Die Drachenreiter von Pern 06 - Drachentrommeln
Lagune gelandet.« Das stimmte fast.
»In der Nähe der großen Lagune?« Sharras Miene drückte Besorgnis aus. »Dann warst du nicht allein? Was geschah mit den anderen? Diese Lagune ist bei Flut mörderisch. Man bemerkt den äußeren Klippenrand erst, wenn das Schiff daran zerschellt.«
»Nun ja, ich bin klein und leicht und wurde vielleicht in die Lagune geschwemmt.« Piemur hielt es für richtig, eine betrübte Miene aufzusetzen.
»Lassen wir die Vergangenheit, Junge«, meinte Sharra, und ihre melodische Stimme drückte Mitgefühl aus. »Wenn du das Meer und drei Fädeneinfälle im Freien überlebt hast, dann gehörst du hierher in den Süden.«
»Ich gehöre – in den Süden?« Die Aussicht gefiel Piemur. Sharra war eine ebenso scharfe Beobachterin wie der Meisterharfner. Der Gedanke, daß man ihm gestattete, in diesem herrlichen Land zu bleiben und Gegenden zu erforschen, die vielleicht noch kein Mensch betreten hatte, ließ Piemurs Herz beinahe überquellen.
»Ja, das würde ich sagen.« Sharras volle Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln. »Wie darf ich dich übrigens nennen?«
Hätte sie ihm nicht die Chance gegeben, einen Namen zu erfinden, so wäre Piemur vielleicht auf den Gedanken gekommen, sie zu belügen. So aber entgegnete er stolz: »Ich bin Piemur von Pern!«
Sharra warf den Kopf zurück und lachte laut los, aber gleich darauf legte sie ihm einen Arm um die Schultern und drückte ihn einen Moment lang kameradschaftlich an sich.
»Du gefällst mir, Piemur von Pern! Wie hast du deine kleine Königin genannt? Farli? Das ist ein hübscher Name. Und das Rennerfohlen gehört auch zu euch?«
»Dummkopf? Ja – seit dem letzten Sporenregen, bei dem seine Mutter ums Leben kam. Immerhin, er hält schon einigermaßen Schritt mit uns.«
»Er hält Schritt mit euch? Heißt das, daß du die Schiffe am Fluß erspäht hast und jetzt die Flucht ergreifst?«
»Sicher. Ich habe nämlich auch die Kessel zum Einkochen von Heilsalbe gesehen.«
Sharra lachte wieder, und Piemur fand ihre Fröhlichkeit ansteckend. »Das also hat dich bewogen, deine Zelte abzubrechen und fortzuziehen? Ich kann es dir nicht verdenken, Piemur von Pern.«
Ihre Augen blitzten belustigt, und sie setzte im Verschwörerton hinzu: »Ich habe den Auftrag, bestimmte Gräser und Kräuter zu sammeln, die in dieser Gegend wachsen. Im allgemeinen brauche ich dafür so lange, bis die anderen die Salbe fertig haben.«
»Soll ich dir helfen?« fragte Piemur und warf ihr einen verstohlenen Blick zu. Er merkte jetzt erst, wie sehr ihm hier in der Einsamkeit das Gespräch mit anderen Menschen gefehlt hatte.
»Oh, dagegen ist ganz und gar nichts einzuwenden. Aber du wirst mit mir Schritt halten müssen. Es ist nicht so, daß ich faulenze, während die da drüben ihre Salben brauen. Der Meisterheiler vom Nordkontinent hat einige ganz spezielle Kräuter bei uns bestellt.«
»Ich dachte, ihr Südländer haltet euch vom Norden fern?« Piemur setzte seine unschuldigste Miene auf.
»Nun, bestimmte Güter müssen einfach getauscht werden.«
»Aber der Benden-Weyr hat doch verboten …«
»Das gilt nur für Drachenreiter.« Sharra legte eine gehörige Portion Verachtung in das Wort »Drachenreiter«. Das erstaunte Piemur. Wenn man von den Drachenreitern des Nordens sprach, so geschah das stets mit großer Ehrerbietung. Aber sie meinte wohl die Angehörigen des Süd-Weyrs.
»Wir handeln durchaus mit dem Norden.«
Wieder eine Spur von Geringschätzung, als seien die Nordländer dem Süden nicht ebenbürtig.
»Hier bei uns sind die Pflanzen viel größer und kräftiger als im kalten Norden. Die Sträucher für die Heilsalbe beispielsweise, dann Federkraut und Schopfgras gegen Fieber, Rotwurz gegen Infektionen, Rosageflecht gegen Bauchschmerzen – und so fort.«
Sie wandte sich dem Wald zu und winkte Piemur, ihr zu folgen. Mit langen, federnden Schritten wanderte sie durch das Pflanzengewirr, als würde sie ihren Weg ganz genau kennen.
Mehr als einmal im Laufe der nächsten Tage bedauerte Piemur, daß er sich nicht am Einkochen der Heilsalbe beteiligt hatte. Das erschien ihm jetzt harmlos neben Sharras Kräutersuche im Dschungel. Er mußte unter Sträucher mit langen Dornen kriechen, die ihm den Rücken aufrissen, und auf hohe Bäume klettern, um Parasitengewächse herunterzuholen. Sharra wußte ständig eine neue Arbeit für ihn und erinnerte ihn manchmal an Besel von Nabol. Allerdings verging die Zeit wie im Flug, denn Sharra erklärte ihm
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