Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers
ihr rufen hörte. Kurz darauf stand Sennar mit keuchendem Atem vor ihr.
»Wo willst du denn hin?«
»Zu Rais.«
Sennar überlegte einen Moment und sah ihr dann in die Augen.
»Ich komme mit.«
Nihal lächelte. »Ich dachte, du reist nicht gern auf meinem Drachen.«
»Doch, das macht mir sogar Spaß«, antwortete Sennar und stieg mit gespielter Selbstverständlichkeit auf.
26. Rais
Rais lebte im westlichen Teil vom Land des Wassers, einer gebirgigen und menschenleeren Gegend, in der die imposanten Nael-Wasserfälle lagen, und Soanas Worten nach erhob sich das Haus der Zauberin auf einem Felsen hoch über dem Wasser.
Nihal und Sennar flogen über Laodamea hinweg und über die weite Ebene dahinter, dann über den Wald, in dem Megisto tagsüber ein Fels und nur nachts Mensch war, und bewunderten aus der Höhe das Netz der unzähligen Bäche und Flüsse, die das Land des Wassers durchzogen. Nihal trug ihre Rüstung. Sie wusste selbst nicht so genau, warum sie sie angelegt hatte, jedenfalls fühlte sie sich sicherer darin. Sennar hinter ihr hatte die Arme um ihre Taille geschlungen und klammerte sich an ihr fest.
Nihal genoss es, Sennar bei sich zu haben. Wie hart die Wahrheiten, die Rais ihr enthüllen wollte, auch immer sein mochten, sie würde sich dieser nächsten Prüfung nicht allein stellen müssen. Gegen Mittag rasteten sie in einem Dorf und erkundigten sich bei einer jungen Frau mit einem Kind auf dem Arm nach dem Weg.
»Folgt immer weiter dem Fluss, seiner Mündung zu«, antwortete sie, »aber es ist noch sehr weit.« Nihal seufzte. Wie lange würde sie sich denn noch gedulden müssen?
Sie folgten einer der zahlreichen Verästelungen des Saar-Deltas und flogen den ganzen Nachmittag: Bevor der Große Fluss ins Meer mündete, teilte er sich in eine Unzahl von Wasserläufen, mit denen sich andere Flüsschen verbanden, die in der niedrigen Hügellandschaft weiter südlich entsprangen. Der Zweig, an dem sie entlang flogen, zählte zu den größten Flüssen und schlängelte sich friedlich zu ihren Füßen durch das Land.
Als es dunkel wurde, gingen sie an einem Waldesrand in Sichtweite des Flusses nieder und schlugen dort ihr Lager auf. Nihal war übereilt aufgebrochen und hatte nicht bedacht, dass die Reise lang werden könnte. Sennar aber hatte in dem Dorf, in dem sie sich nach dem Weg erkundigt hatten, ein wenig Proviant besorgt und bereitete zum Abendessen Fleisch auf dem Lagerfeuer zu.
»Als Reisegefährtin bist du die reinste Katastrophe«, nahm Sennar sie auf den Arm. »Hätte ich nicht vorgesorgt, müssten wir jetzt Eicheln fressen wie die Wildschweine.«
Nihal fühlte sich wohl am Lagerfeuer, in seiner Gegenwart. Sie biss in ein Stück Fleisch, und es schmeckte ihr genauso köstlich wie damals vor Jahren, als sie voller Angst im Bannwald gesessen und ihre Prüfung zu bestehen hatte, Sennar ihr Essen gebracht und die ganze Nacht bei ihr gewacht hatte.
»Erinnerst du dich noch an den Abend damals im Wald, kurz nachdem wir uns kennengelernt hatten?«, fragte Nihal.
»Wie könnte ich den vergessen! Auch damals habe ich dich vor dem Verhungern bewahrt. Ach, wenn du mich nicht hättest!«, seufzte er.
Nihal lachte. »Tja, wie hab ich überhaupt überleben können, als du fort warst ... Du hast mir damals von deinem Leben erzählt, weißt du noch?« Nihal griff zu meinem weiteren Stück Fleisch. »Manchmal denke ich, ich würde auch gerne so lange Reisen unternehmen, wie du es getan hast. Wie oft hab ich schon überlegt, wie schön es wäre, einfach davonfliegen zu können...«
»Ach, so schön ist das Reisen auch wieder nicht«, antwortete Sennar. »Häufig fühlt man sich allein und verlassen und wünscht sich, niemals aufgebrochen zu sein. Das Unbekannte ist sehr viel faszinierender, solange man es sich nur vorstellt. Ich jedenfalls fühle mich wohler in meiner gewohnten Umgebung, wenn ich jeden Tag meine Arbeit tun kann.«
Nihal zuckte die Achseln. »Ich fühle mich im Grunde nirgendwo so richtig zu Hause. Ich weiß auch gar nicht mehr, wozu ich kämpfe ... Weißt du eigentlich genau, was du willst, Sennar?« »Wer weiß das schon? Ich glaube an das, was ich tue, und für den Moment reicht mir das. Aber jetzt genug herumphilosophiert. Morgen haben wir noch ein gutes Stück Wegs vor uns, und wir sollten jetzt lieber schlafen. Lass dir das von einem erfahrenen Weltenbummler sagen.« Nihal stand auf, entfernte sich ein Stück vom Feuer und setzte sich dann wieder, mit dem Schwert an der Seite und
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