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Die Drachenperle (German Edition)

Die Drachenperle (German Edition)

Titel: Die Drachenperle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Lüer
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Madox beobachtete, wie die Schneeflocken immer kleiner und seltener wurden, der Wind legte sich zunehmend. Seine Schritte knirschten im Schnee. Nach langer, anstrengender Wanderung erreichte er schwer atmend den mächtigsten aller Bäume. Sein Instinkt sagte ihm, dass er hier verharren musste. Die Stunde der Erlösung war gekommen!
    Von weitem schon sah er Kimkimdraorkims goldenen Lichtschein. Wie eine Mutter ihren Säugling im Tragetuch, so trug das Irrlicht den Jungen in seinem Lichtkegel. Madox kniff die Augen zusammen , um besser sehen zu können. Saß der Junge oder lag er? Wie war es ihm letztlich ergangen? Nach einigen Minuten war das Irrlicht angekommen und legte seine kostbare Last sanft vor dem Erlöser-Baum ab. Madox eilte zu ihm und sah, dass sein Zustand kritisch war.
    „Junge, wie ist dein Name?“
    „Taiki. Mein wahrer Name ist Taiki.“ Leise fuhr er fort: „Ich bin der Schöpfer und Herrscher und der Erlöser. Ich habe nun verstanden, dass ich selbst mich erlösen muss vom Sklaven-Dasein. Es geht um mich! Und ich will leben, ich will wirklich leben, nicht nur um Mutters Willen. Aber ich weiß nicht , wie ich hier rauskomme. Bitte helft mir. Mein Körper in der realen Welt liegt im Sterben. Ich werde hier immer schwächer.“
    Madox nahm den vor Kälte zitternden Jungen wärmend in die Arme. „Mein lieber, lieber Taiki, du tapferer Junge. Kannst du dich erinnern an die Verse, die du auswendig lernen solltest? Was habe ich dir über den Baum und die Asche gesagt?“
    Taiki öffnete mit Mühe seine Augen. Er war so unendlich müde. „Der Baum? Er träumt.“
    „Nein, nicht der Baum träumt. Hör zu: Hoch im Erlöserbaum, die Asche träumt ihren Feuertraum. Du musst jetzt in die Krone des Erlöserbaumes hoch. Ich weiß nicht, was du dort vorfinden wirst, aber von dort aus kannst du aufsteigen in deine Welt, wo dein großes Schicksal auf dich wartet. Lebe und sei du selbst, dein Sein ist auch unser Sein. Die Taikianer sind nichts ohne dich. Bist du bereit, die letzte Aufgabe zu lösen?“
    Von allen unbemerkt war Darorah eingetroffen. Auch sie war ihrem Instinkt gefolgt.
    „Madox, der Junge braucht neue Kraft, lass mich ihm dieses hier geben.“
    Sie hielt einen kleinen Becher in der Hand, nicht viel größer als ein Fingerhut.
    „Darorah, du? Ich bin so erleichtert, dass du hier bist. Ich fürchte, es geht mit ihm zu Ende.“
    „Sag das nicht, alter Mann. Sein Leben wird jetzt erst richtig beginnen. Kannst du nicht den Duft der heiligen, weißen Lilien wahrnehmen? Jemand aus der Ewigen Welt der Seelen ist bei ihm gewesen und gewährt ihm Schutz und stärkt seinen Lebenswillen. Meine Medizin wird ihm jetzt noch die nötige Kraft zum Aufstieg verleihen.“ Sie legte ihre Hand in Taikis Nacken , um ihn zu stützen und hielt den Becher an seine blauen Lippen. „Trink nun und alles wird gut .“
    Taiki schluckte und hustete ein wenig. Sein Atem wurde rege lmäßiger und bald schon waren sein e Lippen mit einem Hauch Rosa überzogen. Er richtete sich langsam auf und sah Madox und Darorah nacheinander tief in die Augen.
    „Danke. Für alles.“
    „Kim, bring mich bitte hoch. Ohne dich schaffe ich es nicht.“
    Das Irrlicht weitete wieder seinen Radius aus, hüllte Taiki sicher in sein kraftvolles Licht und stieg mit ihm h och in die vereiste Baumkrone. Es dauerte Minute um Minute , und je höher sie kamen, umso kälter und dunkler wurde es. Kimkimdraorkim, das stärkste aller taikianische n Wesen, kam hier erstmalig an seine Grenzen. Sein Licht verlor die strahlende Hellig keit und wurde matt und matter.
    „Taiki, es tut mir so leid, lange kann ich dich nicht mehr halten. Hier oben hört die taikianische Welt auf zu existieren, und ich somit auch.“
    „Kim, lass mich fallen, sofort! Ich will nicht, dass du für mich stirbst. Das darfst du nicht, hörst du? Ich bin dein Schöpfer und befehle dir, mich jetzt fallen zu lassen, du musst wieder auf den Waldboden zurück, sofort!“
    Kimkimdraorkim hatte keine Wahl. Sein Lichtnetz verlor die Energie und Taiki stürzte hinab mitten in die Baumkrone, während das Irrlicht immer kleiner wurde und langsam zu Boden sank.
     
    Zur selben Zeit kämpfte sich ein kleines Wesen durchs Unterholz des Waldes und zog mit letzter Kraft einen Beutel hinter sich her. Mellon gab alles. Die Perle musste unbedingt zum Erlöser gelangen. K oste es , was es wolle. Selbst als es in den Frostbereich kam, gönnte es sich keine Pause. Es war nun auf der alten Dorfstraße, die

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