Die Drachenreiter von Pern 07 - Moreta, Die Drachenreiterherrin von Pern
Impfstoff herstellen könnte …«
»Aber natürlich! Heißt das etwa, daß dies bis jetzt nicht geschehen ist?« Heftiger Zorn durchzuckte Moreta, und Orlith stemmte sich mit rötlich glimmenden Augen von ihrem Lager hoch.
»Nein«, entgegnete Alessan gepreßt.
»Weil bisher niemand daran dachte oder weil noch keine Zeit war …?« fragte sie, elend bei dem Gedanken an weitere Verluste. »Ich nahm an, daß …« Sie unterbrach sich, schloß einen Moment lang die Augen und ballte die Hände zu Fäusten. Die leeren Ställe von Keroon kamen ihr in den Sinn und der verlassene Hof ihrer Familie.
»Andere Dinge gingen vor«, sagte Alessan resigniert, aber ohne Bitterkeit.
»Ja, natürlich.« Sie riß sich mühsam von den düsteren Bildern los. »Gibt es Heiler auf Ruatha?«
»Einige.«
»Das Serum wird auf die gleiche Weise gewonnen wie bei Menschen. Natürlich kann man den Rennern mehr Blut abnehmen. Die Impfstoffmenge sollte sich nach dem Körpergewicht richten. Je schwerer …«
Alessan zog die Brauen hoch, und sie verstand. Es gab keine schweren Tiere mehr auf Ruatha.
»Könnten Sie uns mit Nadeldornen aushelfen?« fragte Alessan in die Stille.
»Ja.« In diesem Moment hätte Moreta ihm alle ihre Vorräte ausgehändigt. »Benötigen Sie sonst noch etwas?«
»Man hat uns Nachschub von Fort versprochen«, erklärte Tuero. »Aber solange wir die Pächter nicht überzeugen können, daß auf Ruatha Mensch und Tier gesund sind, werden sie sich nicht auf die Burg wagen.«
Moreta nickte langsam, ohne die Blicke von Alessan abzuwenden. Er wirkte so distanziert, als gingen ihn die Dinge nicht das geringste an. Aber irgendwie mußte er sich gegen das Leid abschotten, sonst hätte es ihn wohl zerbrochen.
»M'barak, bring bitte Baron Alessan und Harfner Tuero zur Vorratskammer. Sie können mitnehmen, was sie brauchen.«
M'barak sah sie mit großen Augen an.
»Ich komme gleich nach«, meinte Alessan, und Tuero machte sich mit M'barak auf den Weg. Alessan begann ein Paket auszuwickeln, das er unter dem Arm trug. »Ich kann mich für Ihre Großzügigkeit im Moment nicht erkenntlich zeigen. Aber ich habe wenigstens Ihr Kleid zurückgebracht.« Er holte das sorgfältig zusammengelegte goldbraune Festgewand aus der Umhüllung und reichte es ihr mit einer tiefen Verbeugung.
Moreta nahm es gefaßt entgegen, aber ihre Hände zitterten. Sie dachte an das Rennen, ihre ausgelassene Freude über das gelungene Fest, den wirbelnden Tanz an seiner Seite … Die aufgestaute Verzweiflung, der Zorn, der Kummer, die wiederholten Trennungen von Orlith, die sie als Verrat empfand, das alles durchbrach unvermutet die mühsam aufgebauten Schranken. Sie vergrub das Gesicht in dem weichen Stoff und begann hemmungslos zu schluchzen.
Orlith summte tröstend, und Alessan zog sie an sich. Der Druck seiner Arme, die vermischten Gerüche von Mensch und Tier und feuchter Erde lösten ihre Tränen. Und sie spürte, daß auch sein Leid endlich ein Ventil fand. Seine Schultern zuckten wie im Krampf. Und jeder von ihnen spürte Trost in der Befreiung des anderen.
Das ist gut für dich! Orliths Mitgefühl schloß Alessan ein.
Moreta fing sich zuerst wieder. Sie hielt Alessan fest an sich gepreßt, murmelte Trost und Ermutigung, lobte seinen entschlossenen Einsatz für Ruatha, der für die anderen Vorbild und Ansporn war. Sie übertrug mit ihrer Stimme und ihrem Körper Wärme und Zuneigung, und erst als sie merkte, daß sein Schluchzen nachließ, löste sie ihren Griff. Langsam hob Alessan den Kopf und schaute sie an. Die Spuren des Leids und der Sorgen waren nicht ausgelöscht, aber der bittere Zug um seinen Mund hatte sich verloren.
Der Burgherr hob eine Hand und wischte ihr mit einer sanften Geste die Tränen von den Wangen. Einen Moment lang zögerte er, doch dann preßten sich seine Lippen auf die ihren. Moreta wich nicht aus. Sie wollte ihm Trost geben, mehr nicht. An Leidenschaft dachte keiner von ihnen, Moreta nicht, weil sie Bindungen außerhalb des Weyrs längst aufgegeben hatte, und Alessan nicht, weil er sich ausgehöhlt von den Ereignissen auf Ruatha glaubte.
Orlith summte nahezu unhörbar, und ihre Erregung übertrug sich auf Moreta. Sie spürte Alessans harte Schenkel, seinen sehnigen Körper, und eine Sinnlichkeit durchzuckte sie, die sie nicht einmal bei Talpan, ihrer großen Jugendliebe, empfunden hatte.
Langsam gab Alessan sie frei, erschreckt durch die Intensität seiner Gefühle und das Summen der Drachenkönigin, das sich
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