Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
meine Maske?«
» Deine?« Wieder lachte er. » Überall, wo du gehst, lässt du Masken zurück. Sie ist schön. Ich fühle mich damit fast wie ein Drache, ein seltener Vogel mit Feuer in der Nase. Es ist praktisch, wenn man mehrere Sprachen beherrscht, deshalb konnte ich mich mit den Näherinnen unterhalten. Sie werden wie der letzte Dreck behandelt – gefangen und hergebracht, und sie arbeiten, bis sie erfrieren oder krank werden. Tausende von Gewändern müssen sie herstellen, alle aus Seide. Fast ausschließlich für Männer. Merkwürdige Schnitte, die nicht einmal in Tijoa modern sind. Sie nähen mit Nadeln aus Gold und ernähren sich von Tränen und Klagen.«
» Das ergibt alles keinen Sinn.«
» O doch. Hast du es nicht von Gah Ran erfahren? Die Drachen wollen ihre Verwandlung zurück. Scharech-Par wird sie ihnen geben – dafür sind die Kleider.«
» Sie erhalten auch noch besondere Kleider aus Seide? Das muss ein Vermögen kosten!« Eine weitere Erklärung dafür, warum Seide knapp war. Wenigstens war nicht nur Kesim, ihr alter Freund aus Yan, daran schuld. » Scharech-Par ist verrückt. Nein, er ist … unheimlich. Nimm die Maske ab«, bat Linn. » Ich will nicht, dass seine Stimme dich verfolgt, wie sie mich verfolgt hat. Jetzt, da ich am Ziel angekommen bin, ist sie verstummt, trotzdem graut mir davor.«
» Es ist nicht Scharech-Pars Stimme. Ich habe mit Gah Ran darüber gesprochen, was genau ich höre. Dieser Ruf nach Tijoa ist uralt. Es ist der Ruf, den Dairan ValaNaik aussandte, im Großen Krieg, um seine Drachen zu sich zu rufen. Sie mussten ihm alle folgen, aus aller Herren Länder zu ihm kommen – außer den Verbannten. Sogar dieses Drachenkind, das dabei sein Leben verlor. Ich habe Gah Ran beschrieben, wie die Stimme klingt, er hatte keinen Zweifel.«
» Aber … das hätte er mir doch gleich sagen können!«
» Er hat diesen Ruf damals nicht gehört. Wie er zugeben musste, ist selbst unser herrlicher Gah Ran, der neben seinem königlichen Freund zu speisen pflegte, ein Verbannter aus der Gemeinschaft des Schwarms. Wer hätte das gedacht?« Wieder lachte er. Er klang so anders dabei, wie ein Fremder. Seine Stimme hatte sich verändert, in ihr schwang etwas mit, was sie weder bei Nival noch bei Jikesch je gehört hatte, ein Lachen, ein Raunen, ein kaum wahrnehmbares Schwingen, das auf ihre Seele übergriff. Es war beinahe unerträglich, ihm zuzuhören, so unwiderstehlich war seine Stimme – von Drachenzauber durchtränkt und vergoldet. Wie süßes Gift drang jedes Wort an ihr Ohr, es schmerzte und verlockte, verführte und streichelte, es zerrte, es sang, es war wie ein Drache in der Luft, zugleich herrlich und schrecklich, vor dem man fliehen und mit dem man kämpfen wollte, vor dem man sich niederwerfen und mit dem man tanzen wollte.
» Hör endlich auf zu reden«, sagte sie, griff in sein blondes Haar und küsste ihn.
Sie versteckte Nival unter den Kissen und Decken in ihrem Bett. Die halbe Nacht flüsterten sie miteinander, wenn ihnen nach tausend Küssen noch genug Luft zum Sprechen blieb. Obwohl die Sehnsucht nach mehr in ihrem Blut hämmerte, war sie ihm dankbar, dass er sich zurückhielt. Dies war nicht der richtige Ort, um herauszufinden, wozu einen die Leidenschaft sonst noch führen konnte – das Zimmer hatte ja nicht einmal eine Tür.
» Du bist so anders«, wisperte sie ihm ins Ohr, nach einem dieser Küsse, bei denen ihr war, als würden sie gemeinsam versinken und die Welt um sie herum hörte auf zu existieren.
» Wie neugeboren. Ja, das bin ich.« Ein Nival ohne Furcht und Hemmungen – das war so neu, dass ihr war, als würde sie einen fremden Mann entdecken. Sie hatte ihn erlebt, wie er in den Bergdörfern die Herzen gewonnen hatte, doch nun, mit seiner Stimme, war er wiederum anders. » Wer hätte gedacht, dass ich glücklich sein kann? Ich nicht. Noch dazu in Zeiten wie diesen.«
» Keine Schmerzen, keine bösen Erinnerungen? Das muss der Himmel sein.«
» Ich habe nichts vergessen«, sagte er leise. » Es ist alles noch da. Aber mir ist, als wäre das Labyrinth in mir mein Schloss, und ich trete durch die Türen, wann ich es will. Hinter einer dieser Türen liegt der König in seinem Sarg, und ich habe ihn getötet. Glaub mir, ich weiß immer noch, was Schmerz ist oder Reue. Ich werfe einen Blick hinter diese Tür, und es packt mich mit glühenden Klauen, was ich getan habe. Doch ich kann sie schließen, verstehst du? Da ist eine Tür, hinter der alles Finstere
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