Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes
Nächten in dem Haus am Waldesrand, ihren Stolz fahren lassen und ihren Freund aufgesucht.
Es widerfuhr ihr häufig, dass Albträume, ähnlich jenen aus der ersten Nacht im Wald, sie heimsuchten und dass sie im Schlaf den Chor Tausender verzweifelt rufender Stimmen hörte. Schweißgebadet wachte sie jedes Mal aus diesen Träumen auf. Die ersten Male hatte sie lange im Dunkeln geweint, eines Nachts dann aber hatte sie ihren Stolz fahren lassen und war Trost suchend bei Sennar erschienen. Seitdem hatte sie sich immer wieder von dem Freund über diese entsetzlichen Momente hinweghelfen lassen, ihm dabei aber nie Näheres über diese Albträume erzählt.
An jenem Nachmittag aber war sie nicht auf Sennar angewiesen: ganz einfach, weil sie kein Auge zutat.
In Kürze würde sie Fen treffen, und es gelang ihr nicht, an etwas anderes zu denken. Sie würde sich mit einem Drachenritter, also einem der besten Kämpfer der Welt, im Schwertkampf messen: Dies war der Augenblick der Wahrheit. Es würde sich zeigen, ob sie überhaupt das Zeug zum Krieger hatte. Aber es war nicht dies allein, was sie quälte. Und wenn Sennar tatsächlich Recht damit hat, dass ich mich verlieht habe?, fragte sie sich. Nein, das wäre ihrer doch nicht würdig gewesen. Krieger hatten zu kämpfen und sich nicht in romantischen Träumereien zu verlieren.
Und doch dachte sie weiter an Fen und daran, wie er ihr zugelächelt hatte, als sie am Tisch neben ihm Platz nahm.
Obwohl sie nicht geschlafen hatte, war sie dann überrascht, als die Stunde des Kampfes gekommen war: Fens Knappe, der wohl ein wenig jünger war als sie selbst, klopfte bei ihr an und führte sie in den Waffensaal der Burg.
Der Ritter erwartete sie schon. Mit Ausnahme des Kopfes in seiner goldenen Rüstung steckend, hatte er sich in der Mitte des Saales aufgebaut. Seine Miene war vollkommen anders als noch einige Stunden zuvor. Das Lächeln war aus seinem Gesicht gewichen, und in seinen Augen nahm man höchste Konzentration wahr.
Verglichen mit ihm kam sich Nihal klein und deplatziert vor. Sie war sogar versucht, rasch wieder kehrtzumachen, widerstand aber, in dem sie sich einhämmerte, dass die hervorragendste Eigenschaft eines Kriegers doch Mut sei.
»Hast du nichts, um deinen Körper zu schützen?«, fragte Fen, als er sie erblickte. »Nein. Und eigentlich habe ich auch bis heute noch nie gekämpft. So richtig, meine ich«, antwortete Nihal.
»Nun, vielleicht ein Vorteil. Umso beweglicher wirst du sein.«
Nihal nickte mit selbstsicherer Miene, doch sie spürte einen Kloß im Hals, der nicht weichen wollte, und tausend Gedanken schössen ihr durch den Kopf.
»Achtung!«, forderte Fen sie auf.
Doch Nihal wusste gar nicht mehr, was sie tun sollte.
Sie mahnte sich zur Ruhe, versuchte sich zu erinnern, was sie in ihrem kurzen Leben über die Kunst des Schwertkampfs gelernt hatte, und nahm Aufstellung. Fens Angriff kam plötzlich und traf sie unvorbereitet. Offensichtlich legte er es darauf an, seinen Gegner sofort zu verwirren und zurückzudrängen. Und dabei hatte er leichtes Spiel. Nihal war eingeschüchtert, durcheinander und unkonzentriert. Und als wenn das noch nicht gereicht hätte, gelang es ihr zudem nicht, den Blick von Fens Gesicht abzuwenden. Dieser Mann, der mit präzisen Bewegungen, das Schwert in der Hand, auf sie eindrang, kam ihr wie der Nabel der Welt vor.
Gleich von Anfang an musste Nihal zurückweichen. Es gelang ihr noch nicht einmal, einen halbherzigen Angriff zustande zu bringen, und nach einem kurzen Schlagabtausch flog ihr das Schwert aus der Hand, und sie landete unsanft auf dem Hosenboden.
Fen blickte sie mit überraschter Miene an. »Was ist? Ich dachte, du wolltest kämpfen. Oder ist das etwa alles, was du zu bieten hast?«
Nihal spürte, dass ihr die Tränen zu kommen drohten.
»Soana meinte, du seist richtig gut. Hab keine Angst. Zeig mir nur, was du wirklich kannst.«
Denk an nichts. Kämpfe. Kämpfe, und lass alles andere beiseite! Nihal stand auf, fest entschlossen, jetzt Ernst zu machen. Sie schloss die Augen. Leerte ihren Geist. Wen hast du vor dir, Nihal? Einen Feind. Nichts weiter als einen Feind. Er ist schön, gewiss, und vielleicht bist du dabei, dich in ihn tu verlieben. Doch das hat nichts mit dem Kampf zu tun. Zudem willst du ihm doch imponieren, oder nicht? Gut, dann Zeig ihm auch, wie gut du mit dem Schwert umgehen kannst. Denn du bist gut, das weißt du. Du bist gut. Du musst es ihm nur noch zeigen. Nihal hielt die Augen
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