Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes
würde Soana über die Fortschritte ihres Schülers Bericht erstatten und Sennar die Aufnahme in den Rat selbst anstreben können.
Seit seiner Ernennung zum Magier ging er vollkommen in seiner neuen Rolle auf. Stunde um Stunde verbrachte er über den Büchern, und nachdem er alle Werke aus Soanas Beständen verschlungen hatte, begann er auf der Suche nach anderen Bänden durchs Land des Windes zu reisen.
Nach dem Ausflug ins Land des Wassers war Nihal das eintönige Leben in Salazar nur noch schwer erträglich, und sie sehnte sich danach, neue Länder kennen zu lernen. Und unter dem Vorwand, dass der Freund auf seinen kurzen Reisen durchs Land unbedingt Schutz brauche, ließ sie es sich nicht nehmen, ihn stets zu begleiten.
Nihal bewunderte Sennars Beharrlichkeit und wäre gerne selbst so gewesen: entschlussfreudig, stark, den Blick immer aufs Ziel gerichtet. Es stimmte wohl, für die Magie war sie nicht sonderlich begabt, aber sie nahm sich nochmals vor, wenigstens jene Zauber gut zu beherrschen, die ihr als Krieger nützlich sein konnten. So konzentrierte sie sich jetzt ganz besonders auf Heilzauber, falls sie einmal verwundet würde, und auf einige unkomplizierte Abwehrzauber, mit denen sie in der Not vielleicht ihre Haut würde retten können. Soana ließ sie gewähren, bestand jedoch darauf, dass sie sich noch eingehender darin übe, mit den Geistern der Natur in Verbindung zu treten.
Einmal im Monat erhielt Nihal von Fen Unterricht. Üblicherweise war sie es, die ihn mit Soana zusammen aufsuchte, doch hin und wieder kam der Ritter auch überraschend bei ihnen vorbei, und Nihal war jedes Mal hoch erfreut, wenn er plötzlich vor der Tür stand.
Je mehr Zeit verging, desto deutlicher spürte sie, dass sie ihn wirklich liebte. Sie bewunderte alle seine Gesten, kannte sein Mienenspiel bis in die kleinsten Regungen. Und sie war überzeugt, dass sie ihn bis zum Ende ihrer Tage lieben werde. Was machte es da schon aus, dass er nie der Ihre sein würde? Liebe heißt nicht Besitzen, sagte sie sich, Liebe macht vor keinem Hindernis Halt. Und ich liebe ihn.
Fen schien von der Hingabe seiner jungen Schülerin nichts zu merken. Eigentlich hatte er ihre Ausbildung nur übernommen, um Soana einen Gefallen zu tun, was ihn aber nicht hinderte, binnen kurzer Zeit selbst Gefallen daran zu finden. Mit diesem zierlichen, flinken Mädchen zu kämpfen war ein echtes Vergnügen. Und außerdem bot sich so immer eine zusätzliche Gelegenheit, die Zauberin zu treffen.
In diesen Stunden lernte Nihal außerordentlich viel. Fen schonte sie nicht, und begierig, wie ein Schwamm, nahm sie alles auf, was er sie lehrte. Ratschläge, Belehrungen, technische Korrekturen, alles nahm sie sich zu Herzen und verarbeitete es mit unerschöpflicher Phantasie: Sie erfand ungewöhnliche Bewegungen, übte neue Schlagfolgen ein, passte sehr wirkungsvoll die Fechtkunst ihrem Körperbau an. Fen war beeindruckt und versäumte keine Gelegenheit, ihr Komplimente zu machen: Noch nie hatte er jemanden so fechten sehen. Für ihn war Nihals Kampfstil wie ein Tanz des Todes.
Sie fühlte sich natürlich geschmeichelt und hoffte dabei im Grunde ihres Herzens weiter, er würde eines Tage doch noch auch in einem anderen Sinne auf sie aufmerksam werden und erkennen, dass sie, obwohl sie besser kämpfte als ein Mann, doch eine Frau war und blieb. Zuweilen fühlte sie sich wie die unglücklichen Heldinnen vieler Balladen, die in den falschen Mann verliebt waren und doch heroisch ihrem Ziel folgten. Mittlerweile war ihr vollkommen klar, dass Sennar Recht hatte: Soana und Fen waren ein Herz und eine Seele. In Gegenwart des Ritters erstrahlten die Augen der Zauberin in einem anderen Glanz, während er sich ihr gegenüber so zuvorkommend zeigte, wie Nihal es sich für sich selbst erträumt hätte. Es schmerzte, sie zusammen zu sehen, und manchmal, wenn sie ganz allein war, kamen ihr die Tränen. Doch für nichts auf der Welt hätte sie auf diese Liebe verzichten wollen. Nur einer war teilweise imstande, Fen seinen Platz in Nihals Träumen streitig zu machen, und das war Gaart.
Bei ihm hatte sie allerdings noch weniger Chancen als bei dem Ritter. Eines Nachmittags hatte sie versucht, sich ihm zu nähern: Zunächst zeigte sich der Drache nur belästigt, dann wurde er sichtlich nervös und ließ schließlich seinen Nüstern einen mächtigen Feuerstoß entweichen.
Da hatte Nihal begriffen, dass es ratsamer wäre, ihre Bemühungen einzustellen, gab aber den Gedanken nicht
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