Die Drachenreiter von Pern 07 - Moreta, Die Drachenreiterherrin von Pern
in Alessans Arbeitszimmer, das jetzt dem Heiler als Quartier diente. Folien sah sich die Kräuter und Medikamente an, und seine Schultern sanken wieder nach vorn. Alessan mußte seine Frage nach einem Impfstoff für die Renner wiederholen, ehe der Mann sie überhaupt erfaßte.
»Der Vorschlag klingt vernünftig, Baron Alessan, aber ich besitze wenig Erfahrung mit der Tiermedizin. Der Herdenmeister … Unsinn, ich vergaß, daß … Aber auf Keroon muß es Leute geben, die besser Bescheid wissen als ich.«
Tuero seufzte enttäuscht. »Es ist zu spät, um heute noch eine Trommelbotschaft nach Keroon zu entsenden. Sie wären nicht gerade begeistert, wenn wir sie aus den Betten holen würden.«
»Ich kenne noch jemand, der uns Auskunft geben könnte«, meinte Alessan nachdenklich. »Folien, haben Sie noch ein wenig Impfstoff übrig? Genug für zwei Personen?«
»Ich kann jederzeit neues Serum zubereiten.«
»Bitte, tun Sie es, während Tuero und ich eine Trommelnachricht zum Fort-Weyr schicken! Moreta wird wissen, ob wir die Renner impfen können oder nicht.«
Wenn ja, setzte er insgeheim hinzu, werde ich Dag und die Herde zurückholen.
Moreta empfand Verwirrung, als sie die Trommelbotschaft erhielt. Aber die Quarantäne war aufgehoben, und Alessan hatte eigens betont, daß er geimpft und wieder genesen sei. Sie sah keinen Grund, die Begegnung abzusagen, und mehr als einen Grund, sich darauf zu freuen. Orlith gehörte nicht zu den eifersüchtigen Drachenköniginnen. Sie hatte es sogar gern, wenn Besucher ihr Gelege bewunderten, das jetzt in einem schützenden Ring um das Königinnen-Ei gestapelt war.
»Als ob dir jemand die Eier wegnehmen wollte!« hatte Moreta liebevoll gespottet. Nachdem Orlith erwacht war, hatte sie ihr den Besuch im Hochland-Weyr gebeichtet.
Leri war hier. Holth hat dich begleitet. Ein fairer Tausch angesichts der besonderen Umstände. Außerdem schlief ich.
Moreta hatte sich nach ihrer Rückkehr vom Hochland-Weyr eine Weile hingelegt, aber sie schreckte immer wieder unruhig aus dem Schlaf. Vielleicht wäre es besser gewesen, bei Tamianth zu bleiben, bis feststand, daß sich wirklich neues Sekret auf der Wunde bildete. Aber sie hatte nun Pressen über die Gefahren aufgeklärt und ihm auch gezeigt, wie man die Verletzung behandelte. Es war zu erwarten, daß Tamianth und Falga sich ein wenig erholten und keine neue Krise auftrat.
So schob Moreta ihre Nervosität der Anspannung des langen Tages zu und schickte Leris bevorzugten Jungreiter M'barak nach Ruatha. K'lon hatte ihnen von den verheerenden Verlusten auf Ruatha berichtet. Wie sollte sie einem Mann begegnen, der so großes Leid erfahren hatte?
Und dann stand Alessan am Eingang der Brutstätte. Unter dem einfachen Ledergewand trug er ein frisches Hemd. Neben ihm befand sich ein hagerer, hochgewachsener Mann in der geflickten, ausgebleichten Tracht der Harfner. M'barak winkte die beiden Männer, die an der Schwelle zögerten, ungeduldig zu dem Teil der Galerie, den Moreta vorübergehend in ein Wohnquartier umgewandelt hatte. Orlith war wach und beobachtete die Besucher, aber sie verriet keinerlei Aufregung.
Moreta erhob sich und streckte in einer unbewußten Abwehrgeste die Hand aus, als sie die Veränderung in Alessans Zügen bemerkte. Zu deutlich erinnerte sie sich an den selbstsicheren jungen Mann, der sie acht Tage zuvor auf dem Fest von Ruatha begrüßt hatte. Er hatte Gewicht verloren und mußte das Wams mit einem Gürtel raffen. Sein Haar wirkte struppig und ungepflegt. Das störte sie mehr als die Flecken auf seinen Händen, die wohl von der ungewohnten Feldarbeit herrührten. Sie selbst hatte rissige, von Rotwurz verfärbte Finger. Mit Sorge sah sie die tief eingegrabenen Linien in seinem Gesicht und die bitter zusammengepreßten Lippen. Die hellgrünen Augen hatten ihre Leuchtkraft verloren.
»Das hier ist Tuero, Moreta, der mir seit … seit dem Fest unermüdlich zur Seite stand.« Mit einem entschlossenen Ton, der jedes Beileid abwehrte, fuhr Alessan fort: »Er hatte eine Idee, die mir einleuchtend erschien, aber ich brauche den Rat von Experten. Und da ich um diese Zeit niemand mehr in Keroon befragen konnte, möchte ich Sie um ein Urteil bitten.«
»Ja?« Moreta spürte seine Angst vor Mitleid und beschränkte sich auf die notwendigsten Worte. Seine Veränderung schien tiefgreifend.
»Tuero …«, Alessan verneigte sich leicht vor dem Harfner, »… überlegte, ob man nicht auch aus dem Blut genesener Renner einen
Weitere Kostenlose Bücher