Die Drachenperle (German Edition)
doch nicht jetzt im Stich lassen. Du schweigst? Na gut, dann schwimme ich eben rüber.“
Entschlossen stapfte er vom Rand des Ufers in den See und tauchte in das Wasser ein, schwamm einige Züge, bis ihm erschreckenderweise einfiel, dass er das Schwimmen ja nie gelernt hatte! Prustend und mit den Armen und Beinen zappelnd ging er prompt unter und tauchte dann um Hilfe rufend wieder auf. Dann merkte er erleichtert, aber auch beschämt, dass er immer noch einigermaßen stehen konnte. In Ufernähe war das Wasser gar nicht so tief wie er gedacht hatte. Peinlich berührt, aber auch zutiefst verärgert, kam er mühselig wieder an Land.
„Und nun?“
„Denk nach, mein kleiner Mensch Makoto, denke nach und denke das Undenkbare!“
„Mein Bedarf an Rätseln ist gedeckt, Kim“ knurrte Makoto warnend.
Er starrte grimmig vor sich hin. Jedes Rätsel hat seine Lösung im Gepäck, das wusste er. Was hatte der Geist seiner Mutter ihm alles gesagt? Makoto atmete mehrmals tief ein und aus, schloss seine Augen und blendete die äußere Welt aus. Es war schwierig, denn seine Kopfschmerzen lenkten stark ab. Doch sein Wille war fest, er wollte leben und den Wunsch der Mutter erfüllen. Er schob innerlich alles beiseite, rief sich den herrlichen Duft der Lilien zurück und erinnerte sich dann Stück für Stück an das, was die Mutter ihm so eindringlich mitgeteilt hatte: es sei von größter Wichtigkeit, dass er überlebt und in die reale Welt zurückfindet und sein großes Schicksal erfüllt – sein Körper dort sei verletzt und würde zwischen Leben und Tod schweben… der Lebenswille erlahme mittlerweile, Gefahr! Und dann: diese magische Welt hier sei seine eigene Schöpfung, er sei ein machtvolles Kind…
Makoto fühlte es in sich brodeln, die Lösung war zum Greifen nah. Seine (!) Schöpfung. Magische Welt. Machtvolles Kind…
Er besaß Magie und Macht! Er musste nur davon Gebrauch machen. Doch wie?
Kimkimdraorkim belauschte seine Gedankengänge, ohne dass er es merken konnte. Das Irrlicht flackerte erregt. De r Erlöser stand kurz vor der zwei ten wichtigen Erkenntnis, die ihm fehlte! Nach mehreren Minuten, die gefühlt eine kleine Ewigkeit dauerten, stand Makoto lachend auf und sagte mit großer Geste: „Lasst uns zum Tempel gehen!“ Er wandte sich zum See um und sah höchstzufrieden einen langen Steg, der das Ufer trittsicher mit der Insel verband.
„Darf ich bitten?“ Der Junge schritt selbstbewusst voran.
„Wie hast du das geschafft?“ fragte Kim gespannt.
Makoto strahlte das taikianische Irrlicht an: „Ich habe es mir mit meiner Vorstellungskraft erschaffen. Mir ist jetzt klar, dass ich magische Macht besitze und meine Mutter sagte mir, dass all dies hier meine Schöpfung sei , mein Ort der Zuflucht aus früh en Kindertagen. Also kann ich hier machen, was ich will!“
Mellon watschelte hinter ihm und Kim her und keckerte fröhlich vor sich hin.
„Da fällt mir ein, ich bin ja noch ganz nass!“ Makoto schloss wieder die Augen, konzentrierte sich und stellte sich trockene, saubere Kleidung vor. Zufrieden blickte er an sich herab und fühlte sich gleich deutlich wohler. „Aber gegen das Kopfweh hilft meine Magie nicht, offenbar spüre ich bis hier in diese Welt hinein meinen verletzten echten Körper. Ich werde herausfinden, wer mir das angetan hat. Das schwöre ich beim Geist meiner Mutter!“
Schließlich erreichte die kleine Gruppe das Inselufer. Der Junge brannte darauf, in den Tempel zu gelangen und schritt zügig aus. Mellon fiepte leise.
„Was ist? Kommt ihr nicht mit?“
„Unsere Wege trennen sich hier, weil unsere Aufgabe, dich zum Tempel zu geleiten, erfüllt ist. Alles Weitere liegt allein in deiner Hand“ , eröffnete ihm das Irrlicht. „Nur wenn du die wahre Wahrheit erkennst, kann ich wieder zu dir kommen. Falls dies dann noch dein Wunsch ist.“
Makoto ging zu seinen Freunden zurück und kniete nieder, um Mellon, dieses niedliche Geschöpf, umarmen zu können. Es fiel ihm jetzt erst richtig auf, wie schön dessen Augen waren und wie herrlich es mit den Wimpern klimpern konnte. „Ich werde euch so sehr vermissen.“ Kimkimdraorkim hüllte den Jungen und Mellon in einen sanft prickelnden Lichtkegel, was sich für alle drei wie eine herzliche Umarmung anfühlte.
Schließlich löste Makoto sich mit einem Gefühl der Freude und Dankbarkeit von seinen Gefährten und lief zum Tempel. Es war ein schlichtes, kreisrundes weißes Gebäude, eher ein offener Pavillon , als ein Tempel. Sieben
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