Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers
zuckte kaum merklich zusammen. »Wie, er ist fort? Wann denn?«
»Gestern Nacht.«
Viele Tage hatte Dola das Schlachtfeld beherrscht, Angst und Schrecken verbreitet und für schwere Verluste gesorgt. Niemand war in der Lage gewesen, ihm Einhalt zu gebieten. Die Schwerter hatten seiner Rüstung nicht die kleinste Schramme zufügen können, die Lanzen vermochten nichts gegen ihn auszurichten, und wenn ihn die Bogenschützen unter Beschuss nahmen, bewegte er sich munter im Pfeilregen, egal wie heftig dieser auf ihn einprasselte. Dann plötzlich, in der Nacht vor Nihals Rückkehr, war über dem Lager ein gellender Ruf zu hören gewesen, unmenschlich, dem eines Raubvogels ähnlich. Wie die meisten anderen war auch Ido vor sein Zelt getreten, um zu sehen, was da los war. Hoch über den Zelten flog ein riesiger schwarzer Schatten. Er schrie. Schrie und lachte. Ein höhnisches Lachen.
»Ried und ich, wir haben uns sofort an die Verfolgung gemacht, doch er musste gleich wieder runter, weil ihn ein Feuerstoß gestreift hatte.«
Nihal riss die Augen auf. Ried war einer der besten Drachenritter im Lager.
»Und dann wurde auch noch Vesa verwundet. Kurzum, wir mussten uns zurückziehen«, kürzte Ido seine Erzählung ab.
»Vesa ist verletzt?«, fragte Nihal erschrocken.
»Tja. Und nicht nur er«, antwortete Ido. Er streifte den Ärmel seines Waffenrocks hinauf und ließ einen Verband sehen.
»Nichts Ernstes. Sagen wir, er hat mich ein wenig angesengt, wie ein Hühnchen«, scherzte er, doch sein Ton klang bitter. »Und nun?«
»Tja, nichts. Wir können doch froh sein, dass er fort ist und uns hoffentlich jetzt in Ruhe lässt. Das siehst du doch auch so, oder?«, sagte Ido und schaute ihr dabei fest in die Augen. Nihal senkte den Blick. Nein, das sah sie keineswegs so. Sie war durch die Hölle gegangen, um es mit diesem verfluchten Hund aufnehmen zu können. Und sie würde ihn stellen, koste es, was es wolle, und wenn sie ihn bis zum Mond verfolgen musste.
Ido schien etwas von ihren Gedanken zu erahnen, denn er seufzte vernehmlich und tauchte fast wütend den Löffel wieder in die Suppe.
»Was ist los?«, fragte Nihal.
»Das müsste ich dich fragen«, antwortete der Gnom abweisend. »Ich dachte, ich hätte mich klar ausgedrückt. Aber jetzt habe ich das Gefühl, dass du deine Haltung gar nicht überdacht hast.« Nihal schob die Schüssel vor ihr zur Seite und lehnte sich zu Ido vor. »Warum geht es dir eigentlich so gegen den Strich, dass ich gegen ihn kämpfe? Sag mir mal den Grund.« Ido bedachte sie mit einem eisigen Blick. »Ich habe dich nicht ausgebildet, damit du dich von diesem Bastard abschlachten lässt, Nihal.« Dann stand er auf und marschierte, ohne sich noch einmal umzudrehen, zum Ausgang.
Zunächst hielt Nihal sich noch vom Kampfgeschehen fern. Sie wollte lieber alleine trainieren und wieder ganz zu Kräften kommen. Sie selbst wunderte sich über ihre Geduld. Ein Jahr zuvor noch hätte sie auf der Stelle ihren Drachen bestiegen und Dolas Verfolgung aufgenommen. Jetzt jedoch wartete sie und schmiedete Rachepläne. Und letztendlich wurde dieses Warten belohnt. Eines Nachmittags traf ein Hauptmann in ihrem Lager ein, der als Kurier der Garnison im Erz-Wald, längs des Saar gelegen, unterwegs war. Wie er berichtete, hatte Dola in diesem Waldgebiet Stellung bezogen, an der Spitze eines imposanten Heeres, das bereits mehrmals die Vorposten der freien Länder im Land des Windes angegriffen hatte.
»Er weiß, dass dieses Gebiet durch die Nähe zum Saar schlecht zu verteidigen ist, und wir fürchten, dass er von dort ins Land des Wassers vorstoßen will«, berichtete der Offizier dem Lagerkommandanten sowie allen Drachenrittern, die sich eingefunden hatten, um seinen Bericht zu hören.
Kaum hatte Nihal den Namen Dola vernommen, da machte ihr Herz einen Sprung. Der richtige Moment schien gekommen.
»Uns bleibt nichts anderes übrig, als unsere Linien beim Erz-Wald kräftig zu verstärken. Wir sollten die Hälfte unserer Verbände dorthin verlegen«, schlug ein Drachenritter vor. »Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist«, antwortete Ido. »Wir dürfen das Gebiet hier nicht zu stark entblößen. Vielleicht will Dola nämlich genau das erreichen. Dass wir unsere Linien hier schwächen, um uns dann anzugreifen.«
Der Hauptmann unterbrach ihn. »Aber wir werden dort unten niedergemacht wie die Fliegen, Ritter. Ich weiß nicht, wie lange wir noch durchhalten können.«
»Was schlägst du denn vor, Ido?«,
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