Die Drachenlanze (Die Saga von den drei Königreichen) (German Edition)
lieber reden hörten, als darüber nachzudenken, was richtig war. Außerdem war es eine objektive Feststellung.
Bevor sein Vater gestorben war, hatte er nicht wirklich Grund gehabt diesen Turm aufzusuchen, Hochkönig Sigurd hatte es ihm sogar verboten. Aber spätestens nachdem er aus dem Konvent en tlassen worden war, hatte er mit dem Gedanken gespielt, seine Mutter aufzusuchen. Seine Mutter, die seit fünfzehn Jahren in diesem Turm lebte.
„Es ist nicht leicht sich mit etwas Schmerzhaftem auseinanderzusetzen.“
Sab war im Grunde ein freundlicher Mann, anders als er es von den Südländern erwartet hätte, aber er wusste in den meisten Fällen das Richtige zu sagen und verfügte dabei über ein ausgesprochen ausgeprägtes Feingefühl. Aber diesmal hätte Gareth es lieber gehabt, wenn er nichts gesagt hätte, auch, oder gerade weil, es stimmte, was er sagte.
Gareth, König von Sath, hatte furchtbare Angst seine Mutter zu sehen.
Die Gerüchte besagten, dass sie wahnsinnig sei. In den genaueren Beschreibungen unterschieden sich die Äußerungen der Menschen, die er förmlich dazu zwingen musste, ihm zu erzählen, was sie gehört hatten. Einem Knecht aus dem Pferdestall hatte er nur unter Androhung von Peitschenhieben entlocken können, dass man sich erzählte, sie würde Stroh essen und den ganzen Tag im Wahn vor sich hin lachen. Seinem Berater Edmund hatte er entlocken können, dass sie nicht bei Sinnen sei, was sich darin äußere, dass man nicht mit ihr sprechen könne.
Nur Derek war frei mit seinem Wissen umgegangen. Er war überaus freundlich zu Gareth gewesen, nachdem dieser erfolgreich von seinem Feldzug heimgekehrt war und hatte ihm seine Freundschaft in warmen Worten zugesichert. Und auf Anfrage hatte er ein paar unschöne Details aus dem Leben der Suriah Baith verlauten lassen: Sie sei schwachsinnig, esse ihren eigenen Kot und habe Wutausbrüche. Keiner könne sich ihr nähern, ohne beschimpft, bespuckt und angegriffen zu werden.
„Nun gut.“ Gareth gab sich einen Ruck und betrat mit seinem Gefährten und neu ernannten Berater den Turm. Drinnen wartete ein junger Diener, der den König höflich begrüßte und ihm einen anderen Mann vorstellte, der ihn hinauf in den Turm begleiten sollte: Reul Rath, Bibliothekar, Historiker und Hofdiener. Gareth hatte den Mann herkommen lassen, weil er gehört hatte, dass dieser von den damaligen Ereignissen am besten Kenntnis hatte. Er hatte nie erfahren, warum seine Mutter in diesen Turm gebracht worden war, sein Vater hatte das Thema gemieden.
Vor ihm stand nun ein feister, kleinerer Mann mit einem freundlichen Gesicht und langen, nach hinten gekämmten Haaren, der in den förmlichen Umhang der Hofdiener gekleidet war und um se ine Brust ein Bronzemedaillon trug, als Zeichen seines Status. Reul verbeugte sich und streckte seine Hand gleichzeitig nach seinem Herrscher aus, nannte dann seinen Namen und blickte den König mit einem breiten Lächeln an.
„Eure Majestät, welche Freude Euch endlich selbst sprechen zu dürfen und welch noch größere Freude Euch vielleicht demutsvoll zu Diensten sein zu können. “
Gareth lächelte. Er hatte es in seiner Position viel mit Menschen zu tun, die ihm mit geschwollenen Worten begegneten und sich äußerlich durchaus demütig verhielten, aber bei diesem hier hatte er in der Tat das Gefühl, dass er es ernst meinte. Als könne Reul Gedanken lesen, erklärte dieser:
„Die Familie der Rath hatte eine lange Tradition als Diener am Hofe der Sath und es gibt sogar G erüchte, die ich allerdings als Historiker definitiv nicht mit Schriften belegen kann, die besagen, dass einer meiner Vorfahren mit einem Eurer Vorfahren per Schiff auf diese Insel übergesetzt hat und unsere Urahnen Seite an Seite gegen die Ca’el gekämpft haben.“
„Es freut mich auch, Euch endlich kennenzulernen, Meister Rath“, grüßte Gareth zurück, nur um sofort unterbrochen zu werden. „Oh, nein, Majestät. Bitte, nennt mich Meister Reul.“
„Ja, äh, Meister Reul. Dies ist mein persönlicher Berater, Sab aus Syrah.“
Reul zog die Augenbrauen hoch. „Ich hörte schon von Euch, Herr Sab. Ihr seid auch ein Adept der Kirche des Mondes, nehme ich an?“ Als Sab nicht sofort antwortete, räusperte sich Reul. „Es tut mir Leid, es tut mir Leid. Ich plappere zu viel. Nichts gegen Eure Kirche, wirklich. Ich bin immer für offene Worte. Das hat wohl auch einen Aufstieg in höhere Ämter verhindert, wenn ich das so sagen darf. Aber hier war ich
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