Die Drachenreiter von Pern 05 - Der weiße Drache
Eingang wurde von seiner Stange gerissen, und zwei Gestalten schwankten in den großen Vorraum. F’lar und T’kul! Baldor und zwei seiner Helfer standen dicht dahinter und versuchten die beiden Männer zu trennen. In der Kammer dahinter lagerten die übrigen Bronzereiter, in telepathischem Kontakt mit ihren Drachen gefangen, und die Weyrherrin, die nichts von ihrer Umgebung wahrnahm. Jemand war zusammengebrochen. B’zon vermutlich, dachte der Harfner, als er die Szene in Bruchteilen von Sekunden aufnahm.
Was Robintons Entsetzen auslöste, war die Tatsache, daß F’lar kein Messer hatte. Seine Linke umklammerte T’kuls rechtes Handgelenk und versuchte das Messer des Gegners – kein gewöhnliches Gürtelmesser, sondern eine lange Klinge zum Häuten der Jagdbeute – von seinem Hals wegzudrücken. Seine Finger gruben sich in die Sehnen von T’kuls Faust, wohl in der Absicht, den Griff des Gegners zu lockern oder die Nerven zu lähmen. Seine Rechte preßte T’kuls linken Arm nach unten. T’kul wand und drehte sich; das wirre Flackern in den Augen des Mannes verriet Robinton, daß der Weyrführer aus dem Süden nicht mehr bei Verstand war.
Einer von Baldors Leuten versuchte F’lar ein Messer in die Hand zu schieben, aber F’lar war ganz damit beschäftigt, die Faust des Gegners abzuwehren.
»Ich bringe dich um, F’lar«, stieß T’kul zwischen zusammengepreßten Zähnen hervor, und seine Rechte näherte sich gefährlich dem Hals des Benden-Führers. »Ich bringe dich um! So wie du Salth umgebracht hast! Wie du uns alle umgebracht hast! Ich bringe dich um!« Das klang wie eine Beschwörungsformel, ein Rhythmus, mit dem T’kul die letzten Kräfte aus sich herauspeitschte.
F’lar erwiderte nichts, um seinen Atem zu sparen. Seine Nacken-und Armmuskeln waren hart, die Adern traten hervor, seine Beine stemmten sich in den Boden.
»Ich bringe dich um! Ich bringe dich um, wie es T’ron hätte tun sollen! Ich bringe dich um, F’lar!«
T’kuls Stimme glich einem rauhen Schluchzen. Die Messerspitze näherte sich unaufhaltsam dem Hals des Gegners.
Unvermittelt schwang F’lar das linke Bein vor, umklammerte damit T’kuls linken Fuß und riß den wutschnaubenden, halb wahnsinnigen Mann aus dem Gleichgewicht. Mit einem Aufschrei fiel T’kul gegen F’lar, der ihn zu Boden rollen ließ, ohne seine Hand mit dem Messer freizugeben. Mit einem bösartigen Tritt traf der Alte F’lar in die Magengrube. Einen Moment lang bekam der Weyrführer keine Luft und krümmte sich zusammen. T’kul wollte ihm das Messer in den Hals stoßen. F’lar rollte blitzschnell zur Seite und kam auf die Beine. Im nächsten Moment hielt er Baldors Messer in der Hand.
Die beiden Gegner standen sich erneut gegenüber. Robinton erkannte an F’lars entschlossener Miene, daß er T’kul diesmal nicht verschonen würde, besonders jetzt nicht, da der Drache des alten Weyrführers tot war.
Im Normalfall konnte es keinen Zweifel am Ausgang dieses Kampfes geben. F’lar war drahtig und stark und dazu weit jünger als sein Angreifer. Aber T’kul befand sich nach dem Tod seines Drachen in einem Ausnahmezustand. Außerdem besaß er die längere Klinge, so daß F’lar nicht nahe genug an ihn herankam.
Ein lauter Triumphschrei erklang aus dem Gemach der Weyrherrin. Das reichte, um T’kul für den Bruchteil einer Sekunde abzulenken. F’lar hatte auf dieses Nachlassen der Konzentration nur gewartet. Er warf sich gegen T’kul, senkte den Arm mit dem Messer und stieß dem Gegner, ehe der parieren konnte, die Waffe von unten her ins Herz. T’kul brach tot zusammen.
F’lar taumelte erschöpft. Er wischte sich mit dem linken Handrücken müde über die Stirn. Seine Schultern sanken nach vorn und drückten die Niedergeschlagenheit aus, die er fühlte.
»Sie hatten keine andere Wahl, F’lar«, murmelte Robinton. Er besaß nicht die Kraft, neben den Weyrführer zu treten.
Aus dem Gemach der Weyrherrin kamen die zurückgewiesenen Bewerber, noch ganz wirr von den Eindrücken der Paarungsjagd, die ihnen ihre Drachen übermittelt hatten. Da sie den Raum in einer dichten Traube verließen, konnte Robinton nicht erkennen, wer bei der Weyrherrin geblieben war – mit anderen Worten, wer der neue Führer von Ista sein würde.
Die unerklärliche Schwäche, die ihn befallen hatte, verwirrte den Harfner. Er bekam keine Luft, und er hatte nicht die Energie, Zair zu beruhigen, der ein schrilles, angsterfülltes Gezeter ausstieß. Der Schmerz war wieder von
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