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Die Drachenlanze (Die Saga von den drei Königreichen) (German Edition)

Die Drachenlanze (Die Saga von den drei Königreichen) (German Edition)

Titel: Die Drachenlanze (Die Saga von den drei Königreichen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konstantin Josuttis
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scheues Wesen, zu den Behausungen der Menschen gekommen war. Haldisla, die Frau des Jarls erkannte das Tuch und schrie auf. Da trottete der Wolf aus dem Tal fort und einige der verbliebenen Männer folgten ihm, bis sie an die Stelle kamen, an der Thundsten lag, der immer noch sehr schwach war. Der Wolf lief davon und als die Männer Thundsten in ihre Mitte nahmen und ihn davontrugen, stolperten sie über einen Ast, was zur Folge hatte, dass sich neben ihnen ein großes Loch im Schnee auftat. Die Männer hatten Tierfallen aufgestellt, Erdlöcher, die durch Laub abgedeckt wurden und an deren Boden Holzpflöcke waren, so dass die Tiere, die in diese Fallen fielen, getötet wurden. Eine solche Falle, die sie völlig vergessen hatten, hatten sie gerade zufällig entdeckt und am Boden dieser Falle lag ein totes Rentier, gekühlt durch den nordischen Winter. Sie nahmen das Rentier mit und das Dorf kam über den schweren Winter.
    Thundsten aber ging immer wieder zu der Stelle, an der er gelegen hatte – im Frühjahr sah er, dass es dieselbe Stelle war, an der er und seine Männer zuvor ein Lagerfeuer gemacht hatten. Er legte dem Wolf bei vollem Mond ein Stück Fleisch hin. Im Laufe der Jahre gelang es ihm so, den Wolf zu zähmen, was dieser, wie auch Thundsten, den nachfolgenden Generationen weitergab. So wurden die Wölfe des Skjelltals zu abgerichteten Boten.
    Ketill erhob sein Horn und stieß zunächst mit Eyvind, dann mit Eirik an, als das Julspiel beendet war. Wo Linja war wusste er nicht, sie hatte so viele Freunde und Bekannte im Ort, dass sie siche rlich irgendwo in der Menge stand und den anderen ein frohes neues Jahr wünschte.
    Das letzte Jahr, so sinnierte Ketill, hatte nicht so gut begonnen. Jarl Starkir war getötet worden und die Leute im Dreischafetal mussten ihre Heimat verlassen. Ketill erinnerte sich daran, wie er dann in Mal Kallin davon erfahren hatte, dass sein Onkel von Thorgnyr getötet worden war. Hoffentlich verlief dieses Jahr besser als das letzte.
    Aber Ketill erinnerte sich auch an den Kuss, den er Cathyll während des Julfestes gegeben hatte. Wie verliebt sie gew esen waren. Aber das war mittlerweile nur noch eine Erinnerung. Er seufzte und ließ sich mit dem Strom der Leute in die Festhalle führen.
    In der Mitte der Halle stand ein langgezogener Tisch, an dessen Ende Thorstein auf einem Hochsitz saß. Zu seiner Linken saß, zu Ketills Überraschung, Linja, deren Wangen noch von der Kälte draußen gerötet waren. Thorstein winkte die Gruppe der Gäste zu sich und bat Ketill, Eyvind und Eirik direkt an seiner Seite Platz zu nehmen.
    „Was für ein besonderes Julfest für uns. Wir haben den König der Wolfinger bei uns und den Skalden von Lokar. Wahrlich, diese Julfeier wird in die Geschichte des Skjelltals eingehen.“
    Mit diesen Worten erhob Thorstein sein Horn und leerte es in einem Zug. Ketill wusste, dass er nun sein vor ihm st ehendes Horn in ebenfalls einem Zug ausleeren musste. Damit er nicht zu schnell seine Sinne verlieren würde, stieß er den neben ihm sitzenden Eyvind an und flüsterte ihm zu: „Schnell, spiele etwas.“ Ketills Aufforderung war unnötig, denn auch Thorstein forderte den Skalden auf seine Künste darzubieten.
    Eyvind zupfte ein wenig an seiner Harfe und stimmte dann ein langsames und kurzes Gedicht an:

    „Vergessen ist
    was wir gestern gesehen,
    auch wenn wir es wichtig wähnten.
    Der Zahn der Zeit nagt
    an allen.
    Um zu vergessen
    f ühren wir Kriege und kämpfen,
    doch umsonst.“

    Thorstein legte seinen Kopf auf einen Arm und blickte auf einen unbestimmten Punkt in der Ferne. Nach einer Weile schien er sich zu besinnen und drehte sich zu Eyvind um. „Wohl gesprochen, Skalde. Ich wünschte, ich könnte Euch mit Armreifen aus Silber überhäufen, aber wir haben hier bei uns nicht viele Reichtümer. So kann ich nur meine Gastfreun dschaft und meinen Met anbieten.“
    Eyvind stand auf und verbeugte sich. „Das ist mehr als genug, Thorstein, Jarl des Skjelltals. Eure Gastfreundschaft zählt mehr als alles Silber.“
    Da lachte Thorstein wieder und hieß seine Männer an weiter zu reden. Nachdem ein weiteres Horn zu Ehren der Dichtkunst geleert wurde, beugte sich Thorstein zu Ketill hinab und sagte in gedämp ften Ton: „Ich habe mit Snöbe gesprochen. Bis auf einen sind alle Wölfe, die er ausgesandt hatte, zurückgekehrt. Wir könnten in ein paar Tagen zum Treffpunkt aufbrechen.“
    Ketills Herz klopfte schneller. Obwohl er gerne hier im Skjelltal gewesen

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