Die Drachenkrone ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
Zweifel, dass es so kommen würde. Teravio ist brillant, schließlich ist er mein Schüler«, fügte er unbescheiden hinzu. »Außerdem wurde ich zum Sprecher des Rates bestimmt«, sagte der Magier und tippte sich an die Brust.
Brigida riss ehrfürchtig die Augen auf. »Dann sind wir nun die wichtigste Familie der Stadt. Wir werden in den prächtigen Säulenbau am Fuß des Hügels ziehen und Gäste aus fernen Ländern bewirten«, sagte sie träumerisch. Plötzlich richtete sie sich kerzengerade auf.
»Ich brauche neue Kleider! Bei einem so wichtigen Vater und Gatten kann ich nicht in diesen altmodischen Gewändern herumlaufen. Teravio muss mir Seide kaufen, sobald die Schiffe in den Hafen eingelaufen sind.«
Der alte Magier schmunzelte. »Ich habe keine Zweifel darüber gehegt, dass du die Goldstücke deines Gatten wohl zu verwenden weißt, doch von welchen Schiffen sprichst du, mein Kind?«
Brigida deutete in die Ferne, wo sich am Horizont nun deutlich fünf Segel abzeichneten. Inthans Blick folgte ihrem Finger. Einige Augenblicke sah er zu den Schiffen hinaus, die mit prall gefüllten Segeln Kurs auf die Magierstadt nahmen. Eine seltsame Erregung erfasste den alten Mann. Er setzte Mica ins Gras, erhob sich und kramte aus seinem Beutel einen wasserklaren, zu einer Linse geschliffenen Edelstein hervor. Als er den Kristall ins Auge klemmte, waren die Schiffe plötzlich zum Greifen nah. Kein Detail blieb ihm verborgen.
Nein, es war nicht Kapitän Svenderlog, der auf dem Flaggschiff neben dem Steuer stand. Es waren überhaupt keine Handelsschiffe, die dort in strenger Formation durch dietiefe See pflügten. Ungläubig ließ Inthan den Blick über bewaffnete Männer in Kettenhemden schweifen, über Katapulte und Kanonen. Statt Seide und Gold schwamm dort eine Armee auf die Stadt zu! Dabei wusste jeder, dass es sinnlos war, Xanomee anzugreifen. Nicht nur Mauern und Türme schirmten die weiße Stadt ab. Die Hochburg der Magie stand noch unter ganz anderem Schutz und war noch nie im Laufe ihrer tausendjährigen Geschichte eingenommen worden.
»Vater, was ist denn?«, drängte Brigida, der der entsetzte Gesichtsausdruck nicht entging, doch der alte Magier antwortete nicht.
Wieder blickte Inthan durch den Kristall und ließ den Blick am Mast des führenden Schiffs hinaufschweifen. Rot und schwarz flatterte das Wappen von Tomord im Fahrtwind. Ein seltsam flaues Gefühl breitete sich in seinem Magen aus. Viele Gerüchte waren ihm schon über den Meister der schwarzen Magie zu Ohren gekommen, und wenn nur die Hälfte davon der Wahrheit entsprach, dann stellte sich der Stadt ein Feind entgegen, der nicht dumm war. Der Magier, der dort zufrieden lächelnd neben dem Steuer stand, war schlau, gerissen und sehr machtgierig. Lange war es her, dass Inthan ihm zum letzten Mal begegnet war. Vor vielen Jahren war er aus der Akademie ausgeschlossen und der Stadt verwiesen worden, und nun, so schien es, kehrte er zurück, um die Schmach, die man ihm angetan hatte, zu rächen.
Inthan beobachtete ihn durch die Linse. Es war ihm als könne er den Magier von Tomord zufrieden kichern hören. Was in aller Welt hatte er vor? Wie konnte er sich nur einbilden, einen mächtigeren Zauber zu beherrschen als all die Magier der Akademie zusammen? Ratlos schüttelte Inthan den Kopf. Er hörte, wie unten in der Stadt die Sturmglocken zu läuten begannen. Die Tore wurden geschlossen, und Geharnischte eilten auf die Brustwehr.
»O Vater, seht nur, ist das ein Drache?«, rief Brigida plötzlich aus, als sich ein geschmeidiger Körper mit ledernen Schwingen aus der hellen Sonnenscheibe löste.
Der Magier richtete das Augenglas auf das fliegende Wesen. Prächtig glänzte sein goldener Körper im Sonnenlicht. Inthan konnte den riesigen Kopf, die scharfen Klauen, den langen Schwanz und die fast durchscheinenden Flügel sehen. Dahinter tauchten ein silberner Drache und dann ein kupferfarbener auf. Ein tiefer Friede breitete sich in seinem Herzen aus. Es gab keine edleren Wesen in den Ländern um das Thyrinnische Meer als die metallglänzenden Drachen. Gut und weise sorgten sie dafür, dass die Welt nicht aus den Fugen geriet. Niemals würden sie sich für einen nicht gerechtfertigten Angriff missbrauchen lassen. Inthan wollte gerade den Kristall vom Auge nehmen, als sich die Sonne verdüsterte. Erst konnte er nur einige Flecken vor dem gleißenden Gestirn erahnen, doch dann hoben sich die riesigen Echsen deutlich vom blauen Himmel ab. Der Kristall fiel
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