Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers
ihm überhaupt gelänge. Aber was für ein Leben erwartete ihn dann? Ein ewiges Umherziehen von einem Ort zum anderen, in ständiger Angst und dem beklemmenden Gefühl, verfolgt zu werden.
In den paar Wochen, die er jetzt im Hauptlager zugebracht hatte, war ihm klar geworden, dass sein Wunsch, Knappe zu werden, keine bloße Laune gewesen war. Diese Arbeit machte ihm Spaß. Im Umgang mit Waffen besaß er kein Talent, umso mehr aber darin, sich um andere zu kümmern. Als Krieger würde er niemandem nützen, aber er konnte seinen Teil zum Sturz des Tyrannen beitragen, indem er den Kriegern zur Seite stand. Was sollte daran unehrenhaft sein? Er betrachtete das Schwert, das ihn in den Monaten seines Vagabundenlebens immer begleitet hatte und nun in einer Ecke lag. Er sah sich die Klinge genauer an. Sie war stumpf und begann, Rost anzusetzen. Mit Hingabe hatte er Idos Schwert auf Hochglanz gebracht, sich um sein eigenes aber nie gern gekümmert. Nun aber würde er es wieder zur Hand nehmen müssen. In einer plötzlichen Eingebung sah er sein künftiges Leben vor sich. Ein kurzes Leben. In der ersten Schlacht gefallen, bei der Erledigung irgendeines Auftrags. Das sinnlose Ende eines sinnlosen Lebens. Etwas regte sich ihn ihm. Nein, so weit wird es nicht kommen. In den zurückliegenden Monaten hatte er erkannt, dass er eine Wahl hatte. Er konnte sich auch anders entscheiden.
Und das tat er. Er würde nicht klein beigeben, sondern das verteidigen, was er für sich selbst erobert hatte. Dieses Mal würde er nicht davonlaufen - koste es, was es wolle. Als Nihal am nächsten Morgen Laios Unterkunft betrat, erstarrte sie: Ihr Freund war dabei, seine Habe zusammenzupacken.
»Keine Angst, ich hab nicht vor, mich meinem Vater zu fügen«, versicherte er ihr sofort. »Ich bin zwar noch kein richtiger Mann, aber auch kein kleiner Junge mehr. Und ich will Knappe werden. Das heißt, ich werde ihn aufsuchen und ihm meine Gründe erläutern.«
Nihal lächelte. »Und wie willst du das anstellen?«, fragte sie, während sie ihm dabei zusah, wie er seine Sachen auf der Pritsche zusammenlegte.
»Ganz einfach: Ich mache mich auf den Weg, gehe zu ihm und sage ihm, was ich denke.« »Ich meinte die Reise.«
Laio hielt in seinem Tun inne und legte die Stirn in Falten. »Ich muss ins Land des Wassers. Mit einem guten Pferd sollte ich nicht länger als zwei Wochen brauchen.«
Nihal schüttelte den Kopf. »Hast du denn unsere gemütliche Nacht im Land des Meeres schon vergessen? Dein Weg führt dich an der Grenze entlang. Und die ist unsicher.« »Dann werde ich eben gut auf mich aufpassen«, antwortete Laio.
»Du brauchst jemanden, der dich begleitet. Ich werd mit Nelgar drüber reden«, versetzte Nihal knapp und strebte mit großen Schritten zur Tür.
Als sie dem Lagerkommandanten in dessen Räumen gegenüberstand, bat sie jedoch nicht um den Schutz irgendeines Soldaten für ihren Freund, sondern um ein paar freie Tage, um ihn selbst begleiten zu können.
»Darüber habe ich nicht zu entscheiden«, gab ihr Nelgar zur Antwort. »Zurzeit bist du noch Idos Schülerin. Wenn er einverstanden ist, habe auch ich nichts dagegen einzuwenden.« Nihal seufzte. Genau das hatte sie verhindern wollen.
»Ich dachte, ich hätte mich klar und deutlich ausgedrückt«, antwortete Ido auf ihre Bitte. »Es ist nicht so, wie du denkst.«
»Nein, natürlich nicht.« Ido steckte sich die Pfeife in den Mund. »Du tust deinem Freund keinen Gefallen, Nihal. Laio muss sich allein durchschlagen, andernfalls wird er nie zum Mann werden. Und du bist weder seine Mutter noch seine Schwester.«
»Die Reise ist gefährlich. Darin sind wir uns doch wenigstens einig, oder?«
Ido nickte, wenn auch widerwillig.
»Das heißt, es muss ihn jemand begleiten. Warum also sollte nicht ich das übernehmen? Schließlich kann ich auf mich aufpassen, das habe ich doch wohl schon oft genug bewiesen.« Ido verdrehte die Augen zum Himmel.
Und Nihal verlor die Geduld. »Zugegeben, ich bin nicht so stark wie du. Aber ich kann auch nicht, so wie du, einen Menschen, an dem mir liegt, einfach so ziehen lassen, in der Hoffnung, dass er schon alleine die richtigen Entscheidungen treffen wird. Bereits zu viele, die ich liebte, habe ich weggehen lassen.« Sie dachte an Sennar, ganz allein irgendwo auf hoher See. Dann schüttelte sie den Kopf. »Ich begleite Laio ja nicht, um für ihn die Probleme mit seinem Vater zu lösen. Ich will nur bei ihm sein, denn genau das würde ich mir in seiner
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