Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers
angebaut.
Mit offenem Mund wanderte Sennar umher und wurde des Schauens nicht müde. Über ihm konnte er die Reflexe der Sonnenstrahlen auf dem Wasser erkennen. Obwohl sie unendlich weit entfernt schienen, war es unter Wasser keineswegs kalt, im Gegenteil umfing Sennar eine angenehme Wärme, in die sich eine stetige frische Brise mischte, die von den Belüftungsröhren einströmte.
So streifte er ziellos durch diese wundersame Welt, während nun allmählich hier und dort Leute aus ihren Häusern traten, um sich zur Feldarbeit zu begeben. Ganz eingenommen von der Schönheit der Landschaft, merkte Sennar nicht, dass er beobachtet wurde.
Als eine tönende Stimme hinter ihm »Halt, Fremder« rief, fuhr er erschrocken herum und hatte dabei das unangenehme Gefühl, aus einem schönen Traum zu erwachen.
Der Magier blieb stehen. Ein Mann, mit einer langen Lanze und einem leichten Brustpanzer bewehrt, kam auf ihn zugerannt und setzte ihm sogleich die Lanzenspitze an die Kehle. »Wer bist du?«, fragte er mit drohender Stimme.
Im Nu hatte sich eine kleine Menschenmenge um sie versammelt.
»Ich bin ein Gesandter der Aufgetauchten Welt«, antwortete Sennar ruhig.
Aus der Menge erhob sich unverständliches Gemurmel, und eine junge Frau trat vor. Sie war erregt. »Also doch! Ich hab's ja nicht glauben wollen, aber jetzt ...«
»Wovon sprichst du?«, fragte die Wache.
»Von meinem Sohn. Er erzählte mir, eine Spielkameradin von ihm, Anfitris heißt sie, habe einen von oben gefunden. Natürlich glaubte ich, sie hätten sich das ausgedacht.«
Das Gemurmel wurde lauter, und die Miene des Wachsoldaten noch strenger: »Holt mir das Mädchen herbei.«
Anfitris mochte so um die sechs Jahre alt sein. Sie trug das Haar zu zwei hellen Zöpfen geflochten und wirkte sehr verängstigt.
»Hast du diesen Mann schon mal gesehen?«, fragte sie der Soldat.
»Ja, aber da war er tot«, wimmerte sie, während ihr zwei dicke Tränen über die Wangen liefen. »Wo war das?«, setzte die Wache das Verhör fort.
»Unter dem Krater. Wir haben da gespielt. Plötzlich haben wir einen Schlag gehört, und da sind wir hingelaufen, um zu sehen, was da ist«, erzählte sie schluchzend.
Mit düsterem, unheilvollem Blick wandte sich der Soldat wieder Sennar zu.
»So bist du also tatsächlich einer von diesen Schurken. Und wir dachten, mit euch seien wir längst für immer fertig.« Er pikste ihn mit der Lanze, um ihn vorwärtszutreiben.
»Warte«, rief Sennar. »Es geht um eine Friedensmission. Ich muss dringend jemanden sprechen, der ...«
»Schweig! Der Graf wird über dein Schicksal entscheiden.«
Sennar ließ nichts unversucht, um den Soldaten umzustimmen. Er erklärte, wurde lauter, zeigte ihm das Medaillon, das seine Zugehörigkeit zum Rat der Magier bezeugte, erreichte damit aber nur, dass der Mann die Geduld verlor. Und so gab er irgendwann seinen Widerstand auf. Die Wache brachte ihn in ein niedriges Gebäude, schloss ihn in einer Zelle ein und verschwand. Kurz darauf tauchte die Wache in Begleitung eines alten Mannes von strengem Gebaren wieder auf.
»Hier hinüber, hochwürdiger Deliah«, erklärte die Wache wiederholt in unterwürfigem Ton. Der Greis ging gebeugt, das faltige Gesicht zu Boden gerichtet, während seine überlangen weißen Haare über sein blaues Gewand bis auf den Fußboden fielen, wo sie wie ein Putzlappen entlang fegten. Mit seiner knotigen Hand umfasste er einen Stock aus rauem Holz, an dessen Ende sich eine große, türkisfarbene Kugel befand. Auf diesen Stock gestützt, schleppte sich der Greis langsam näher, bis er direkt vor dem Gefangenen stand.
Sennar streckte seine rechte Hand aus. »Seid gegrüßt, edler Graf – nehme ich an.« Anstelle einer Antwort packte der Greis Sennars Kinn und betrachtete prüfend sein Gesicht, indem er es in alle Richtungen drehte.
»Ja, das ist einer von ihnen«, erklärte er dann mit tiefer Stimme.
»Das hab ich sofort gesehen«, murmelte die Wache triumphierend.
»Ich bitte Euch, hört mich an, Graf«, versuchte Sennar, sich Gehör zu verschaffen. »Ich bin ein Gesandter der Aufgetauchten Welt und ...«
Der Wachsoldat ließ ihn nicht zu Ende sprechen. Mit voller Wucht versetzte er ihm einen Faustschlag in den Magen. Sennar krümmte sich und ging röchelnd zu Boden. Im nächsten Augenblick schon war der Mann über ihm, steckte ihm etwas in den Mund und drehte ihm flink die Arme auf den Rücken.
Nun trat der Greis wieder näher heran, legte Sennar den Knauf seines Stocks auf
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