Die Drachenreiter von Pern 05 - Der weiße Drache
hierher zum Schlafen zurückgezogen hast. Im Harfnerhaus wuselt es von Menschen und Echsen. Die Biester sind total hysterisch. Man wird nicht klug aus den Bildern, die sie übermitteln.«
»Und Meister Robinton meint, daß Ruth sie beruhigen könnte?«
»Wenn einer es schafft, dann Ruth.« Sie betrachtete den schlafenden weißen Drachen. »Armer Kerl, er ist völlig erschöpft.« Ihre Stimme klang so zärtlich, daß Jaxom wünschte, sie hätte ihn gemeint. Sharra bemerkte seinen Blick und wurde rot. »Und trotzdem – ich bin froh, daß wir als erste auf dem Hochplateau waren!«
»Ich auch.«
»Jaxom!«
Sharra, die eben einen Schritt auf ihn zugekommen war, zuckte zusammen, als sie Mirrims Ruf hörte.
»Lästiges Frauenzimmer!« fluchte Jaxom leise.
Er nahm Sharra an der Hand und lief mit ihr zum Harfnerhaus hinüber.
»Habe ich nur einen Nachmittag oder den ganzen Tag verschlafen?« fragte Jaxom kopfschüttelnd, als er die Karten, Skizzen und Diagramme an den Wänden und auf den Tischen sah.
Der Harfner saß mit dem Rücken zu ihnen über den langgestreckten Eßtisch gebeugt. Piemur zeichnete eifrig, Menolly schaute dem Harfner über die Schulter, und Mirrim stand etwas abseits, gelangweilt und schlecht gelaunt. Feuer-Echsen spähten von den Deckenbalken herab. Hin und wieder verschwand eine aus dem Saal, und eine andere nahm ihren Platz ein. Vom Meer wehte eine leichte Brise und trug den Geruch von gebratenem Fisch herein.
»Brekke wird wütend auf uns sein«, sagte Jaxom zu Sharra.
»Warum? Wir halten ihn hier im Haus fest, und das ist gar nicht leicht.«
»Hört auf zu tuscheln, ihr beiden! Kommt hierher und helft mir bei den Details!« Der Harfner drehte sich um und schaute sie mit gerunzelter Stirn an. »Jaxom, glaubst du, daß Ruth aus dem Unsinn klug wird, den die Feuer-Echsen übermitteln?«
»Ich bin gern bereit, einen Versuch zu wagen, Meister Robinton«, erwiderte Jaxom. »Aber ich fürchte, Sie verlangen mehr von Ruth und den Feuer-Echsen, als sie geben können.«
Meister Robinton setzte sich kerzengerade auf. »Wie meinst du das?«
»Es scheint in der Tat so, daß die Feuer-Echsen eine Kollektiv-Erinnerung an besonders schlimme Erlebnisse besitzen – etwa wie…« Jaxom deutete stumm in Richtung des Roten Sterns. »Oder an Canths Sturz – und nun an diesen Berg. Aber das sind alles Einzelereignisse, keine Alltagsdinge.«
»Du hast mit ihrer Hilfe immerhin D’ram in der Süd-Bucht aufgestöbert.«
»Da war eine Menge Glück im Spiel. Hätte ich die Echsen zuerst nach Menschen gefragt, wäre die richtige Antwort nie gekommen«, entgegnete Jaxom lachend.
»Und bei deinem ersten Abenteuer hattest du kaum mehr Anhaltspunkte.«
»Wie bitte?« Jaxom starrte den Harfner verwirrt an. Ihm war die Betonung nicht entgangen, auch wenn Robinton trügerisch sanft sprach. Irgendwie wußte der Harfner, daß Jaxom das Ei gerettet hatte. Jaxom warf Menolly einen anklagenden Blick zu, doch die wirkte ebenso verblüfft wie er.
»Genau genommen erhielt ich die gleichen Informationen wie du, und zwar von Zair, aber ich deutete sie nicht richtig. Mein Kompliment, auch wenn es reichlich spät kommt.« Er verbeugte sich und wechselte dann das Thema, als sei es eine Nebensache. »Falls es dir und Ruth gelingen würde, unser neues Problem zu lösen, blieben uns viele Stunden mühevoller – und vielleicht vergeblicher – Arbeit erspart. Wie immer ist die Zeit gegen uns, Jaxom. Dieses Hochplateau…« – Robinton deutete auf die Skizze – »können wir den anderen nicht verheimlichen. Es ist das Erbe von allen Bewohnern Perns…«
»Aber es liegt im Osten, Meister Robinton«, sagte Mirrim beinahe feindselig. »Und der Osten soll Drachenreiter-Land werden.«
»Gewiß, mein liebes Kind«, erwiderte der Harfner besänftigend. »Wenn nun Ruth die Feuer-Echsen überreden könnte, ihre Erinnerungen auf einen bestimmten Punkt zu konzentrieren…«
»Probieren kann ich es«, meinte Jaxom, als der Harfner ihn erwartungsvoll anschaute, »aber Sie wissen selbst, wie die Kleinen reagieren…« Wieder deutete er in Richtung des Roten Sterns. »Was die Eruptionen angeht, scheinen sie sich ganz ähnlich zu verhalten.« Er machte eine Pause. »Warum benötigen wir die Bilder eigentlich? Wir wissen, daß der Vulkan explodierte. Wir wissen, daß die Siedler vom Hochplateau fliehen mußten und die Überlebenden in den Norden zogen…« »Es gibt aber noch eine Menge Dinge, von denen wir keine Ahnung haben. Vielleicht
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