Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers
zu beobachten. An diesem Tag wurde er zum Mörder.
Die folgenden Monate standen ganz im Zeichen der Rache. Alle, die den alten König in irgendeiner Weise unterstützt hatten, ließ Moli töten oder einkerkern und weihte so mit Blut das neue Zeitalter ein. Ido hingegen gab sich den Annehmlichkeiten des Lehens hin. Er wurde ein Müßiggänger, der seine Tage am Hof und seine Nächte mit Feiern und Zechen in Gesellschaft schöner Frauen verbrachte, und verlor ganz das Interesse an dem, was jenseits der Grenzen seines Landes geschah. Ihm war es nur noch darum zu tun, jene Krone zu genießen, die ihm sein Vater von klein auf schon immer versprochen hatte. Bis ihn eines Tages Moli zu sich kommen ließ.
»Der Tyrann möchte, dass du dich zu ihm begibst«, sagte er in ernstem Ton.
»Warum das denn?«, schnaubte Ido. »Ich denke überhaupt nicht dran!«
»Vergiss nicht, dass wir in seiner Schuld stehen, Ido. Dein Bruder hat sich bereits bei ihm im Großen Land eingefunden. Und du wirst noch heute aufbrechen«, befahl Moli, und damit beendete er das Gespräch.
Im Großen Land fand Ido einschneidende Veränderungen vor: Dort, wo früher einmal der Palast des Rates stand, war nun ein Turm von unbeschreiblichen Ausmaßen in Bau, ganz aus schwarzem Kristall. Der Tyrann hatte begonnen, seine Feste zu errichten. Im Moment war es nur ein massiver achteckiger Unterbau, nicht mehr als vier Stockwerke hoch, wirkte aber bereits majestätisch und imposant. Die Mauern funkelten düster, die hohen offenen Spitzbogenfenster sahen aus wie die Öffnungen in einem Totenschädel. Zu allen Seiten des Turmes waren Hunderte von Sklaven Tag und Nacht damit beschäftigt, acht weitere kleinere Gebäude zu errichten-. Die Fangarme, die sich in Zukunft begehrlich nach allen acht freien Ländern ausstrecken würden. Dola selbst empfing seinen Bruder und begleitete ihn in den Audienzsaal. Ido erkannte ihn kaum wieder: Dies war nicht mehr der schmächtige, zerbrechlich wirkende Junge, der ihm vertraut war. Er schien erwachsen geworden, zeigte eine unerschrockene Miene und war wie ein Krieger gekleidet.
Auch an diesem Tag verbarg sich der Tyrann wieder hinter einem schweren schwarzen Vorhang. Wie aus dem Jenseits hallte seine Stimme in dem großen Raum wider.
»Es an der Zeit, dass dein Vater seine Schuld begleicht. Von nun an werdet ihr, du und dein Bruder, für mich in den Kampf ziehen«, sprach der Tyrann.
Ido versuchte, etwas tu erwidern, doch der Tyrann unterbrach ihn harsch-. »Dies ist meine Wille. Und auch der deines Vaters, Ido, denn mein Wille und sein Wille sind eins. Vergiss das nie!« So kam es, dass Ido in das Heer des Tyrannen eintrat. Er erhielt eine Rüstung und ein Schwert, in dessen Heft ein Treueschwur auf den Tyrannen eingraviert war. Zu Beginn standen nur wenige Soldaten unter seinem Kommando, denn der Tyrann gebot noch nicht über ein eigenes, mächtiges Heer-. Es waren die alten, von Nammen entthronten Könige, die ihn mit Soldaten und Waffen versorgten.
Ido wurde zur Front im Land der Nacht entsandt, wo er die letzten Feinheiten des Kriegshandwerks erlernte, und mit der Zeit ging ihm der Krieg immer mehr in Fleisch und Blut über. Er liebte den Kampf, liebte den Geruch des Blutes, der abends auf seiner Haut lag, liebte die Furcht, die er unter seinen Feinden verbreitete.
Der Tyrann gab seinem Leben ein Ziel zu töten. Je mehr Männer er tötete, desto gefürchteter war er, und je gefürchteter er war, desto stärker fühlte er sich. Wenn er sich in das Getümmel warf, ruhte sein Schwert nicht eher, bis alle Feinde tot am Boden lagen. Er fürchtete keinen Schmerz, fürchtete nicht den Tod. Nur wenn er kämpfte, fühlte er sieb lebendig.
Nur noch selten kehrte er nach Assa zurück. Das Leben bei Hofe, das er einst so geliebt hatte, widerte ihn nun an. Und sein Vater schien ihm ganz anders, als er ihn gekannt hatte. Er war alt geworden und in Idos Augen nur noch ein gebeugter, kleinmütiger Mann, der sich Tag und Nacht um seine Söhne und sein Königreich sorgte, über das er immer weniger Macht hatte. Wenn Ido ihn aufsuchte, jammerte Moli in einem fort, klagte über die Steuern, die der Tyrann von ihm forderte, über die Soldaten, die er für dessen Heer abzustellen hatten. Immer wieder erklärte er, er spüre den Atem des Tyrannen im Nacken, und flehte Ido an, diesem nicht ohne Gegenwehr das Land des Feuers zu überlassen.
Dola hingegen sah er häufig, und Ido staunte immer wieder darüber, was aus seinem Bruder geworden
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