Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers

Titel: Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
Vom Netzwerk:
Tanbiro.
    »Dring noch tiefer ein, Drachenritter. Schau dir an, was du fühlst, und dring noch tiefer ein ...« Nihal weiß, dass es nicht gut ausgehen wird, sie weiß, was passieren wird. Sie will nicht. Sie sträubt sich. Aufhören! Aufhören! Doch sie kann sich nicht rühren, kann nichts tun, und so schreit sie, brüllt ihn an, mit ihr zu fliehen. Vrasta Anekbter Tanbiro, Vrasta Anekbter Tanbiro, Vrasta Anekbter Tanbiro.
    »Ja, Nihal, gleich bist du so weit!«
    Der Schrei zerreißt die Dunkelheit. Dann Stille. Sie sieht, wie Livon sich zu ihr umdreht: Er blickt sie an, und alles erstarrt. Dreh dich nicht um, Livon! Hau ab! Schau mich nicht an! Da, das Schwert, das ihn durchbohrt, er blickt sie weiter an, blickt sie an wie immer, bricht zusammen, lautlos, und Nihal möchte schreien, aber sie kann nicht, ihre Stimme versagt ... Plötzlich verwandelte sich die Szene in einen Strudel, der sie hinabzog.
    Nihal sah eine Unzahl schreiender Gesichter, schwarz, entstellt, die verzerrt auf sie eindrangen, während ohrenbetäubendes Gelächter ertönte. Für einen Augenblick erlangte sie ihr Bewusstsein wieder, und sie dachte, sie sollte es abbrechen, dieses ganze Grauen, das sie da überwältigte, sei zu viel, sie sollte aufhören. Doch von ganz allein sprach ihre Zunge diese Litanei, und die Worte, die ihr unausgesetzt über die Lippen kamen, lockten neue Dämonen an, die sie umringten, sie an Armen, Beinen und Haaren packten und mitrissen.
    »Zähme sie, zähme sie!«, zischte eine Stimme aus der Ferne.
    Wie denn zähmen? Wie sollte sie das Reich der Toten zähmen? Unzählige Hände an ihr, unzählige Blicke, die in ihre Augen starrten, und ein Hass, der anschwoll wie das Meer bei Flut. Panik hatte sie ergriffen wie noch nie zuvor in ihrem Leben, aber ihre Kehle war zugeschnürt, und sie konnte nicht schreien, sondern nur unablässig diesen verfluchten Singsang murmeln: Vrasta Anekhter Tanhiro, Vrasta Anekhter Tanhiro, Vrasta Anekhter Tanhiro ...
    »Genug! Komm wieder zu dir!«, forderte sie die Stimme auf, die verzerrt zu ihr drang. Wie? Es sollte tatsächlich möglich sein, aus diesem Albtraum herauszufinden? Sie brauchte Hilfe.
    »Schließe die Hand! Beende den Zauber!«, sagte die Stimme.
    Nihal spürte keinen einzigen Körperteil mehr. Wo war ihre Hand? War da eine Hand, die sie hätte schließen können? Sie versuchte, die Panik abzuschütteln, die sie im Griff hatte, aber es wollte ihr nicht gelingen. So weit sie konnte, riss sie die Augen auf, doch die Dunkelheit war undurchdringbar. Dann spürte sie etwas auf ihrer Haut: einen erfrischenden Luftzug, die Berührung zweier Hände auf ihrem Gesicht ...
    Die Gesichter verschwanden, die Finsternis löste sich auf.
    Der Mond in seinem eiskalten Weiß schaute von oben auf sie herab. Megisto hatte sich über sie gebeugt.
    Nihal schaffte es nicht, ihren Atem zu beruhigen, und rang keuchend nach Luft. »Nun bist du wieder unter den Lebenden«, sprach der Greis.
    Lange Zeit blieb Nihal am Boden liegen, während ihr Herz nur langsam wieder zu seinem Rhythmus fand.
    Als es ihr endlich gelang, sich aufzusetzen, keuchte sie immer noch.
    »Jetzt hast du gesehen, was du auf dich nehmen musst«, stellte der Alte sachlich fest. »Morgen Nacht werde ich wieder hier sein, falls du es noch einmal versuchen willst.«
    Nihal nickte, stand auf und entfernte sich ohne ein Wort, mit zitternden Beinen und einem Gefühl der Kälte am ganzen Leib.
    Sie trat zu Oarf, der im Wald auf sie wartete, und legte erschöpft den Kopf an die Brust ihres Drachen.
    Am nächsten Tag dachte Nihal darüber nach, Megisto nicht mehr aufzusuchen. Warum sollte sie sich das noch einmal antun? Es war ohnehin schon schwer genug für sie, mit ihrer Vergangenheit ein normales Leben zu führen. Der Greis hatte recht: Sie war auf der Suche nach ihrem eigenen Weg. Darauf musste sie sich besinnen, nicht auf Dola. Obwohl ...
    Sie allein würde über ein Werkzeug verfügen, um ihn zu besiegen. Und außerdem konnte sie nicht bis in alle Ewigkeit davonlaufen. Nein, dies war der Augenblick, die Rechnung mit der Vergangenheit zu begleichen. Nur Mut!
    So beschloss sie weiterzumachen, wenn auch mit pochendem Herzen. Nichts wünschte sie sich sehnlicher, als Dola zu besiegen, denn mit seiner Niederlage würde sie endlich einen Schlussstrich unter ihre Vergangenheit ziehen können.
    In der zweiten Nacht glaubte sie, sterben zu müssen. Unter den Fratzen, die sie bedrängten, waren auch die wehklagenden Mienen ihrer

Weitere Kostenlose Bücher