Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Drachenreiter von Pern 06 - Drachentrommeln

Die Drachenreiter von Pern 06 - Drachentrommeln

Titel: Die Drachenreiter von Pern 06 - Drachentrommeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey
Vom Netzwerk:
aber er hatte nicht geahnt, daß der sonst so mitfühlende Harfner zu derart rauhen Methoden fähig war. Ganz bewußt lenkte Sebell seine Gedanken ab von dem Gestank und der Enge des Raumes, verdrängte Merons Leiden und konzentrierte sich auf die Taktik der anderen, die Baron Meron geschickt dahin steuerten, jenen Mann als Nachfolger zu benennen, den sie scheinbar geringachteten und immer wieder vergaßen. Das Flackern der Leuchtkörbe erinnerte Sebell und Menolly noch lange Zeit danach an die gespenstischen Stunden, in denen sich Baron Meron mit letzter Kraft gegen seine unerbittlichen Besucher aufgebäumt hatte.
    Es war klar, daß der Sterbende nicht durchhalten konnte. Sebell sah den Schmerz geradezu durch Merons Körper pulsen, als der Mann Deckters Namen hervorkeuchte – haßerfüllt, triumphierend, weil er glaubte, den Mann erwählt zu haben, der seinen Widersachern am wenigsten gefiel.
    Im gleichen Moment, da Deckters Name über die Lippen des Burgherrn kam, eilte Meister Oldive aus dem Nebenraum herein, um seine Schmerzen zu lindern.
    »Es mag grausam gewesen sein, so zu handeln«, sagte Meister Oldive, als Meron betäubt in seine Kissen zurücksank und die Männer sein Krankenlager verließen.
    »Aber die Qual wird zugleich sein Ende beschleunigen – und das ist letzten Endes eine Wohltat für ihn. Ich glaube nicht, daß er den morgigen Tag überleben wird.«
    Die Verwandten, allen voran der aufgeblasene Hittet, drängten herein und beschwerten sich lauthals, daß man sie ausgesperrt habe. Erst nach längerem Gezeter fiel ihnen ein, nach dem Namen des Nachfolgers zu fragen. Als sie von Deckters Wahl erfuhren, reagierten sie erleichtert, verblüfft, enttäuscht und ungläubig zugleich. Sebell nahm Menolly am Arm, brachte sie hinunter zum Großen Saal und von dort ins Freie, wo sie endlich frische Luft atmen konnten.
    Eine schweigende Menschenmenge hatte sich an der Rampe versammelt, mühsam zurückgedrängt von den Wachtposten. Fragen prasselten auf die beiden Harfner ein. War Baron Meron tot? Weshalb hatte man die anderen Barone und den Weyrführer vom Hochland nach Nabol gerufen?
    Sebell hob beide Hände und wartete, bis das Geschrei verstummte. Menolly musterte unterdessen die Gesichter; insgeheim hoffte sie, Piemur in dem Gewühl zu entdecken. Als der Harfnergeselle berichtete, daß Baron Meron endlich seinen Nachfolger benannt habe, ging ein Stöhnen durch die Menge; man schien auf das Schlimmste gefaßt. Lächelnd nannte Sebell den Namen Deckter. Die Wartenden wirkten einen Moment lang wie erstarrt, dann aber brach lauter Jubel los. Man schickte den Anführer der Wache los, um Merons Nachfolger zu verständigen, und eine Schar von Neugierigen begleitete ihn.
    »Ich kann Piemur nirgends sehen«, flüsterte Menolly besorgt. »Wenn er irgendwo in der Nähe wäre, würde er doch zu uns kommen …«
    »Bestimmt. Und da er bis jetzt nicht aufgetaucht ist…«
    Sebell sah sich im Hof um.
    »Warte mal…« Aber während er das Burggelände studierte, wurde ihm klar, daß es aus den Höfen kein Entrinnen gab. Nicht einmal eine Feuer-Echse hätte es geschafft, die Steilklippe zu erklimmen. Schon gar nicht in der Dunkelheit und behindert durch ein zerbrechliches Ei. Sebell musterte die Asche- und Abfallgruben, aber er erinnerte sich genau, daß die Suchmannschaften mit langen Speeren und Stangen darin herumgestochert hatten. Sein Blick wanderte nach oben, und er erspähte das kleine Fenster.
    »Menolly!«
    Er nahm sie an der Hand und zog sie mit zum Wirtschaftshof. »Kimi sagte, daß es da, wo Piemur sich aufhielt, sehr dunkel sei. Ich möchte doch wissen …«
    Aufgeregt rannte er zur Wache zurück, gefolgt von einer atemlosen Menolly.
    »Sehen Sie das kleine Fenster oberhalb der Aschegruben?« bedrängte er den Mann. »Wohin führt es? In die Küche?«
    »Das da? Bloß in eine Vorratskammer!« Und dann biß sich der Wachtposten auf die Lippen und schielte vorsichtig zur Burg hinüber, als habe er ein Geheimnis verraten und rechnete nun mit einer Strafe.
    Seine Reaktion bestätigte Sebell, daß er auf der richtigen Spur war.
    »Die Vorratskammer, in der die Waren für den Süd-Kontinent aufbewahrt wurden, stimmt’s?«
    Der Posten sah starr geradeaus und erwiderte kein Wort, aber sein Gesicht war rot angelaufen. Sebell lachte erleichtert und lief erneut zum Wirtschaftshof. Diesmal folge Menolly ihm freiwillig.
    »Du glaubst, daß sich Piemur zwischen dem Zeug versteckte, das für die Alten bestimmt war?«

Weitere Kostenlose Bücher