Die Drachenlanze (Die Saga von den drei Königreichen) (German Edition)
Ha’il sagte: „Links. Immer links, dann geht man in einem Labyrinth nicht verloren.“ An’luin mochte den Gedanken nicht, dass sie in einem Labyrinth waren, aber er schwieg lieber, um nicht als Feigling dazustehen. Der Gang, den sie betraten, stieg leicht an. An’luin hätte nicht sagen können, wie weit sie mittlerweile gegangen waren. Sie gingen den Gang weiter, so weit, dass An’luin das Gefühl hatte, sie müssten mittlerweile schon hinter der Burg wieder herauskommen. Dann blieb Bran vor ihm abrupt stehen. Als An’luin vor seinen großen Gefährten trat, stockte ihm der Atem. Sie waren in einer Höhle angekommen, von der aus viele Gänge in die verschiedensten Richtungen abzweigten.
„Das habe ich befürchtet“, kommentierte Ha’il. „Gehen wir doch einfach wieder links“, schlug An‘luin vor. Der Truc hsess schüttelte den Kopf. „Wir haben keine Zeit uns durch dieses Labyrinth mit Logik zu kämpfen.“ Bran schaute verzweifelt in alle Richtungen. Er zählte acht verschiedene Gänge.
„Ich hasse es, dies zu sagen“, erklärte Ha’il, „aber wir müssen uns auf unser Gefühl verlassen. An’luin, such dir einen Weg aus. Ich habe gehört, du wirst bei den Norr als Glücksbringer anges ehen.“
An’luin schluckte. Dann steuerte er auf einen der dunklen Gänge zu.
69. Stilja
r schloss die Tür, schlich sich um die Ecke des Hauses und blickte sich um, um zu prüfen, dass ihn niemand beobachtete. Dann ging Ketill, König der Wolfinger, den kleinen Trampelpfad hinter der Hütte zum Wald hoch, um der Dienstmagd zu folgen. Alle anderen waren beschäftigt, abgelenkt oder gar nicht da. Es war geradezu ein Wunder, dass der kleine Bjarhi nicht an seiner Hose klebte, um ihn zum Spielen zu bewegen. Aber Stikle hatte sich bereitschlagen lassen, den Kleinen abzulenken, während Ketill ungestört ein Wort mit „Stilja“ wechseln wollte. Er war sich hundertprozentig sicher. Sie musste Linja sein, auch wenn er keine Erklärung dafür hatte, wie sie auf einmal hierher, nach Birkesund gekommen war.
Der Weg wurde steiler und als er zweimal hintereinander auf dem glatten Eis ausrutschte, fluchte er. Dort am Waldrand wollte er sie abfangen, wenn sie zurückkam vom Beerensammeln im Wald. Es war seltsam, aber er hatte auch nicht viel Besseres vor und als er die dicke Luft der Hütte hinter sich gelassen hatte, genoss er den freien Blick über die Stadt. Birkesund war wahrlich imposant mit seinen braunen Holzhäusern, aus deren Schornsteinen nach Misteln und Haselnuss duftender Rauch aufstieg.
Die Hochzeit mit Sveia war vor vier Tagen in der königlichen Halle Gunnars verkündet worden und die anwesenden Menschen hatten gejubelt und gegrölt. Er war von allen Birkesundern bisher als willkommener Gast begrüßt worden und niemals hatte er das Gefühl gehabt ein Feind oder Eindringling zu sein. Und Sveia blickte ihn in letzter Zeit mit einem Grinsen an, das ihre weißen Zähne entblößte und ihn wünschen ließ, sie wären schon verheiratet. Auf dem Kamm angekommen setzte Ketill sich auf eine Holzbank. Hinter dem Hügel, den er gerade bestiegen hatte, hatte er einen Blick auf die mit weißem Schnee bedeckten Gebirge, die sich über das ganze Hinterland erstreckten. Es war Land, das schwer zu bewirtschaften war und so suchten die Drakinger, genau wie sein Volk, ihr Glück in fernen Ländern.
Ein dunkler Punkt bewegte sich zwischen den weißen Hügelkuppen in seine Richtung. Er hoffte, dass dies „Linja“ war, die nun genug Beeren gesammelt hatte. Ketill spürte die Kälte nicht, die sich langsam in seinem Körper ausbreitete, während er unbeweglich auf die Gestalt wartete, die auf ihn zukam. Als sie sich in die Gesichter schauen konnten, lachte „Stilja“ auf. Sie ging weiter auf ihn zu und blieb vor ihm stehen.
„Wünscht der König von Ulhala ein Wort mit einer einfachen Magd?“
Ketill war wütend und froh zugleich. „Linja, was machst du hier? Und was soll dieses Versteckspiel?“
„Darüber wollte ich mit Euch sprechen, Ketill. Deswegen bin ich zum Beerensammeln hinausgegangen und habe den anderen Schlaftee zubereitet.“
„Du hast was?“
„Nun, ich wusste, dass Ihr vermutlich mit mir sprechen wollt. So habe ich ein paar Kräuter in den Tee gemacht, damit keiner es seltsam findet, wenn Ihr die Hütte verlasst.“
„Aber werden sie es nicht seltsam finden, wenn sie alle schlafen?“
Linja lachte. „Keine Sorge, ihre Aufmerksamkeit ist nur etwas getrübt, sie schlafen nicht.“
Ketill
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