Die Drachenlanze (Die Saga von den drei Königreichen) (German Edition)
Cyril blickte sich um, aber ein Entkommen war zwecklos, zu entschlossen waren die Schritte ihrer Mutter. Noch bevor sie etwas sagen konnte, rief Lady Eleanor ihr über den Hof zu: „Kind, komm schnell, komm.“
Cyril verdrehte die Augen. Kein Wunder, dass all die Hofdamen, Madame du Arvenie oder Mad ame Plassard hinter ihrem Rücken tuschelten. Ihre Mutter war einfach zu peinlich. Vielleicht hatte der Herzog schon von der bevorstehenden Hochzeit gehört und wollte ihr gratulieren.
Lady Eleanor war jetzt bei ihr angelangt und fasste Cyril am Arm. „Komm, Kind. Du musst zum Herzog, schnell.“ „G uten Tag, Mutter. Es freut mich auch dich zu sehen.“
„Keine Zeit für deine bissigen Kommentare. Es gibt eine Depesche aus Ankilan, du musst zum He rzog. Irgendetwas ist passiert, aber er wollte mir nicht sagen was.“
Cyrils Herz klopfte schneller. War die Nachricht von Cathylls Tod eingetroffen? Aber warum wurde sie dann so dri ngend zum Herzog gerufen? Und warum erzählte man ihrer Mutter nichts? Während sie noch zum Palast schritt, fragte sie sich, ob man herausbekommen hatte, dass Cathyll vergiftet worden war. Aber das war unmöglich. Die Frau, von der sie das Gift bekommen hatte, hatte ihr versichert, dass man es im Rosenwasser nicht nachweisen konnte. Sie hob ihre Röcke und rauschte die Treppen hinauf. Im Versammlungsaal sah sie den Herzog mit Colbert Frunois und weiteren formal gekleideten Männern stehen. Colbert war von langer dünner Gestalt. Er trug rote Pluderhosen und ein enganliegendes schwarzes Hemd dazu. Seine kurzen schwarzen Haare und sein dünner Spitzbart gaben ihm ein absurdes Aussehen, wie Cyril fand, doch der Herzog schien große Stücke auf ihn zu halten. Es hatte bisher keine Besprechung gegeben, an der dieser Frunois nicht teilgenommen hatte. Als der Herzog Cyril mit einer Handbewegung zu sich kommen ließ, sah sie, dass selbst die Herzogin in der Mitte der kleinen Ansammlung stand. Das gefiel ihr gar nicht. Die Wartenden schauten sie mit abschätzigen Blicken an. Der Herzog schien kurz zu überlegen, während sie vor ihm einen Knicks machte, dann sagte er: „Ich möchte erst mit ihr alleine sprechen.“ Frunois schnaubte. Zur Antwort sagte der Herzog: „Ich will ihr die Chance geben, sich zu erklären.“
Nun bekam Cyril es mit der Angst zu tun. Offensichtlich war ihre Mordabsicht aufgeflogen. Sie wartete nicht sichtbar zitternd, bis alle anderen gegangen waren, dann erhob sie sich und versuchte so normal wie möglich zu klingen: „M ylord, habe ich Euch Anlass zur Verärgerung gegeben?“
Der Herzog schaute sie etwas distanziert an: „Es kam ein Bote an aus Mal Kallin. Dort… Eure Schwester ist gestorben.“
Cyril war seltsamerweise für einen kurzen Moment erleichtert, noch war nicht zu ihr durchgesickert, dass etwas Schreckliches passiert war. Dann jedoch verlor sie die Fassung. „Was?“
„Eure Schwester, Sybil, ist tot. Sie ist allerdings keines natürlichen Todes gestorben. Sie wurde ve rgiftet. Mit diesem Gift hier.“ Damit hob der Herzog Cyril dieselbe Phiole vor die Nase, die sie vor wenigen Wochen gekauft und ihrer Schwester geschickt hatte. In der anderen Hand hielt er einen Brief – ihren Brief.
„Der Hof von Mal Kallin berichtet uns, dass Ihr es in einem äußerst plumpen Versuch auf das Leben der Königin abg esehen habt. Zu einem hohen Preis, wie Ihr nun seht.“
Cyril war kurz davor ohnmächtig zu werden. Alles versank erneut in einem großen dunklen Loch : ihre Träume von einem besseren Leben, ihre Hoffnung günstig zu heiraten, einen Mann für den sie sogar mehr als bloße Sympathie empfand, ihre Sehnsucht das Leben zu führen das sie verdiente. Und nun hatte sie in einem Akt absoluter Dummheit ihre Schwester umgebracht und sich selbst praktisch zum Tode verurteilt.
„Habt Ihr das wirklich getan, Cyril? Ich hatte Euch immer für eine freundliche, liebenswerte Dame gehalten.“
Cyril wusste nicht, was sie sagen sollte, so ließ sie sich zunächst zu Boden fallen. Sie musste etwas tun, das wusste sie. Sie durfte ihren Traum von einem besseren Leben nicht aufgeben, noch nicht. Also fing sie an zu weinen. Aber selbst das schien den Herzog nicht zu erweichen.
„Ihr werdet Euch dafür verantworten müssen, Cyril. Es tut mir leid, dass ich Euch meine Freun dschaft angedeihen ließ. Wachen!“ Die Tür öffnete sich und zwei Männer in eisernen Rüstungen traten ein.
Cyril sah aus den Augenwinkeln, dass der Herzog sich zum Gehen wandte. Sie musste etwas
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