Die Drachenreiter von Pern 05 - Der weiße Drache
Narr! Er muß gewußt haben, daß die jüngeren Drachen kräftiger waren als der arme, alte Salth!«
»Das geschieht T’kul recht!« Sharras Augen blitzten, als Brekke herumwirbelte, um sie zu tadeln. »Bitte, Brekke, verschon mich mit deiner Predigt! Du mußtest nicht mit T’kul und seinen Leuten auskommen. Die sind ganz anders als die Drachenreiter im Norden. Sie – sie benehmen sich einfach unmöglich. Ich könnte euch Geschichten erzählen, die euch die Haare zu Berge stehen ließen! Wenn T’kul eigensinnig genug war, seinen Drachen zum Wettkampf gegen die kräftigsten Tiere von ganz Pern zu schicken, dann verdient er es nicht besser. Tut mir leid. Das mögen harte Worte in euren Ohren sein, aber ihr kennt die Drachenreiter des Südens nicht!«
»Ich wußte, daß es eines Tages Probleme geben würde«, meinte Brekke langsam. »Man durfte sie nicht einfach so ins Exil schicken. Aber…«
Jaxom sah Brekkes bekümmerten Gesichtsausdruck und versuchte sie zu trösten. »Wenn die Berichte stimmen, Brekke, dann gab es keine andere Möglichkeit, ihnen Einhalt zu gebieten. Sie dachten nicht daran, die Menschen in den Burgen und Höfen vor den Fäden zu beschützen. Und sie begnügten sich nicht mit den Abgaben, die sie ohnehin reichlich erhielten, sondern rissen alles an sich, was ihnen gefiel. Selbst Lytol…«
– er machte eine bedeutungsvolle Pause – »kritisierte ihr Verhalten.«
»Das weiß ich alles, Jaxom, aber sie kamen immerhin aus der Vergangenheit zu uns, um Pern zu retten…« Ohne es zu merken, preßte Brekke die Fingerspitzen zusammen, bis die Knöchel weiß hervortraten.
»Um Pern zu retten, jawohl – und dann verlangten sie von uns, daß wir uns mit jedem Atemzug bei ihnen bedankten.« Jaxom hatte noch deutlich die Arroganz und Geringschätzung vor Augen, mit der T’ron seinen Vormund behandelt hatte.
»Wir beachten die Alten gar nicht«, sagte Sharra achselzuckend. »Wir gehen unserer Arbeit nach, halten die Höfe frei von Grün und treiben die Herden bei Fädeneinfall in die Ställe. Danach machen wir einen kurzen Rundgang mit den Flammenwerfern, um uns zu vergewissern, daß die Würmer kein Knäuel übersehen haben.«
»Kämpfen die Drachenreiter denn überhaupt nicht gegen den Sporenregen an?« fragte Brekke überrascht.
»O doch, hin und wieder. Wenn es ihnen gerade Spaß macht oder wenn sich ihre Drachen zu sehr aufregen…« Sharras Verachtung war abgrundtief. Dann bemerkte sie die Bestürzung auf den Zügen der beiden anderen und fügte hinzu: »Die Mehrzahl der Alten blieb ja im Norden. Es sind nur eine Handvoll Reiter, die ihren Stand in Verruf bringen. Immerhin – wenn sie uns auf halbem Wege entgegengekommen wären… wir hätten ihnen geholfen.«
»Ich glaube, ich muß zurück.« Brekke erhob sich und starrte nach Westen. »T’kul ist jetzt nur noch ein halber Mensch. Ich weiß, wie man sich fühlt, wenn…« Sie sprach nicht weiter, sondern starrte mit weitaufgerissenen Augen ins Leere. Unvermittelt stieß sie einen Entsetzensschrei aus. »O nein!« Sie fuhr sich mit einer Hand an die Kehle und machte mit der anderen eine abwehrende Geste.
»Brekke, was ist los?« Sharra war aufgesprungen.
Ruth schmiegte sich wimmernd gegen Jaxom.
Sie hat große Angst. Sie spricht mit Canth. Er ist unglücklich. Ein zweiter Drache ringt mit dem Tode. Canth befindet sich bei ihm. Jetzt hat sie Kontakt mit Mnementh. T’kul kämpft gegen F’lar!
»Was?« Jaxom umklammerte Ruths Schulter.
Die Feuer-Echsen begannen erregt zu kreisen und stießen schrille Schreie aus, bis Jaxom sie mit einer heftigen Geste zum Schweigen brachte.
»Das ist ja entsetzlich, Jaxom«, rief Brekke. »Ich muß fort. T’kul weiß im Moment nicht, was er tut. Warum überwältigen sie ihn denn nicht? Hat auf Ista niemand Ruhe und Besonnenheit bewahrt? Wo bleibt D’ram? Ich hole meine Reitkleider.« Sie rannte in die Hütte.
»Jaxom!« Sharra drehte sich hilfesuchend zu ihm um. »T’kul haßt F’lar! Ich habe oft genug seine Reden mitangehört. Er gibt F’lar die Schuld an jedem Mißgeschick im Süden. Wenn T’kul seinen Drachen verloren hat, ist er nicht mehr bei Sinnen. Er wird F’lar töten.«
Jaxom zog das Mädchen eng an sich. Er benötigte den Trost ebenso wie sie. T’kul im Kampf mit F’lar? Er bat Ruth, genau aufzupassen.
Ich höre nichts. Canth ist im Dazwischen. Ich spüre nur eine große Hektik. Ramoth kommt…
»Hierher?« Nein, zu den anderen! In Ruths Augen zeigten sich Purpurflecken.
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