache zuckte zusammen, als sie ihm eine der Schuppen herausriss, und stöhnte qualvoll.
Blut lief über Chamijas hellen Unterarm. Wie ein gerade geangelter Fisch lag die Schuppe auf ihrer Handfläche, blutig; es
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