Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes
...«
»Nihal, hör mir mal zu ...«
»... nämlich jemanden zu finden, der mich heiratet«, schloss Nihal mit einem strahlenden Lächeln.
»Nein, pass auf, Nihal. Ich will ganz offen zu dir sein. Fen liebt Soana. Und Soana liebt ihn.«
Langsam wich das Lächeln aus ihrem Gesicht.
»Es tut mir Leid. Aber ich verstehe auch nicht, wie dir das entgehen konnte. Und es stimmt, glaub mir.«
Plötzlich kam sich Nihal unglaublich töricht vor. Ja, wie hatte ihr das bloß entgehen können? Es war doch so sonnenklar. Soanas aufgekratzte Stimmung auf der Reise. Ihr Wiedersehen. Fens Hand auf ihrem Knie während des Mittagessens.
Nihal sagte kein Wort. Sie nahm ihr Schwert fester in die Hand und begab sich erhobenen Hauptes in ihre Kammer.
Die Nacht vor Sennars Aufnahmezeremonie war lang.
Nihal sekundierte dem Freund so aufmerksam, wie es ihr möglich war, und versuchte, an nichts anderes zu denken, doch als es schon zu dämmern begann, konnte sie nicht länger widerstehen. »Sennar, darf ich dir mal eine Frage stellen?«
»Ja, schieß los.«
»Warst du schon mal verliebt?«
»Nun ..., ich glaube, ja.«
»Und wie ist das?«
»Das ist nicht bei allen gleich, doch üblicherweise denkst du unablässig an den Menschen, der es dir angetan hat,- sobald du ihn siehst, verkrampft sich dein Magen, dein Herz rast..., so in der Art eben. Wieso weißt du das denn nicht?«
»Sennar...«
»Nihal, bitte. Ich muss mich konzentrieren!« »Ich glaube, du hattest Recht.« Die Aufnahmezeremonie fand hinter verschlossenen Türen statt, zum besonderen Leidwesen Nihals, die zu gerne gewusst hätte, was dort drinnen vor sich ging. Stattdessen musste sie sich mit einem raschen Blick in den Versammlungssaal des Rates begnügen, als Sennar die Schwelle überschritt: Sie hatte kaum Zeit, einen großen, nur schwach beleuchteten Raum wahrzunehmen, sowie acht Personen — Zauberer und Zauberinnen — aus unterschiedlichen Völkerschaften, die in feierlicher Haltung auf acht Steinsesseln saßen. Dann schloss sich die Tür, und Nihal blieb draußen, allein mit ihren quälenden Gedanken.
Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Fen aufzusuchen, fand sie nicht den Mut. Und dieses Land war ihr völlig fremd, so dass sie noch nicht einmal wusste, wo sie einen Spaziergang hätte machen können. Schließlich kehrte sie in ihre Kammer zurück, wo sie sich, unausweichlich, weiter ihrem Liebeskummer hingab.
Der Gedanke, dass Fen bereits eine Frau hatte, schmerzte, und sie vergoss sogar einige Tränen aus verschmähter Liebe. Doch andererseits war dieser Schmerz auch unendlich süß, und Nihal aalte sich wohlig darin. Mit einem Male liebte sie die Liebe. Und sie liebte das Gefühl, verliebt zu sein.
Der Gedanke, Fen zu vergessen, weil er bereits Soanas Geliebter war, streifte sie in keinem Augenblick. Eifersüchtig verschloss Nihal an diesem Nachmittag diese Gefühle in sich und nährte sie mit Hoffnungen und Träumen, leichter Verzweiflung und vagen Verherrlichungen.
Sennars Aufnahmeprüfung war ein großer Erfolg. Die Mitglieder im Rat der Magier waren zutiefst beeindruckt von diesem großgewachsenen schlanken Jüngling und seinen außerordentlichen magischen Fähigkeiten.
Erschöpft, blass und schweißgebadet verließ Sennar den Raum. Jetzt durfte er sich Zauberer nennen. Man hatte ihm ein schwarzes Gewand zum Geschenk gemacht, das er seitdem praktisch nicht mehr auszog: Es war ähnlich geschnitten wie jenes, das er als Novize trug, jedoch mit roten Schnörkeln verziert, die ein riesengroßes, aufgerissenes Auge auf Bauchhöhe einrahmten.
Nachdem sie sich von Astrea und Galla verabschiedet hatten, brachen Soana, Sennar und Nihal noch am gleichen Nachmittag auf.
Vor dem Tor des Palastes, umgeben vom Rauschen des Wasserfalls, nahmen sich Soana und Fen zum Abschied in den Arm.
Sennar und Nihal hatten sich schon einige Schritte entfernt, als plötzlich die laute Stimme des Ritters das Rauschen übertönte.
»Nihal!«
Das Mädchen drehte sich um. »Bis bald dann! Und übe fleißig weiter!« Kaum zu Hause angekommen, begann Nihal die Tage zu zählen.
8. Das Ende eines Märchens
Nach der Rückkehr ins Land des Windes nahm ihr Leben wieder seinen gewohnten Rhythmus an: Nihal widmete sich eher lustlos der Magie, Sennar studierte Tag und Nacht.
Die acht Magier im Rat hatten beschlossen, dass der junge Mann noch ein Jahr bei Soana verbleiben sollte, um sich von ihr in den Aufgaben und Pflichten eines Ratsmitglieds unterweisen zu lassen. Nach dieser Zeit
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